Das Musiktheater Piano in Lütgendortmund
Wegen der Coronaschutz-Bestimmungen war das Musiktheater Piano an der Lütgendortmunder Straße 43 seit dem Frühjahr 2020 häufig geschlossen. Jetzt sind unterschiedliche Handwerker in dem Gebäude und Menschen aus Lütgendortmund und anderswo befürchten die dauerhafte Schließung, schlimmstenfalls den Abriss des Gebäudes. „Letzteres wird nicht passieren“, sagt die Denkmalbehörde Dortmund. Sie wird wird die derzeitig notwendigen Sanierungsarbeiten begleiten und nutzt mit diesem Beitrag die Gelegenheit, „das schöne und beliebte Objekt als Denkmal des Monats Januar 2022 vorzustellen.“
Stil als Erkennungsmerkmal der Bauzeit
Der Gebäudekomplex nimmt die ganze Breite zwischen den Straßeneinmündungen „In der Schmechting“ und „Neu-Crengeldanzstraße“ an der Lütgendortmunder Straße ein. Auffällig ist dabei die Gliederung der Baukörper. Es scheint so, als ob zwei selbständige dreigeschossige Eckgebäude durch einen nur zweigeschossigen niedrigeren Riegel verbunden seien. Dieser Eindruck trügt nicht. Zwar dekorieren geschwungene Jugendstilformen die ganze Außenfassade. Klassizistische Dreiecksgiebel über dem Mitteltrakt und dem östlichen Baukörper deuten jedoch auf eine frühere Entstehungszeit dieser beiden Elemente hin. Die Bestätigung findet man in der Inschrift über dem Tor des Mitteltraktes: „1873. Wilh. Roggenkämper. 1903.“ Ab 1903 ließ der Gastwirt Wilhelm Roggenkämper wegen guter Geschäfte sein 1873 errichtetes Gasthaus in den damals modernen Jugendstilformen erweitern.
Juwel des Jugendstils
Stärker noch als das Äußere atmet das Innere den Geist des Jugendstils und lässt viele staunen: Labyrinthartig verschachteln sich die Gasträume ineinander. Besonders eindrucksvoll ist der große Saal mit Bühne und Balkon, der sich für alle möglichen Darbietungen und Auftritte eignet. An ihn schließt sich die „Glashalle“ an, wie es in alten Bauzeichnungen heißt – ein Wintergarten, der den Gastraum erweitert. Holzvertäfelungen, Türen und Fenster, Stuckfriese, Bühnenfassung, Saalbalkon, selbst die Durchreiche und ein Teil der Tische und Stühle stammen noch aus der Zeit des Um- und Neubaus 1903: ein Jugendstiljuwel, wie man es in seiner Gänze nur noch selten antrifft.
150 Jahre Gastlichkeit
Seit fast 150 Jahren kümmert man sich hier auf unterschiedliche Weise um seine Gäste. 1873 war dem Gasthaus mit dem zeittypischen Namen „Deutsches Haus“ noch eine Bäckerei angeschlossen. Da das „Deutsche Haus“ ein immer beliebterer Treffpunkt für die nach Lütgendortmund zugezogenen Bergleute und ihre Familien wurde, reichte der Platz bald nicht mehr aus. Ab 1903 kam es zu den beschriebenen An- und Umbauten. Auch die Bäckerei wandelte man in Gasträume um. Erst ab den 1960er Jahren führten verändertes Freizeitverhalten und großzügigere Wohnverhältnisse zum Rücklauf des Gastbetriebs. Ein Glücksfall war die Gründung des Musiktheaters Piano. Es bewahrte das Haus vor Schließung und Umnutzung, dem Schicksal vieler Gasthäuser in den Vororten.
Eigentümerwechsel und Sanierung – einmaliger Gastro- und Veranstaltungsort bleibt in seiner historisch überlieferten Form zu erhalten
Auch nach einem Wechsel des Hauseigentums wird das Musiktheater Piano unter bewährter Leitung weitergeführt. Auf der Homepage des Pianos finden sich Programmvorschauen bis zum März 2023. Allerdings wollen die neuen Eigentümerinnen das Haus möglichst fit für die Zukunft machen. Deshalb ließ man neben einer dringenden Dachreparatur zunächst kleinere Sanierungsarbeiten durchführen. Inzwischen liegt ein Gesamtsanierungskonzept eines Architekturb-üros vor. Es sieht für 2022 wichtige Erhaltungsmaßnahmen wie die Erneuerung der Dacheindeckung, Restaurierung der Türen, Neuverfugung und Sanierung der Fassaden sowie notwendige Kanal- und Elektroarbeiten vor. Genutzt werden die Arbeiten, um nicht ganz sachgerechte Reparaturen aus der Vergangenheit wieder in den bauzeitlichen Zustand von 1903 zu bringen. So werden die Ecktürmchen statt mit Bitumen wieder mit Schiefer gedeckt. Alle Fenster erhalten wieder eine jugendstiltypische runde Schlagleiste. Langfristig wird nach einem nachhaltigen Schallschutz-Konzept gesucht, um die jetzige Abdichtung der „Glashalle“ durch Spanplatten entfernen zu können. Der Wintergarten erhielte dadurch seine ursprüngliche lichtdurchflutete Atmosphäre zurück. Weitere nötige Restaurierungen im Inneren werden nur in kleinen Schritten vorgenommen, um den Betrieb des Musiktheaters nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zur Freude aller Interessierten ist allen Beteiligten daran gelegen, diesen einmaligen Gastro- und Veranstaltungsort in seiner historisch überlieferten Form zu erhalten.