Spätfolgen von Körperverletzungen
Von Klaus Commer
Manche Voraussagen kann man singen: Im Märzen der Bauer die Rößlein einspannt. Wer wird da einen strengen Maßstab anlegen? Rößlein gibt es noch auf den Landeswappen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Wer weiß, ob der Saatgut-Ingenieur des landwirtschaftlichen Betriebs noch singet ein Lied oder ob er über seinen Traktor flucht, bevor er frohgemut pflüget und egget und sät? Hauptsache, es ist was Wahres dran: Nun will der Lenz uns grüßen. Trotz Klimakatastrophe sind es vorerst die linden Lüfte, die erwachen werden.Grippe, Nieselwetter und schmuddeliger Schneematsch haben demnächst gegen Schneeglöckchen, Primeln und lüsterne Gefühle keine Chance mehr. Wenn da nicht die Spätfolgen dieses Winters wären. Können wir im unvermeidlich kommenden Frühling endlich wieder gesellig sein? Kann Herr Lenz uns bitte bei einem Gläschen im Biergarten gegenüber begrüßen?
Gut – nach dem Knockdown des Lockdowns werden zunächst die Eheberater reichlich zu tun haben. Eheleute und Lebenspartner jedweden Hausstands sind es ja noch gewohnt, sich nur mit einem fremden Besucher einzulassen. Der kann dann auch gleich die monatelang mit Kind und Kegel Eingeschlossenen neu auf das Rätsel der Treue in freier Wildbahn aufmerksam machen.
Wie wird es eigentlich aussehen, wenn wir uns wieder der Nachbarn und Kollegen erinnern, der LehrerInnen unserer Kinder: Vermummte, von denen wir nur noch eine vage Vorstellung hatten. Hat uns nicht dieser mal im Bus so verlegen ohne Mundschutz angegrinst? Und jene Kollegin, Mutter von zwei Kindern, hatte doch auf dem Spülbecken neben dem Homeoffice eindeutig das Geschirr von sechs Personen gestapelt.
Da wird viel aufzuarbeiten sein. War das alles schon versuchte Körperverletzung? Ist das Virus im Aerosol gar ein Tatwerkzeug der schweren Körperverletzung, Das wollen wir hoffen. Dann wären gottlob nicht wir selbst, sondern die Hüter der Ordnung zuständig.
*Klaus Commer hat kath. Theologie studiert, danach aber lange Zeit als Pressesprecher der damaligen Pädagogischen Hochschule Ruhr gearbeitet, später nach der Fusion der PH Ruhr mit der Uni Dortmund in gleicher Funktion an der Universität Dortmund. Er hat sich damals als Sprachrohr aller Gruppen der Hochschule verstanden, sehr zum Ärger einiger konservativer Hochschullehrer. Denn er war politisch links orientiert und wäre gerne praktizierender Kommunist gewesen – nicht einer Marke Stalin oder Ulbricht, sondern eher der Marke Fidel Castro.
Trotz seines fast biblischen Alters trägt er immer einen Sack voller Ideen mit sich herum und kann sie, wenn es gut läuft, in exzellente Texte und Taten umsetzen.
Den LeserInnen von MENGEDE:InTakt! ist er im letzten Jahr durch die Kolumne bekannt geworden: „Die Zahl des Monats“ (K.N.)
Fotos: Archiv MIT