Achtung – Panzer!
Von Peter Grohmann
Richtig: Wir Pazifisten müssen uns wieder mehr mit den Kriegsspielern beschäftigen, etwa mit Achtung – Panzer! Das 1937 erschienene Sachbuch des begeisterten Nazis und Panzergenerals Heinz Guderian leert die Möglichkeiten motorisierter Kriegsführung, zeigt, wie durch konzentrierten Einsatz von Panzern mit Infanterie und Luftwaffe Kriege gewonnen werden. Bei Guderian hat’s mit der Blitzkrieg-Taktik aber nicht geklappt, doch Hitlers General mit dem Konzept der „Führung von vorne“ nahm 1939 immerhin noch die Siegesparade der Roten Armee mit der deutschen Wehrmacht in Brest-Litowsk ab. Ach, die alten Geschichten!
Josef Виссарионович Stalin und das ZK der KPdSU ließen bekanntlich (oder doch nicht?)in jener Zeit fast alle Kritiker über die Klinge springen – Massenmord meist ohne Prozeß. Die nicht sprangen, klatschten genossenschaftlichen Beifall, der bis heute nachhallt. Die deutsch-sowjetische Waffenbrüderschaft hatte selbst den Judenpogromen standgehalten: Werch ein Illtum! Auch die Kommunisten in den deutschen KZ’s interessierten die Kommunisten des ZK nicht.
Wladimir Putin kann Deutsch, kennt Goethe, Grohmann und Jandl und weiß um die Irrtümer der Geschichte. Aber im Gegensatz zu mir hat der Russe studiert und liest beim Kerzenschein im Kremls Guderians Panzer-Lehrbuch. Das sollten die hochdeutschen Journalistinnen auch tun. Stattdessen rätseln sie, warum es Wladimir nicht bei 100000 Panzern belässt (und nicht „losschlägt“). Die neuen Kriegsberichterstatter in spe wissen genau, dass erst mit 150000 Kettenfahrzeugen die „volle Truppenstärke“ erreicht ist. Erst wenn das Eis der Ukraine fest genug sei, wettern sie winterfest, könnte der Moskauer Machthaber augenzwinkernd Druschba rufen und zur Attacke blasen. Der neue T-14 „Armata“-Panzer ist eine Wunderwaffe.
Andere Militärberater kommen zu anderen Schlüssen: Der hinterhältige Wladimir könnte die neuesten russischen Kampfflugzeuge mit den Hyper-Schallraketen „Kinschal“ vielleicht in der Nachbarschaft der USA stationieren.
Es gibt keine Zukunft des Reiches ohne den Nationalsozialismus, sagte Guderian, Chef des Generalstabs des Heeres. Naja, sag‘ ich da. Der Hitlergeneral war nach dem Krieg maßgeblich am Aufbau der Bundeswehr beteiligt, und von wegen Entnazifizierung in der DDR: Zu den Nazi-Karrieren in der Ostzone gibt es ein Schweige-Gelübde.
Heute wissen wir wengstens: Es gibt keine Zukunft im Krieg. Und wahr ist auch mein letzter Satz: Olaf Scholz hatte in den USA keine Zeit mehr, etwas zu den schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Fall Assange zu sagen.
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de