Alltägliche Begleiter

Baumindividuen  im Stadtbezirk

Von Eva Latterner

Sie kämpft nicht nur mit der Miniermotte und mit der anhaltenden Sommertrockenheit, sondern auch mit der Tatsache, dass unwissende Menschen Grünschnitt unter ihrer ausladenden Krone abgeladen haben. Die alte Kastanie am Erlenkamp in Oestrich kämpft ums Überleben.

Doch sie hat Glück: Die Bewohnergemeinschaft der Oestricher Vogelsiedlung hat sich engagiert und versucht, „ ihre“ Kastanie zu erhalten und zu schützen. Und das aus gutem Grund: Der große Baum am Ende der Bussardstraße gibt der Siedlung mit seiner knorrigen Schönheit ein besonderes Gesicht und kann an seinem Standort  in einer erhaltenswerten, wilden Grünfläche hoffentlich noch viele Jahre stehen, auch wenn die Trockenheitsschäden dieses Sommers nicht zu übersehen sind.

Noch viele Jahre sind auch der riesigen Platane  zu wünschen, die auf der Verkehrsinsel an der Heimbrügge, kurz hinter dem Bahnhofsgelände, steht. In früherer Zeit stand sie im Hof des alten Mengeder Kinos „Lichtburg“, das in den 1980-er Jahren dem Ausbau der Straße weichen musste. Mit ihrer immer noch üppig grünen Laubkuppel ist sie ein attraktives Entree in den Ortskern, das auf jeden Fall gehegt und gepflegt werden sollte.

Das gilt natürlich genauso für die vielen anderen Großbäume im Stadtbezirk, z.B. für die ebenfalls beeindruckenden Platanen an der Dönnstraße/ Hoher Teich und auf der Wiese vor der Alten Post, sowie für die Straßenbäume, die als Baumreihen oder Alleen, zwar nicht ihre individuellen Wuchsformen entwickeln können, aber in ihrer Gesamtheit dafür sorgen, dass das Stadtklima „ im grünen Bereich“ bleibt.

Die Stadtbäume begleiten uns, meistens über sehr lange Zeiträume. Dennoch nehmen wir sie im Alltag nicht unbedingt wahr und gehen oder fahren mehr oder weniger achtlos an ihnen vorbei. Davon kann ich selber auch ein Liedchen singen, dauerte es doch runde dreißig Jahre, bis ich bemerkte, dass mitten in Nette ein besonderer Baum steht: An der Ecke Eugen-Richter-Straße / Freyastraße steht, etwas bedrängt von einem Zaun, eine schöne, gesund aussehende Esskastanie. Vermutlich wurde sie bereits gepflanzt, als die Hansemannsiedlung gebaut wurde und wäre somit über 100 Jahre alt.

Ein Zeugnis aus der Vergangenheit, das in die Zukunft weist: Die aus Südeuropa stammende Ess-oder Edalkastanie gilt als hitze- und trockenheitsresistent und zählt zu den Zukunftsbäumen in der Stadtplanung.

Die Stadt Dortmund weist sie als guten Parkbaum aus. So finden sich einige jüngere Baumgeschwister der Esskastanie im nahen Hansemannpark.

Selbstverständlich gibt es weit mehr alte und schöne Einzelbäume in unserem Stadtbezirk als diese beispielhaft genannten. Sie stehen in Parks und Gärten, an Straßenkreuzungen oder in den Freiflächen außerhalb der dichten Siedlungsbereiche. Sie sorgen nicht nur für ein gutes Stadtbild und für ein angenehmeres Klima, sondern haben auch direkte positive Auswirkungen auf unser Wohlbefinden.

Trotz ihrer Größe und vermeintlichen Robustheit sind sie anfällig für Schäden, die als Folgen des menschengemachten Klimawandels immer häufiger auftreten werden. 

Fotos: Eva Latterner oben rechts; Silvia Rzadkowski übrige Fotos. Zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!