Schöne Sch**ße! – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Schöne Sch**ße

Von Peter Grohmann

Die Äpfel sind runter, die Kartoffeln sind raus, der Herbst ist da. In Cottbus sind die deutschen Demokraten nochmal mit einem hellblauen Auge davon-gekommen, während in Hannover Lindners Leitfiguren in die Röhre gucken.“In der Röhre steht die Mauke“, sagte meine Omi Glimbzsch in Zittau öfters, wenn’s nischt zu Essen gab – aber Mauke immer: Das ist Kartoffelbrei, warmgehalten den lieben langen Tag lang für hoffentlich vorüberziehende Flüchtlinge oder anderen überraschenden Besuch, Leute, die keine Angst vor bellenden Hunden hatten. Seinerzeit, damals.

Heute hamwa zentralbeheizte Räume: Es wird zum Runterdrehen geraten, dafür kann man beim Volksfest aufdrehen beim klassenlosen Rucki-Zucki. „Das ist die neue Masche / Die jede gleich erkennt / Im ganzen Land das Liedchen / Im Rucki- Zucki-Trend“. Beim Cannstatter Wasen orientiert sich der Preis an den Bayern, da kostet die Maß 13,50. Das Publikum? Eher in den einkommensstarken Jahrgängen. Die Rentner trinken die Reste, wenn niemand hinguckt. Der Atomkrieg wird weggetrunken, Krisen und Kriege ersaufen im Suff.

Rucki Zucki, denk‘ ich mir, müßte man jetzt verhandeln, aber erst, wenn der Rausch ausgeschlafen ist. Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln als eine Minute Krieg, stellt auch die SPD Oberhausen-Rheinhausen auf ihrer Website fest. Putin und Selensky sind trinkfeste Genossen. Ist es die unschützbare oder eher die marode Infrastruktur, die die beiden und uns zum Glase greifen läßt? Das Atomkraftwerk Neckarwestheim bleibt am Netz und ist auch ohne Erdbeben unsicher, was selbst viele Grüne wissen. Beim explodierten Atomkraftwerk Tschernobyl schützen uns vorläufig Schutzhütten – und das Atomkraftwerk Saporischschja etwa ist zwar wieder am Netz, aber Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat niedrigschwelliges Wissen und stellt auch als Mutter klar, wie Krieg geht und dass der russische Geigerzähler anders tickt als der amerikanische und dass der Russe jederzeit und so weiter und fährt schweres Geschütz auf. Putin ängstelt.

Am 30. Mai ist der Weltuntergang – Anlass für dieses Lied war die erste Flächenbombardierung Kölns im 2. Weltkrieg – ah, Sie erinnern sich? Sie richtete sich nicht gegen militärische Ziele, sondern gegen die Zivilbevölkerung – als Vergeltung für die Angriffe der Deutschen auf London und Coventry. Der Weltuntergang als Gassenhauer bleibt im musikalischen Gedächtnis der Menschen – Coventry nicht.

Bis zum nächsten Krieg verteidigen wir die westliche Werte in Brasilien und auf den Philippinen, in Indien, Ungarn, Polen, Italien, Frankreich, Schweden, die Vereinigten Staaten, Chile, Italien und Kolumbien. Hab‘ ich noch alle? Aber Sie können die Liste gern erweitern. Schöne Sch**ße!

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de