Atomkraft ist todsicher – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Atomkraft ist todsicher

Von Peter Grohmann

Doch egal jetzt, Sicherheit hin oder her: Hier hat’s gewackelt und gedonnert, hier wurden Tausende Milliarden Dollars verbrannt und verbraten, hier waren Strontium-90 oder so, Jod-131, Caesium-134 und Caesium-137 und als Abfall Atomwaffen im Spiel, hier wurde und wird gerungen und gerätselt: Wohin mit den Hinterlassenschaften, wenn nicht nach Afrika oder Riedlingen?

Unterdessen wird unausweichlich weitergestrahlt in Harrisburg/Three Mile Island, Chalk River, Idaho Falls, Los Alamos, Knoxville, Melekess, Monroe, Lucens, Rocky Flats, Majak/Tscheljabinsk, Windscale/Sellafield, Leningrad, Belojarsk, Bohunice, Saint-Laurent, Tschernobyl, Wladiwostok, Gore, Tomsk/Sewersk, Tōkaimura, Simi Valley, Fleurus, Fukushima. Schreiben Sie mir, wenn ich was vergessen habe. Saporischschja wartet noch ab. Aber auf ein paar mehr oder weniger kommt’s jetzt nicht an. Erfreut hat unsereins, dass Neckarwestheim sicher ist. Das sagten die Grünen der SPD. Und lassen eine Expertise des Geologen Hermann Behmel in der Schublade schmoren, die das Gegenteil nahelegt. Bis: April, April.

Atomkraft ist derart risikobehaftet, dass AKWs nirgendwo versichert werden können – aber das sagen sie natürlich nicht (mehr). Die Anlage in Neckarwestheim steht auf zerrüttetem, verkarstetem Muschelkalk, unter dem mächtige Gips- und Anhydritschichten liegen. Anhydrit quillt bei Wasserkontakt auf und nimmt im Volumen bis zu 60 Prozent zu, wodurch es zu schweren Schäden an Gebäuden kommen kann. Deshalb kostet ja auch das Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht wie vorgeschlagen 2,4 Milliarden oder 4 oder 6 oder 10 oder 12, sondern 16 Milliarden Euro, ganz ohne Rettungsschirm und Muschelkalkbremse. Das mit dem Sickerwasser konnte übrigens niemand ahnen. Bereits 1998 machte das AKW Neckarwestheim Schlagzeilen, nachdem an Atommüll-Behältern aufgrund radioaktiver Verschmutzungen das Vielfache der zulässigen Strahlungsmengen festgestellt wurde. Sogar die Polizei war einer rechtswidrigen Strahlenbelastung ausgesetzt, die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung wurden bis zu 4.350-fach überschritten. „Ob das wirklich alles stimmt?“, fragte mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Die kennt ihren Behmel und weiß: Auch mit Red Bull kann man sich kontaminieren.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de