Delegation aus Sachsen besucht erfolgreiche Renaturierungs- und Hochwasserschutzprojekte in Dortmund
Eine 12-köpfige Delegation von Umweltministerium, Landesumweltamt und Landestalsperrenverwaltung Sachsen sowie der Stadt Leipzig hat in der vergangenen Woche die Emscher- und Lipperegion besucht. Zusammen mit ExpertInnen von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) unternahmen sie eine mehrtägige Exkursion zu Renaturierungs- und Hochwasserschutz-Projekten der beiden Wasserwirtschaftsverbände. Ziel der Delegation: Von den erfolgreichen Projekten zu lernen und den wertvollen Erfahrungsschatz von EGLV für anstehende Projekte in Sachsen zu nutzen.
In vielfacher Hinsicht steht Sachsen heute vor denselben Herausforderungen wie an Emscher und Lippe. In den Noch-Braunkohlerevieren Lausitzer und Mitteldeutsches Revier sind begradigte Gewässer, verlorengegangene Auen und bergbaubedingt gestörte Wasserhaushalte zu sanieren und zu renaturieren, und das noch über einen Zeitraum vieler Jahrzehnte. Dass diese Herausforderungen bewältigt werden können, davon überzeugten sich die Mitglieder der sächsischen Delegation beim Besuch der Lippe-Mündungsaue in Wesel, der neuen Emscher-Mündung in Dinslaken, des Hochwasserrückhaltebecken in Ellinghausen und des Dortmunder Phoenix-Sees.
Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband, machte deutlich, dass die Renaturierung von einstigen Köttelbecken wie der Emscher mehr ist als die Lösung eines Geruchsproblems. „Eine sich weltweit verschärfende Umweltkrise wird zunehmend bedrohlich für Wohlstand und Frieden unserer Gesellschaft – auch in Europa. Wir als Wasserwirtschaft sind daher gefragt, unsere Gewässer gegen den Klimawandel mit seinen Folgen wie Hochwasser und Dürre fit zu machen und auch die Menschen unserer Region mitzunehmen und zu beteiligen“, so Paetzel. Im Fokus des Besuches der sächsischen Delegation standen daher multifunktionale EGLV-Projekte, die sich mehreren wichtigen Zielen widmen: Förderung der Biodiversität, Gewässerschutz, Hochwasser- und Dürremanagement, Stadtentwicklung und Naherholung.
Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Ellinghausen
Sie sind in Deutschland so selten geworden, dass sie auf der Liste der bedrohten Tierarten stehen: Uferschwalben. Am Hochwasserrückhaltebecken Dortmund-Ellinghausen der Emschergenossenschaft sind sie jedoch seit Jahren regelmäßige – und gerngesehene – Gäste. Jedes Jahr ab April kehren sie nach Ellinghausen zurück, um zu nisten und ihre Brut aufzuziehen. Erstmals dort festgestellt wurden sie 2017. Damals befand sich das HRB noch im Bau und bot so ideale Voraussetzungen für die Brut, dass sich die Uferschwalben selbst vom Lärm der großen Baugeräte nicht abschrecken ließen. Sie benötigen für ihre Brut steile Uferwände, in die sie lange Niströhren graben können. Diese waren für die kleinen Vögel in der Vergangenheit zunehmend schwerer zu finden. Künstlich erschaffene Lebensräume wie beispielsweise frische Abbruchkanten haben sich für die Schwalbenart zu wertvollen Ersatzlebensräumen entwickelt.
Merlin – EU-Projekt zur Wiederherstellung von Süßwasser-Ökosystemen
Der Kontakt zwischen EGLV und der sächsischen Delegation entstand durch das EU-Forschungsprojekt Merlin. Der Emscher-Umbau ist eines von 17 Merlin-Forschungsprojekten in ganz Europa, die Vorbilder sein sollen für Wiederherstellung von Süßwasser-Ökosystemen in den Mitgliedsstaaten. Das von der EU im Rahmen des „Grünen Deals“ mit 21 Millionen Euro geförderte Projekt läuft seit 2021 und endet im September 2025. Beteiligt sind 45 Partner aus ganz Europa, darunter Universitäten, Forschungsinstitute, Naturschutzorganisationen, Wasserverbände sowie Akteure aus Wirtschaft, Verwaltung und Kommunen. Die Hälfte der Projektmittel geht in konkrete Renaturierungsvorhaben der 17 Fallstudien. Ziel von MERLIN ist es, die Funktionen von Süßwasser-Ökosystemen wiederherzustellen, um beispielweise den natürlichen Hochwasserschutz zu verbessern, die Artenvielfalt zu erhöhen, Kohlendioxid zu speichern und Naherholungsräume zu schaffen. An der Emscher werden mit den Projektmitteln vor allem Blühwiesen auf den Emscher-Deichen angelegt sowie Umweltbildungs- und partizipative Programme an den Gewässern unterstützt und Synergien zwischen Wasserwirtschaft und Naturschutz geschaffen.