Jupheidi-Jupheida! Hausdurchsuchung: Razzia! – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Jupheidi-Jupheida! Hausdurchsuchung: Razzia!

Von Peter Grohmann

„Nu, kennste nich Göte?“ würde mich meine Omi Glimbzsch aus Zittau in diesen Tagen fragen. Der wusste schon: „Man lobt euch halb und mit Erbarmen / Nach Golde drängt / am Golde hängt / doch alles / Ach, wir Armen! Gestern war ’se noch Vizepräsidentin und Sozialdemokratin im Europaparlament, heute sitzt ’se schon im Knast!“. Aber nich allene, Omi, würd‘ ich sagen, und: Auch Sozialdemokraten sind nur Menschen! Aber eben im Gegensatz zu uns Kleinkriminellen und Schwindlern vorgewarnt, wie die Reichsbürger bei den Razzien neulich. Die Bullen kommen – jetzt schnell alles unter’n Perser! Egal, wo der Teppich liegt – Katar, Zürich, Berlin, Brüssel. Anders gesagt: Bei Anruf: Fort!

In Zeiten der Auf- und Abklärung und der superschnellen Infos erinnert man sich ungern an die Nachrichten von gestern, zu der auch diese zählt: Am 12. Dezember überfielen Reichsbürger die Einwohner von Kotelnikowo am Rande der Ukraine. Der Überfall war eingebettet und Teil des verbrecherischen Angriffskriegs der Reichsbürger gegen die Sowjetunion und die Ukraine vor 80 Jahren. Der öffentlich proklamierte Hintergrund des brutalen Überfalls: „…die vollständige Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und die Kolonialisierung der eroberten Gebiete“. Alle nicht ermordeten anderen Einwohner sollten als Arbeitssklaven ausgebeutet werden.

Millionen Reichsbürger hatten sich entweder den Nazis unterworfen, waren selbst überzeugte Täter oder sind jubelnd mitmarschiert. Die Reichsbürger („Es waren nicht alle Nazis“) haben den Krieg verloren – nun danket alle Gott: Beim „Wintergewitter“ 1942 versagte die 4. Panzerarmee, Guderian versagte, Freiherr von Richthofen versagte, von Brauchitsch, von Manstein, ja die ganze Reichsbürger-Sippe versagte, auch wenn der eine oder andere Mörder nur wenige Jahre später die (westdeutsche) Regierung beim Aufbau einer neuen Wehrmacht beraten durfte. Die Reichsbürger von heute stellen richtigerweise fest: Es gibt keinen Friedensvertrag. Aber der, ihr Blindgänger, wäre teuer geworden, und wir mussten damals sparen. Der 2 + 4-Vertrag jedenfalls war ein äußerst preiswertes Geschäft für die alten und die neuen Reichsbürger, gewissermaßen der Sieg nach der Niederlage.

Nach den Kriegen wird bekanntlich überall gern beim Frühschoppen um Schuld und Geld debattiert, zeitgleich auch integriert, restauriert, renoviert – alles wird neu: Deutsches Reich, Deutsche Bank, Deutsches Volk, Deutscher Bundestag. Dem Volke dienen, selbst in Brüssel und Doha.
Aber Aufklärer haben überall schlechte Karten, doch vielleicht klappt’s ja diesmal und wir kriegen raus, wer die Betrüger in Brüssel und wer die Reichsbürger & Co. vorgewarnt hat. Bis dahin und für alle, die hinter dem Mond leben, eine gute Nachricht: Die Orion-Kapsel ist zurück. Sie hat alles gesehen. Jetzt wird ausgewertet.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de