Jetzt Kampfjets!
Von Peter Grohmann
Kampfjets jetzt, sofort. Obwohl ich noch bissel unsicher bin! Fregatten ja, Drohnen gern, Haubitzen allemal, Mauser immer, wenn’s sein muss, U-Boote, taktische Atomwaffen aus Büchel oder so, Bodentruppen, Söldner, Verbandskästen – alles drin, aber ansonsten sag‘ ich mir: Lieber verhandeln.
Leute, die Welt hat mit Hitler verhandelt, mit Stalin, Franco, Gaddafi, mit Mugabe, Idi Amin, Xi Jinping, mit Ortega, Friedrich Flick, Max Schmeling, H.G. Maaßen, sogar mit dem Friedensnobelpreisträger Yassir Arafat, mit Erdogan, Vladimir Lisin, sogar mit Leuten, die vorher von uns mühsam und teuer genug hochgepäppelt, finanziert, strategisch-militärisch und rein menschlich unterstützt, aber dann frech wurden. Also: Warum nicht auch mit Putin? OK, es hat was für sich, erst mal abzuwarten und zu schauen, wie lange es noch dauert, bis dieser Schurkenstaat am Boden liegt. Aber ich bin vehement gegen einen Einmarsch, das muss klar sein.
Die Demokratie ist auch heute in vielen Ländern in Gefahr, ja, in vielen Ländern kennt man sie sogar nur aus der Ferne wie Merz und Maaßen, grüßt sie wie einen guten Onkel aus Amerika, der 1933 in die USA auswandern durfte. Deshalb schauen wir ja in diesen tristen Tagen auch so genau hin, wie es um Populismus und Ausländerhass steht, wie es dem Antisemitismus und der Gewalt geht, was die Gerechtigkeit tagsüber so treibt. Hin und wieder wandert der Blick dann ins Ausland, zum Nato-Partner Türkei, in die Niederungen von Österreich, wo eben erst die Demokratie zu humpeln beginnt – nein, noch nichts Ernstes – dorthin, wo die rechten Populisten bei den jüngsten Wahlen gut und gern mehr als 50 % der Wählerschaft binden konnten, freiwillig.
Und weil Jahrestag ist, werfen den Blick zurück ins Deutsche Reich der 30er Jahre, zu Krupp und Thyssen und Flick und Abs, zu Daimler und Porsche, zu Kirchen und Junkern, zum Adel und dem Medien-Mogul und Hitler-Freund Hugenberg. Nein, Leute: Die Wähler seinerzeit haben trotz Deutscher Bank und Industrie, trotz alledem und alledem Adolf Hitler, die NSDAP, die Sippenhaft, die Judenvernichtung und den Krieg gewählt. Aber ganz demokratisch soll es 1933 nicht zugegangen sein, sagen die Forschungen, und: Die Industrie war jedenfalls nicht schuld.
In den Niederlanden, las ich dieser Tage, halten 23 Prozent der letzten Generation (Leute zwischen 20 und 40 Jahren) die Berichte über den Holocaust für einen Mythos oder übertrieben. Und auch über die NS-Zeit weiß man wenig bei unseren Nachbarn. Gott sei Dank leben wir hier.
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de