Auf den Spuren der Bildhauerin Liesel Bellmann (2)

Brunnen (außer Betrieb) auf dem Gelände SHD Burgring; Foto: Karin Neuvians

Vorbemerkungen zum 2. Teil des Beitrags „Auf den Spuren der Bildhauerin Liesel Bellmann“:

Liesel Bellmann; Foto: Anneliese Vahlhaus

Am 8.3.23 – dem diesjährigen Weltfrauentag – hat Eva Latterner auf die Bildhauerin Liesel Bellmann verwiesen, deren Brunnenskulptur „Frühling – Wolke Wasser Wachsen“ von 1980 bis 2008/2009 den Eingangsbereich des Seniorenheimes „Am Burgring“ zierte. Die derzeitige Platzierung zeugt von einer Gedanken- und Kulturlosigkeit  der Verantwortlichen. Es ist zu hoffen, dass die Ergebnisse der „Spurensuche“ von Eva Latterner überzeugen und der Brunnenskulptur wieder zu einem ihr angemessenen Platz verhelfen.
Der Teil 1 der Spurensuche endet mit der betrüblichen Feststellung:
Leider fristet das Werk  derzeit funktionslos ein Schattendasein im Gebüsch der Abpflanzung  zum Burgring. Intensive Bemühungen, dem Mengeder Bellmann- Brunnen einen angemessenen Standort auf dem Gelände des Städtischen Seniorenheimes zurück zu geben, scheiterten bislang leider.
Dennoch bleibt die Hoffnung, dass diese Brunnenskulptur der im Jahr 2000 verstorbenen Künstlerin Liesel Bellmann einen würdigen Platz erhält und in Form und Funktion wieder sichtbar gemacht wird. (K.N.)

Symbole des Lebens in Stein gemeißelt

Von Eva Latterner 

Foto: Dieter Fender

Auf den Spuren der Bildhauerin Liesel Bellmann (2)„Wenn ich die Kirche St. Maximilian Kolbe (Anm.: in Witten-Stockum)  betrete, finde ich dort…. tote Materialien. Kunstwerke aus Stein und Metall. Die Dortmunder Künstlerin Liesel Bellmann hat daraus einen Tabernakel, einen Altar, ein Ambo und etliche Kerzenleuchter geschaffen. Ich schaue mir ihre Werke an und staune, denn ich stehe vor Blüten, Blütenkelchen, Früchten und Zweigen.Die toten Materialien leben, weil ihnen Liesel Bellmann Leben eingemeißelt und eingegossen hat.“
Mit diesen Worten beschreibt Dieter Fender, Gemeindereferent in Witten, sowohl den Altarraum der Kirche, als auch das große Thema der Dortmunder Bildhauerin Liesel Bellmann(1920-2000): Wachsen und Werden, die Vielfalt der Natur im Kreislauf des Lebens, untrennbar verbunden mit der Kraft des Wassers. 

Viele Kirchen der 1960-er und 1970-er Jahre, in Dortmund und weit über Dortmund hinaus, tragen ihre Handschrift. Besonders erwähnenswert sei an dieser Stelle die inzwischen unter Denkmalschutz gestellte Kirche St. Juliana in Duisburg- Wehofen. Der Düsseldorfer Architekt Hel Haparta (1925-2002)  gestaltete den Innenraum der 1965 eingeweihten,  damals avantgardistischen Kirche mit Künstlern aus dem Ruhrgebiet. 1990 schuf Liesel Bellmann ein Altarkreuz für die Kirche „Goede Herder“ in Amsterdam.

Dialog; Foto: Eva Latterna

Für öffentliche Plätze, nicht nur in ihrer Wahlheimatstadt Dortmund, schuf sie großformatige Brunnen und Skulpturen. So gestaltete sie für die Fußgängerzone in Gelsenkirchen-Buer 1975 das Wasserspiel „Dialog“ aus Muschelkalk und für unseren Stadtbezirk 1980 die ( im 1.Teil bereits erwähnte) Brunnenskulptur „Frühling-Wolke Wasser Wachsen“, ebenfalls aus Muschelkalk.
„Durch ihre Brunnen fließt Wasser des Lebens, manche erscheinen so, als hätte die Kraft des Leisen, Weichen den harten Stein erst endgültig befreit.“, interpretierte Alexander Röder, evangelischer Pastor an der Hamburger Hauptkirche, in seiner damaligen Funktion als Leiter des kirchlichen Kunstdienstes in Nordelbien 1995 Bellmanns Werke.

Keimling; Foto: gelsenkirchener-geschichten.de

Auch die aus zwei Elementen bestehende Plastik „Keimling“ (1985) auf dem Platz vor der Hauptpost in Gelsenkirchen greift Bellmanns Lebensthema auf. Ein glatter Stein, einem Findling nicht unähnlich, wird von einer breit herumführenden Furche in zwei Seiten geteilt, doch in seiner Gesamtheit nicht durchdrungen. Der daneben stehende, hoch aufragende Keimling aus Bronze ist an jeder Seite geöffnet und zeigt eine Aufwärtsbewegung bis zum oberen, blattartigen Abschluss,  der die Aufwärtsbewegung jedoch nicht fortsetzt, sondern sich herunterbiegt, als würde er Wasser ablaufen lassen. Geht man beim Betrachten um das Kunstwerk herum, ergeben sich von jedem Standpunkt aus neue, abwechslungsreiche Perspektiven. 

Liesel Bellmanns große, teils monumental wirkenden Skulpturen auf öffentlichen Plätzen sind, ebenso wie ihre sakralen Werke, durch ihren unverwechselbaren Stil einprägsam und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Der harte Stein als Werkstoff wird durch Bellmanns Bearbeitung rund und fließend.

Die Anregungen für ihre Arbeiten bekam sie auf zahlreichen Reisen; ihr besonderes Interesse galt den antiken Skulpturen Italiens und Griechenlands. Inspiriert wurde sie aber auch von den Kunstwerken der Südsee und von zeitgenössischer Bildhauerkunst.

Hildegard von Bingen; Foto: Rolf-Jürgen Spieker

In den 1990-er Jahren wurden von den Kommunen und den Kirchen deutlich weniger Arbeiten für Großplastiken vergeben. Mit kleineren Aufträgen, auch von Privatleuten, konnte Liesel Bellmann ihre künstlerische Tätigkeit fortsetzen. Zu ihren letzten Aufträgen gehörte eine Figur der großen Mystikerin des Mittelalters, Hildegard von Bingen. Sie entwickelte eine durchaus ungewöhnliche Figur mit einer hoch ausgestreckten Hand, einem stolz erhobenen Kopf und einem wuchtigen Körper. Bellmann selber erklärte ihr Werk:“Es war mein Wunsch, für diese Frau eine Form zu finden, die ihrer geistigen und geistlichen Größe gerecht werden möchte und sich nicht einordnet in die traditionelle Bildsprache eines blassen Schemas…“

Die Skulptur steht heute in der Hildegardis – Schule in Münster, der ehemaligen Schule der Bildhauerin Liesel Bellmann.

Quellen:
Brigitte Spieker:   Liesel Bellmann  – Bildhauerin und Christin mit franziskanischem Lebensstil in „Christen an der Ruhr“ Bd. 4, Aschendorff-Verlag
katholisch-in-witten.de
gelsenkirchen.de
gelsenkirchener-geschichten.de
www.wdr.de