Todesstrafe jetzt!
Von Peter Grohmann
„Wenn man auch nur 10 % der Sendezeiten, die für Krimis, Männerfußball oder Volksmusik draufgehen, für’s Thema Demokratie oder ‚kritische Intelligenz‘ verwenden würde, müßte man vor uns WählerInnen weniger Angst haben“, predigte mir meine Omi Glimbzsch in Zittau immer wieder und versteckte ihren Bakunin unterm Kopfkissen.
Nur dann bin ich wahrhaft frei, wenn alle Menschen, die mich umgeben, Männer und Frauen, ebenso frei sind wie ich“, sagte der Anarchist. Natürlich auf russisch.
Heute weiss die Linke nicht, was die Rechte tut, aber umgekehrt. Im Sommerinterview will Kanzler Scholz dem Volk aufs Maul schauen und fordert, nur solche Gesetze auf den Weg zu bringen, die auch bei einer Volksabstimmung die Mehrheit hinter sich versammeln würden. Wie wär’s mit der Todesstrafe für Schwimmbadpöbler? Wäre zustimmungsfähig, wenn’s nach dem Wahlvolk ginge. Ja, ich weiss, aber man muss sie ja nicht vollstrecken! Der auf Humor getrimmte Kanzler hatte offenbar das Mannheimer Wahlergebnis aus dem Augen verloren: Mehr als zwei Dritteln der Wahlberechtigten war es piepegal, wer in der zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs Oberbürgermeister wird. Über den Buckel Desinteresse kommt auch eine Universitätsstadt nicht, aber wir wissen: besser wird’s nimmer und freuen uns: Nur etwa 55 % der Deutschen sind noch Antisemiten, da sieht man mal, was Bildung vermag! 35 % befürworten Gewalt – freilich nur gegen Andersdenkende – und 73 % mögen keine Flüchtlinge mehr aus dem Mittelmeer retten. Die Demokratie hat eben auch so ihre Tücken. Bildung für alle etwa – das ist ja auch mein persönliches Problem: Ohne Hauptschulabschluss (soviel Würde muss sein), aber mit Staufermedaille, das kostet weniger.
Außenministerin Annalena Baerbock würde die Ukraine gerne noch stärker militärisch unterstützen, sagt sie, etwa mit Minenräum- und Suchgeräten. Da seien die deutschen Ressourcen (auch wählermäßig – sagt sie nicht) begrenzt. Also lieber keine Volksabstimmung. Moderne Minenräumgeräte könnten ja auch Streubomben orten, doch nur, wenn sie geliefert werden. Die drei Hautbeteiligten Selensky, Putin und Biden sind in ihrem Handeln frei – Russland, die Ukraine und die USA haben die Streubomben-Konvention von 2010 – den völkerrechtlichen Vertrag über ein Verbot von Einsatz, Herstellung und Weitergabe von Streumunition – nicht unterzeichnet. Und wir gehen in Deckung. Wandel durch Annäherung erst nach dem Krieg – und Minen gemeinsam beseitigen.
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de