Objekt des Monats im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) Dortmund

Carl Vogel von Vogelstein:Taufe Christi; ©MKK-Jürgen Spiler

Carl Christian Vogel von Vogelsteins „Taufe Christi“

ist das Objekt des Monats im MKK 

Ein Gemälde ist das Objekt des Monats Oktober im Museum für Kunst und Kulturgeschichte: Das Werk „Taufe Christi“ entstand 1819 und stammt aus einer Privatsammlung, aus der es 1974 den Weg ins Museum gefunden hat. Die Auswahl traf Dr. Christian Walda, Kurator und Sammlungsleiter am MKK. Zu finden ist das Bild in der Ausstellung „Remix“ im Erdgeschoss. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Bildbeschreibung
In einem pyramidalen Figurenaufbau vor einem tiefen Landschaftshintergrund steht rechts neben zwei Engeln in der Mitte der nur leicht bekleidete Jesus. Betend neigt er mit geschlossenen Augen seinen Kopf. Rechts vor ihm kniet der mit einem Fell bekleidete Johannes, um ihm nach biblischer Überlieferung zu signalisieren, dass besser er von Jesus getauft werden sollte als Jesus von ihm – Johannes erkennt nämlich in ihm den Erlöser.
Rechts ziehen sich zwei nackte junge Täuflinge lasziv aus, und vom Himmel scheint stark nach unten gerichtetes Licht, das durch die eigentümliche Wolkenbildung an eine Engelsgestalt erinnert. Zu sehen ist der Moment kurz bevor Johannes Wasser mit einer Muschel aus dem Jordan schöpft, um damit Jesus zu überschütten. Diese rituelle Reinigung steht unmittelbar vor dem Beginn des Wirkens Jesu.

Eine Erinnerung ans Spätmittelalter und die Renaissance
Die Darstellung der Taufe Christi ist eine beliebte und häufig vorkommende Szene in der Kunst – allerdings vornehmlich im Mittelalter, das zur Zeit der Entstehung dieses Gemäldes bereits mehr als drei Jahrhunderte vorbei war. Das Gemälde wirkt süßlich und erinnert anachronistisch an klassische Darstellungen dieses Themas im Spätmittelalter und in der Renaissance, wenngleich es in seiner Perfektion und Glattheit erkennbar Kind des 19. Jahrhunderts ist.
Der Maler Carl Christian Vogel von Vogelstein ist vor allem für seine Porträts, weniger für religiöse Darstellungen bekannt, von denen es gerade einmal eine Handvoll gibt. Die Wahl dieses Themas ist wohl dem Umstand geschuldet, dass das Gemälde eine Auftragsarbeit ist, und zwar von Baron Funck für sein Schloss Laubsdorf bei Cottbus. Die „Taufe Christi“ gehört zu Vogelsteins Frühwerk, das am stärksten durch die nazarenisch-romantische Kunst beeinflusst wurde.

Der Maler Carl Christian Vogel von Vogelstein
Bereits Vogelsteins Vater Christian Leberecht Vogel war Maler, der seinen Sohn früh unterrichtete und ihn an die Dresdner Kunstakademie schickte. Zwischen 1808 und 1812 lebte Vogelstein im Baltikum. Nach einem Italienaufenthalt wurde er 1820 als Nachfolger von Gerhard von Kügelgen an die dortige königliche Kunstakademie berufen, 1824 wurde er zum Hofmaler ernannt und 1831 in den Adelsstand erhoben. Zwischendurch reiste er viel durch Europa. Der gut vernetzte Künstler war Mitglied der Akademien von Rom, Madrid, St. Petersburg, Berlin, Wien, Kopenhagen, München, Florenz, Venedig und Pennsylvania.

Die Taufe Christi als Symbol christlicher Erneuerung
Seine prägende Phase erlebte Vogelstein bei seinem ersten Aufenthalt in Italien von 1813 bis 1820 – in dieser Zeit entstand seine „Taufe Christi“. Er gehörte nie zum engsten Kreis der zu dieser Zeit prominenten NazarenerInnen, aber ihre Gedanken- und Zeichenwelt teilte er mit ihnen durchaus. Diese bildeten eine romantische Richtung Anfang des 19. Jahrhunderts vor allem in Wien und Rom, deren Mitglieder gegen den einengenden akademischen Klassizismus mit seiner Fokussierung auf die Antike wie auf die als zu kalt empfundene Aufklärung gleichermaßen aufbegehrten.
MalerInnen wie Joseph Anton Koch, Friedrich Overbeck und Louise Seidler wollten die Erneuerung der Kunst unter dem Leitstern des Christentums. Ihre Forderung nach mehr Sinnlichkeit und Emotion schlug sich in den vielen Übertritten zum Katholizismus nieder, auch Vogelstein konvertierte 1819. Wie so oft in Krisenzeiten wird eine bessere Gesellschaft in der Vergangenheit fantasiert: Das Mittelalter wurde zu einer Chiffre der heilen Welt, das damals fest verankerte Christentum zum Hort der Stabilität.
Ganz im nazarenischen Sinn malte Vogelstein völlig ungebrochen ein ganzheitliches christliches Erlösungsbild: Jesus steht am Beginn seines Wirkens, die Menschheit kann sich auf die Errettung vorbereiten. Die Taufe – hervorgegangen aus dem jüdischen Tauchbad – wird überdies als späteres neues christliches Sakrament eingeführt. Wir haben es also mit einem Programmstück zur christlichen Erneuerung der Gesellschaft im Zeitalter der zunehmenden Säkularisierung zu tun.

Quelle: und Foto: MKK; zur Vergrößerung des Fotos dieses bitte anklicken!