Jochen Meschke, früherer Westfalenhallen-Chef, präsentierte im Heimathaus sein
neues Buch
über Dortmunds weltberühmte Arena
Von Henry Mühlhausen
Die Westfalenhalle ist für viele neben Fernsehturm, Stadion, dem „U“ oder dem Hafenamt eines der Wahrzeichen Dortmunds. Für viele andere ist der markante Rundbau an der B1 aber auch ein Ort von vielen erinnerungswürdigen Großveranstaltungen. Und bei dem einen oder anderen kommen auch noch jede Menge persönliche Erinnerungen hinzu.
In der Westfalenhalle hat man z.B. als Kind, gemeinsam mit den Eltern, die Eiskunstläufer bei Holiday On Ice bewundert, in späteren Jahren die Stimmung bei den früheren Sechstagerennen genossen oder Anfang der 80er Jahre eines der letzten Konzerte des Reggae Musikers Bob Marley besucht. Vielleicht haben einige bei so mancher Veranstaltung sogar die spätere Partnerin oder den Partner kennengelernt.
Die Westfalenhalle ist auch heute noch, trotz zunehmender Konkurrenz neu erbauter Veranstaltungshallen, immer noch eine der beliebtesten Konzert- und Eventarenen Deutschlands, mit einem Fassungsvermögen von über 15.000 Besuchern. Die 1952 neu eröffnete Westfalenhalle, die mittlerweile unter Denkmalschutz steht, war der Nachfolger des im zweiten Weltkrieg zerstörten Vorgängergebäudes, einer riesigen Holzkonstruktion aus dem Jahr 1925.
Ein Blick hinter die Kulissen
Und wer kennt die Westfalenhalle und ihre Historie mit ihren – ohne Übertreibung – Tausenden Geschichten um Menschen, Veranstaltungen, Technik, Räumlichkeiten, Renovierungs-/Umbaumaßnahmen und noch vieles mehr, am besten? Ohne Frage der ehemalige Chef. Dieser Chef heißt Jochen Meschke, der von 1989 – 2021 in leitender Funktion, bzw. als Geschäftsführer bei den Westfalenhallen Dortmund angestellt war. In diesen 32 Jahren hat Jochen Meschke 6.000 Events organisiert und verwaltet. 40 Millionen Menschen haben in diesem Zeitraum die Westfalenhalle besucht. Beeindruckende Daten und natürlich jede Menge Erlebnisse, die bei ihm im Laufe der Jahre zusammen kamen. Diese Erlebnisse hat Jochen Meschke in seinem kürzlich erschienen Buch „Eine Liebe in Westfalen“ zu Papier gebracht. „Eine Liebe in Westfalen“ gewährt einen interessanten Blick hinter die Kulissen des Eventgeschäftes, behandelt aber vor allem sehr persönliche Erlebnisse des Autors, wie Begegnungen mit Stars aus Musik, Sport und Show, mit Eindrücken und Emotionen der unterschiedlichsten Art.
Am Mittwoch, dem 4.Oktober präsentierte Jochen Meschke, im bis zum letzten Platz gefülltem Heimathaus, einige Kostproben aus seinem Buch. Dabei legte er den Schwerpunkt auf die musikalischen Veranstaltungen in der Westfalenhalle von ihren Anfängen bis in die jetzige Zeit. Und Jochen Meschkes Präsentation, unterstützt von seiner Frau Vera, war ein Stück Zeitgeschichte, voll von Anekdoten, persönlichen Eindrücken, aber auch zum Teil mit nachdenklichen und auch bitteren Momenten. Musikalisch untermalt wurde die Veranstaltung vom Vorsitzenden des Heimatvereins Hans Ulrich Peuser, der zu den jeweiligen einzelnen Kapiteln über die in der Halle aufgetretenen Musiker, die passenden Melodien auf dem Klavier spielte. Das bedeutete natürlich ein breites Spektrum vom Schlager, wie Freddy Quinns „Junge Komm bald wieder“, bis zum härteren Rocksong wie „Satisfaction“ von den Rolling Stones.
Weltstars kommen nach Dortmund
Chronologisch führte Jochen Meschke seine Zuhörer durch die musikalischen Veranstaltungen in der Westfalenhalle, die nach den ersten Konzerten früherer Schlagerstars, mit dem Auftritt von Louis Armstrong in 1955, ihren ersten Höhepunkt mit dem Auftritt eines Weltstars erreichte. In den 60er Jahren wurden dann Beat- und Rockmusik immer beliebter. Der Auftritt der Rolling Stones in der Westfalenhalle vor 13.000 Besuchern, war dann zweifellos ein Wagnis. Vorherige Konzerte der Band in Hamburg und Berlin hatten zu Tumulten mit zahlreichen Verletzten und umfangreichen Sachschäden geführt. Der Auftritt der Band 1967 in der Westfalenhalle verlief dagegen – allerdings auch mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen – friedlich. 1976 traten die Stones dann noch einmal in der Halle auf und eine Dortmunder Tageszeitung zitierte damals Leadsänger Mick Jagger nach dem Konzert mit dem Satz: „Die Dortmunder haben ihr Bier verdient.“ Kein Zweifel, dass die Westfalenhalle mit ihrer besonderen Atmosphäre zu diesem positiven Fazit einen erheblichen Teil beigetragen hat.
Wahrscheinlich war das 67er Konzert der Rolling Stones dann auch teilweise ein Auslöser für die stark ansteigende Zahl der Rock- und Popkonzerte in den Folgejahren. Internationale Top Acts wie Deep Purple, Queen, Status Quo, Bee Gees, Bob Marley, Billy Joel, The Who, Roxy Music, Elton John, Led Zeppelin, Uriah Heep, Paul McCartney, Electric Light Orchestra oder Simply Red traten alle in der Westfalenhalle auf. Besonders erwähnenswert ist der Auftritt der britischen Band Pink Floyd, die mit ihrer Show „The Wall“ 1981 eine sehr aufwändige Bühnenshow präsentierte. Diese Show war neben den Auftritten in Dortmund nur in New York, Los Angeles und London zu sehen. Ein deutliches Zeichen für die internationale Anerkennung der Westfalenhalle als eine der weltweit führenden Konzertarenen.
Auch viele deutschsprachige Musikinterpreten wurden im Laufe der Jahre geradezu Stammgäste in der Westfalenhalle. Mit vielen hat Jochen Meschke ein sehr persönliches und auch freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. So erklärte Udo Lindenberg die Westfalenhalle quasi zu seinem Wohnzimmer. Beweis dafür wäre ja das sich drehende große „U“ auf dem Hallendach, was seiner Meinung nach selbstverständlich für „Udo“ stehen würde.
Auch der Namensvetter von Udo Lindenberg, nämlich Udo Jürgens, war ein erklärter Fan der Westfalenhalle. Über 30mal stand er bei Tourneen auf ihrer Bühne und war beeindruckt, als die Halle sich mit Tausenden von Konzertbesuchern füllte, was er fasziniert aus einem Innenraum der Arena beobachtete. Leider konnte das in 2015 geplante Konzert nicht mehr stattfinden, da der Sänger im Alter von 80 Jahren im Dezember 2014 verstarb. Tolle Erinnerungen hat Jochen Meschke auch an andere Musiker, wie z.B. die Toten Hosen, deren ausverkaufte Konzerte immer den Charakter eines Heimspiels hatten. Für ausverkaufte Konzerte hatte Jochen Meschkes Team den Künstlern regelmäßig einen sogenannten „Sold Out Award“ der Westfalenhalle übergeben. Für die Toten Hosen hatte man sich in 2012 etwas Besonderes ausgedacht. Die Bandmitglieder und ihr Manager bekamen eine Collage überreicht, welche die enge Verbindung der Düsseldorfer Band zur Westfalenhalle zeigte. Für Jochen Meschke immer noch ein Gänsehautmoment, wenn er daran denkt, dass Sänger Campino bei der Übergabe der Collage das Lied „He’s a Jolly Good Fellow“ anstimmte und ihm dann die anderen Bandmitglieder folgten.
Denkwürdige und bittere Momente
Natürlich wurden in Jochen Meschkes Präsentation und vor allem in seinem Buch noch viele weitere musikalische Highlights behandelt. Dazu gehören auch denkwürdige Momente wie die Begegnung mit der Sängerin Marie Fredriksson der schwedischen Band Roxette. Genesen von einer schweren Hirn-OP trat Roxette nach jahrelanger Pause in 2009 im Rahmen der „Nokia Night Of The Proms“ auf. Die gesundheitlich immer noch schwer angeschlagene Marie wurde mit einem Fahrstuhl auf die Bühne gefahren und vom Publikum begeistert gefeiert. Ergreifend die Situation, als Marie nach dem Konzert im Backstage-Bereich Freudentränen vergoss. Die Liebe und Euphorie der Fans hatte sie vollkommen überwältigt.
Auch auf einen schwarzen Tag in der Chronik der Westfalenhallen ging Jochen Meschke ein. Im Frühsommer 1996 fand in der Westfalenhalle die YOU, die größte europäische Jugendmesse statt. Die Bundeswehr verloste Hubschrauber-Rundflüge und der Absturz eines Hubschraubers forderte 13 Todesopfer. Der weitere Verlauf der Jugendmesse wurde umgehend abgesagt und alle akzeptierten diese Entscheidung. Das Gefühl tiefer Trauer war stärker als der Wunsch nach Unterhaltung und Musik.
Ein ganz besonderer Auftritt, war das Konzert von Marius Müller Westernhagen im Dezember 1989. Zum Abschluss stimmte Westernhagen, nur noch von einem Piano begleitet, seine Hymne „Freiheit“ an. Ebenfalls ein absoluter Gänsehautmoment als die komplette Halle mitsang: „Freiheit, Freiheit. Ist das einzige was zählt“. Die friedlichen Demonstrationen in der DDR hatten vor Monaten begonnen, Westernhagens Lied wurde zu einem Symbol der Wiedervereinigung Deutschlands.
Neben den musikalischen Highlights aus mehreren Jahrzehnten berichtete Jochen Meschke auch über aktuellere Entwicklungen im Eventgeschäft. Die Westfalenhalle, die in den ersten Jahrzehnten die größte Halle Europas war, ist durch moderne neu erbaute Eventarenen zunehmendem Konkurrenzdruck ausgesetzt. Aber die Westfalenhalle hat diese Herausforderungen angenommen. Modernisierungsmaßnahmen und Kapazitätserweiterungen, wie z.B. der Abriss der nicht mehr benutzten Radrennbahn und, die Gewinnung neuer Partner und Sponsoren haben sich positiv ausgewirkt. Die Westfalenhalle hat bei der Vergabe von Standorten für Konzerte/Events auch weiterhin ein gewichtiges Wort mitzureden.
Die Deutsche Bundesbahn warb für ihre Leistungen Anfang der 90er Jahre mit dem Slogan „Unternehmen Zukunft“. Ob der Slogan für die Bahn immer noch zutreffend ist, sei dahingestellt. Für die Westfalenhalle gilt er zu 100 %.
Die Leitung der Westfalenhalle – viel mehr als nur ein Job
Man merkt Jochen Meschke an, dass die Leitung der Westfalenhalle über viele Jahre für ihn viel mehr als nur ein „Job“ gewesen ist. In seiner Präsentation und in seinem Buch – das neben den Konzerten auch andere Events wie Sportveranstaltungen, Fernsehshows, Public Viewings, Opernaufführungen, Festivals und Messen behandelt – stecken jede Menge Herzblut und Liebe zu seinem ehemaligen Arbeitsplatz. Und auch in seinem verdienten Ruhestand wird der Kontakt nicht abreißen. Jochen Meschke wird seine Präsentation, oder besser gesagt, seine Show mit erneuter musikalischer Untermalung zwei weitere Male demnächst im Wilhelm-Hansmann-Haus (24.11. – bereits ausverkauft) und am 25.11. um 19:30 Uhr in der Deusenkirche vorstellen.
Das Buch „Eine Liebe in Westfalen“ von Jochen Meschke ist zum Preis von 16,90 € in der Mengeder Buchhandlung Am Amtshaus erhältlich.