„100 Jahre und 12 Monate.“
„Ich werde 100 Jahre alt“ sang einst Johannes Heesters. Er starb schließlich im gesegneten Alter von 108 Jahren. Ob Gerhard Schönfisch aus Mengede sich Ähnliches wie der legendäre Schauspieler und Sänger vorgenommen hat, ist nicht bekannt. Am vergangenen Samstag – 21.10. – wurde er 101 Jahre alt, oder, wie er den zahlreichen Gratulanten gegenüber immer wieder betonte: „100 Jahre und 12 Monate.“
Bereits im Laufe des Vormittags bekam er die ersten Gratulationen, u.a. vom Seniorenpark Mengede, wo er seit Mai dieses Jahres untergebracht ist und vom inzwischen in den Ruhestand getretenen evangelischen Pfarrer Gerd Springer, mit dem er über die Gemeindearbeit verbunden war. Schönfisch war 25 Jahre Presbyter in der damaligen evangelischen Remigius Gemeinde. Während dieser Zeit hat er kaum einen sonntäglichen Gottesdienst verpasst und bei seinem Rundgang durch die Reihen stets für einen gut gefüllten Klingelbeutel gesorgt. Am Nachmittag überbrachte der stellvertretende Bezirksbürgermeister Holger Martens im Namen des Oberbürgermeisters die Glückwünsche der Stadt Dortmund mit einem Gratulationsschreiben und einem stattlichen Blumenstrauß. Letzter schien den Jubilar allerdings nicht besonders zu erfreuen: „Ich habe doch schon zu meinem 100sten gesagt, dass ich lieber Franzbranntwein zum Einreiben meiner schmerzenden Glieder hätte.“
Auf ganz taube Ohren scheint dieser Wunsch allerdings nicht gestoßen zu sein, denn Tochter Iris bestätigte, dass sich im Laufe der Zeit schon ein beachtlicher Vorrat dieses Wundermittels angesammelt hätte.
Der Rest des Samstagnachmittags gehörte der Familie, die sich bei Kaffee und Kuchen im festlich dekorierten kleinen Saal des Seniorenparks versammelt hatte.
Mit Kindern, Enkeln, deren Partner und Partnerinnen und auch Urenkeln war der Raum gut gefüllt, wenn auch Familienmitglieder wegen des Wetters an der Küste festhingen. Trotz der altersbedingten gesundheitlichen Einschränkungen wirkte der Jubilar erstaunlich frisch, konnte die Gratulierenden richtig einordnen, griff auch schon mal in die Festtagsregie ein und wünschte allen einen guten Appetit bei Kaffee und Kuchen. Auch unterschwellige Kritik fehlte nicht: „Jetzt ist der Kaffee richtig heiß, die erste Tasse war viel zu kalt.“ Bei den zwischendurch immer eingehenden telefonischen Glückwünschen wusste er immer, wer dran war: „Ah, die Margret aus Düsseldorf.“ Nach jedem Telefongespräch bedankte er sich artig für den Anruf. Sein Statement auf die Frage „Wie geht’s?“ war stets: „Ich bin rundum zufrieden und mir geht es gut.“ Eine Beruhigung für die anwesenden Verwandten und sicher auch ein Lob für den Seniorenpark Mengede für Betreuung und Versorgung, denn auch für das Essen fand er lobende Worte. Hier ist er übrigens inzwischen der älteste Bewohner.
Dass der ehemalige Bahnbeamte Schönfisch so alt geworden ist, liegt seiner Meinung nach nicht an einer besonderen Lebensweise oder an geheimen Substanzen. Als gläubiger Christ hält er das für eine Fügung Gottes. Während des Krieges war er für den Einsatz in Stalingrad vorgesehen, doch dann wurde er überraschenderweise in einen anderen Einsatzort abkommandiert. Er überlebte den Krieg, doch nicht körperlich unversehrt. Ein Granatsplitter durchbohrte seinen Körper in der Beckengegend, siebenmal wurde er operiert, das Bein blieb steif. Trotzdem konnte er als Bundesbahner seinen Job am früheren Mengeder Bahnhof ausfüllen. Inzwischen kann er als Pensionär auf mehr als 40 Jahre Ruhestand zurückblicken. Mit Blick in die Zukunft meint er: „Wie lange ich noch lebe, das bestimmt ein anderer.“