Beides wohnt nebenan
Von Peter Grohmann
Der alte Krieg und der neue Krieg
Der Hass und die Zuversicht
dass bessre Zeiten kommen
Beides wohnt in unserer Stadt
Beides wohnt in deinem Haus
Der alte Krieg und der neue
Der alte Krieg
den wir vergessen haben und der neue
den wir vergessen wollen
Beides wohnt nebenan
Die Sorglosigkeit und die Angst
Die Traurigkeit und das Lachen
Die guten Nachrichten und die schlechten
vom neuen Krieg
der sich auf den Weg macht,
der sich nicht einhegen lässt
wie die Schafherde im Schwarzwald
Der neue Krieg hat keinen Wachhund
keinen Stacheldraht
der die Wölfe abhält
Der neue Krieg hat es nicht weit
nach Möhringen und Vaihingen
Der nebenan wohnt
Eucom und Africom
Die Soldaten der Angst sind unterwegs
Bellizisten und Pazifisten
im gleichen Boot
Hier spricht man deutsch.
Im Trommelfeuer der Fake News
wohnen Lüge und Wahrheit
Sie schlafen im gleichen Bett
Den jüdischen Kindern
ist nicht zu raten,
sich auf unseren Straßen
mit der Kippa zu zeigen
Ins Meer, ins Meer
Die Kinder in Gaza in den Hungerlagern und
grenzwärts gleich nebenan
in den Schößen der Mütter
in den Armen der Väter
kennen den Sound Of Silence
nicht
Brücken müßt‘ man bauen
zu den Nachbarn nebenan
Die offene Tür und das offene Wort
Das offene Wort,
das nicht übelgenommen wird
wenn es anders klingt
Bücher müßte man lesen
wie’s zum besseren Leben kommen könnt‘
wie’s gewendet werden kann,
Zuhören müßte man lernen
und widersprechen
Freunde werden wir haben
und mit ihnen bei allem Unbill,
bei allen Gemeinheiten,
die ein Mensch
dem anderen zufügen kann,
wieder leben lernen
Vielleicht in Demut
Mit schweren Träumen in der Nacht
wie sie mich heimsuchen dieser Tage,
wenn ich an die
Bombennächte denke
wie ein Kind in Tel Aviv, in Gaza
Wir leben.
Doch bedenkt
es gibt kein gutes Leben ohne Solidarität.
Es gibt kein gutes Dasein
ohne Gerechtigkeit.
Es gibt kein Leben ohne Trauer
Also handelt. Und wisst
Es taugt kein Leben ohne Heiterkeit