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Reinhard Alff – Selbstporträt

dem Dortmunder Cartoonisten Reinhard Alff

Reinhard Alff, im Jahr 1951 geboren, lebt in Dortmund. Er hat eine vielseitige Berufslaufbahn durchlaufen, die vom Starkstromelektriker über Grafiker bis hin zum Redakteur und Zeichner reicht. Seit 1985 ist er als Zeichner selbstständig tätig. Seine Karikaturen und Cartoons wurden in verschiedenen Periodika veröffentlicht, und er hat auch mehrere Cartoonbücher herausgebracht. Darüber hinaus arbeitet er mit Agenturen zusammen, um Werbung, Webseiten, Software, Animationen und Präsentationen zu gestalten. 

Mit MIT arbeitet er seit Anfang des Jahres zusammen. Wöchentlich präsentiert er eine Zeichnung zu aktuellen gesellschaftlichen Themen unter der Rubrik „Cartoon des Tages“.

Das folgende Interview wurde von Gabriele Goßmann* geführt.

Was hat Sie dazu bewegt, Cartoon-Zeichner zu werden?
Ich wurde dazu motiviert, Cartoon-Zeichner zu werden, da ich schon immer gerne gezeichnet habe, angefangen von meinen Schulzeiten, als ich gerne etwas an die Tafel gemalt habe. Meine eigentliche Karriere begann in der Grafikbranche auf Anlernbasis, bevor ich mich selbstständig gemacht habe. Außerdem habe ich Seminare gehalten und Modelle im Bereich Innenarchitektur entwickelt. 

Welche Themen inspirieren Sie am meisten, wenn Sie Cartoons zeichnen?
Bei der Themenauswahl meiner Cartoons lasse ich mich vor allem von der Wirtschaft und dem sozialen Arbeitsfeld inspirieren. Zusätzlich greife ich gerne aktuelle Themen wie den Klimawandel und den Umgang mit künstlicher Intelligenz auf.

Wie würden Sie Ihren individuellen Stil als Cartoonist beschreiben?
Mein individueller Stil ist geprägt von meinem typischen „Alff-Stil“ 😄, den ich im Laufe der Zeit entwickelt habe. Ein einzigartiges Merkmal meiner Cartoons ist, dass ich ursprünglich aus dem Comicbereich komme, was sich auch in meinen Werken widerspiegelt, da sie trotz ihrer reduzierten Form auf ein einziges Bild trotzdem eine Geschichte erzählen.

Wie finden Sie neue Cartoon-Ideen?
Die Ideen finden immer mich – nicht ich sie. Oft lasse ich mich von meinem Umfeld inspirieren, auch gerne von meinem Enkelkind. Sobald die Ideen da sind, muss ich sie sofort aufschreiben, bevor sie sich wieder verflüchtigen. Falls die Ideen ihren Weg doch mal nicht zu mir finden, kann ich mich bestimmter Grundmustern bedienen, die ich routiniert zu Papier bringen kann. 

Haben Sie eine bestimmte Herangehensweise bei der Entwicklung von Ideen?
Meine Herangehensweise variiert je nach Situation: Wenn ich künstlerische Gestaltungsfreiheit habe, folge ich einfach einer Eingebung und arbeite diese weiter aus.
Für Auftragsarbeiten mit festen Abgabeterminen hingegen strukturiere ich meine Arbeitsweise, um die Deadlines einzuhalten. Dabei ist es mir wichtig, ausgeruht an die Sache heranzugehen und mich ins Thema vertiefen zu können, indem ich mich bewusst fokussiere. Ich schalte alle technischen Geräte um mich herum aus, um einen freien Kopf zu bekommen – und dann probiere ich einfach aus und lasse erst mal alle Ideen zu.

Welche Botschaft möchten Sie mit Ihren Cartoons vermitteln?
Mit meinen Cartoons möchte ich keine bestimmte Botschaft predigen und belehren, sondern vielmehr zum Nachdenken anregen. Es handelt sich stets um meine persönliche Sichtweise, die ich vermittle. Meine Zeichnungen sollen dazu ermutigen, nicht alles als gegeben hinzunehmen und alle Aussagen einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Auch lange existierende Gewissheiten können von mir auch schon mal komplett über den Haufen geworfen und neu gedacht werden, abgesehen von meinen Grundprinzipien, denen ich treu bleibe, z.B. meiner Abneigung gegen Gewalt.

Gibt es unter Ihren bisherigen Cartoon-Zeichnungen eine Arbeit, auf die Sie besonders stolz sind?
Es gibt bisher einige, die ich richtig gut finde. Aber es kann auch der umgekehrte Fall vorkommen: dass ich Cartoons, die mir einst gefallen haben, später doch nicht mehr gut finde, weil sich meine Ansicht inzwischen geändert hat. 

Gibt es Cartoons oder Cartoonisten, die Sie beeinflusst haben? Wenn ja, welche?
Im Laufe der Jahre haben sich meine Einflüsse und Vorbilder als Cartoonist verändert. Dennoch gibt es fünf Favoriten, die meine Arbeit geprägt haben. Zu ihnen gehören der Franzose Honoré Daumier, der mich vor allem durch seinen Humor in seinen satirischen Karikaturen und seinen Mut, soziale Missstände kritisch zu kommentieren, beeindruckt hat. Auch die graphischen Kompositionen des Elsässers Tomi Ungerer bewundere ich, denn sie haben einen unverkennbaren, oft provokanten und kontroversen Stil. Ebenso sind mir die präzisen politischen Darstellungen des Österreichers Horst Haitzinger im Gedächtnis geblieben. Der deutsche Karikaturist Klaus Stuttmann besitzt die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte prägnant auf den Punkt zu bringen. Und nicht zu vergessen sind zudem die Illustrationen des US-Amerikaners Robert Crumb, dessen beeindruckende Werke im Zuge der Underground-Comics-Bewegung der 60er Jahre entstanden.

Wie hat sich Ihre Arbeit als Cartoonist im Laufe der Zeit entwickelt?
Meine Arbeit als Cartoonist hat sich mit der Zeit stark weiterentwickelt. Damals bin ich 100 Prozent analog angefangen und habe meine Arbeiten per Post verschickt, was umständlich und auch nervig war. Peu à peu kam dann die Digitalisierung, die eine „irre“ Beschleunigung mit sich brachte. Doch auch wenn ich schon lange Tools wie Photoshop verwende, zeichne ich die Skizzen und Vorformen nach wie vor nur auf Papier. Das macht meinen Stil aus und geht bei mir genauso schnell wie bei anderen auf dem Tablet

Wie sehen Sie die Zukunft des Cartoonzeichnens? Möchten Sie Trends und Entwicklungen wie KI künftig für Ihre Arbeit nutzen?
Ich benutze keine KI, denn sie ist weder intelligent noch witzig. Sie holt sich immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner und produziert dadurch nur Standard, wodurch die persönliche Kreativität verloren geht.
Auch wenn sie beim Comiczeichnen womöglich Zeit sparen würde, schafft sie es nach wie vor nicht, individuelle Körperhaltungen zu kreieren.
Das Problem ist aber nicht die KI an sich, sondern die Leute, die sich gegenseitig beklauen, vor allem in den sozialen Medien. Das finde ich furchtbar! Sie stehlen Ideen und Stil – auch von mir wurden schon Ideen geklaut. Irgendwann wird die Situation unüberschaubar.

Gibt es konkrete Pläne oder Projekte für die Zukunft?
Zu meinen nächsten Projekten gehört eine Einzelausstellung in Hessen (was zugegebenermaßen für Mengeder leider nicht um die Ecke liegt) sowie die Teilnahme an weiteren Cartoon-Lesungen hier in der Region, die sich als beliebtes, kurzweiliges Format etabliert haben und mir die Möglichkeit bieten, meine Arbeiten zu präsentieren und über verschiedene Themen zu diskutieren.

*Gabriele Goßmann hat vor einiger Zeit zum Team der Buchhandlung am Amtshaus in Mengede gehört. Sie absolvierte dort eine Ausbildung als Buchhändlerin. Vorher hat sie studiert und das Studium mit einem Masterabschluss in Germanistik und Geschichte erfolgreich beendet. Vor gut drei Jahren ist ihr lesenswertes erstes Buch erschienen, das wir auf MIT am 1.2.20 ausführlich besprochen haben. Das Erstlingswerk Biblio Berry hat sie unter dem Pseudonym Valentina Wunderlich veröffentlicht. (K.N.)

MENGEDE:InTakt! hat Reinhard Alff gebeten, den (aktualisierten) Fragebogen von Marcel Proust** auszufüllen. Hier ist das Ergebnis: 

Ihr Motto/ Leitspruch?
Schwierig. Hätte ich einen Leitspruch, müsste ich mich daran halten. Ganz schwierig.
Ihr Hauptcharakterzug?
Geduld
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Zaubern
Was verabscheuen Sie am meisten?
Hass, Dummheit und besonders: Die Kombination von Beiden
Ihr Interesse an Politik?
Grosses Interesse
Glauben Sie, Gott sei eine Erfindung des Menschen?
Ich denke ja.
Welche Erfindung bewundern Sie am meisten?
Das Fahrrad
Mit wem möchten Sie an einer Hotelbar ein Glas Wein trinken und dabei worüber reden?
Mit Pinoccio
3 Dinge, die Sie mit auf eine einsame Insel nehmen würden?
Papier, Stift und Handy
Sommer oder Winter?
Eindeutig: Sommer
Ihre Hobbies?
Hobby hört sich nach etwas an, das man tut, wenn einem langweilig ist.
Wenn mich was interessiert tu ich es einfach.
Film oder Buch?
Buch
Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
Irgendein Tatort. Bin aber dabei eingeschlafen.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Das glückliche Geheimnis von Arno Geiger
Ihre Lieblingsmusik?
Aktuell Barockmusik. Höre aber auch begeistert alle anderen Stile.
Ihre Lieblingsblume?
Die Pfingstrose
Ihr Lieblingstier?
Der Fisch
Essen & Trinken hält Leib und Seele zusammen – auch bei Ihnen? Wenn ja, was ist es?
Ist bei mir auch so. Eigentlich finde ich alles lecker. Vorausgesetzt es ist gut gekocht. Mit frischen Produkten, regional, saisonal. Trinken ? am liebsten Wein.
 ** Der Fragebogen von Marcel Proust
Was denken und fühlen bekannte Zeitgenossen? Diese Fragen faszinierten die Menschen schon immer. Vorbild für diese Fragen ist der wohl bekannteste Fragebogen, der den Namen des französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871-1922) trägt. Dieser hat ihn aber nicht entworfen, sondern nur ausgefüllt, das heisst, genau genommen sogar zweimal: Einmal als 13-jähriger auf einer Geburtstagsparty. Dann im Alter von etwa 20 Jahren einen ähnlichen Fragebogen, dem er selber den Titel «Marcel Proust par lui-même» («Marcel Proust über sich selbst») gab. Berühmt wurden die Fragen durch Publikationen z. B. in der FAZ.
MENGEDE:InTakt! hat den Fragebogen etwas aktualisiert.