„Landwirtschaft ist auch Wirtschaft“
Von Cawi Schmälter
Die 26. Sitzung der Bezirksvertretung Mengede am 24. April 2024 begann nach dem üblichen Eröffnungs-Procedere durch Bezirksbürgermeister Axel Kunstmann mit der Einwohnerfragestunde, in der die Politikerinnen und Politiker sich gleich mit Themen befassen mussten, die ihnen wohl auch selbst schon lange auf den Nägeln brannten. Da war es zunächst das SPD-Urgestein Werner Locker, der eine weitere erwartbare Verkehrsbelastung ankündigte, die durch eine Neubaumaßnahme der Logistik-Firma Hillwood im Dortmund angrenzenden Brambauer – somit auf Lüner Stadtgebiet – entstehen wird.
Bei den von ihm kalkulierten bis zu 800 täglichen Fahrzeugbewegungen, darunter viele LKW-Touren, sei das vorhandene Straßennetz überfordert. Darüber hinaus bestehe durch die Sperrung der Schwieringhausener Kanalbrücke bereits jetzt schon ein Hindernis, dass umständliche Umleitungen unvermeidlich machen.
Jörg Sandmeier, der Vertreter der Oestricher Siedlergemeinschaft Langenacker/Am Kreuzloh, war der Zweite, der die Einwohnerfragestunde nutzte, um sich „Luft zu machen“. Seine Fragen nach Verhinderung von 24/7, d.h. Wirtschaftsbetrieb rund um die Uhr, zukünftige Lärmbelastung „nervtötendes Gepiepe bei Rangierfahrten“, „einzurichtende Messtellen für Feinstaub“ oder „gibt es Straßenquerungen für Behinderte und Fußgänger“ blieben unbeantwortet und es verstärkte sich der Eindruck, dass seine Befürchtungen und Forderungen, gerichtet an den anwesenden Städt. Beigeordneten Arnulf Rybicki und die Vertreter der für die Erschließung und Verkehrsplanung im Gewerbe- und Industriegebiet Mg116 verantwortlichen Firmen (hierzu nachfolgend mehr) nur wenig Resonanz auslösten.
Mit einer Präsentation übernahm der für die Ingenieur-Gesellschaft „Brilon Bondzio Weiser“ zuständige Teamleiter Frederic Krawinkel die weiteren Ausführungen. Baubeginn, so Krawinkel sei das 3. Quartal 2024 und er sei sicher, dass im 1. Quartal 2026 die Verkehrsanlagen (zwei Fahrspuren mit Grünstreifen und 4 Meter breitem Fuß- und Radweg) fertiggestellt seien. Beginnen werde man im Norden des Gebietes mit dem Ausbau der Anbindung der Straße „Im Dahl“ an die Nierhausstraße. Hierzu die Forderung von Jürgen Utecht (Bündnis 90/Die Grünen), man möge nicht nur die Kreuzung, sondern auch die Straße „Im Dahl“ im hinteren Bereich herstellen.
Bei den Zufahrten zur Autobahn im südlichen B-Plan-Bereich werde man zweispurig abbiegen können, sodass eine bessere Verkehrssituation als zurzeit erwartbar sei. Letzteres blieb in der Runde jedoch nicht unwidersprochen. SPD-Fraktionssprecherin Sylvia Dettke riet dem Referenten, er solle nicht seinen Simulationen blind vertrauen, sondern sich die tägliche Stausituation in der Örtlichkeit ansehen. Auch CDU-Fraktionssprecher Andreas Flur blies ins gleiche Horn: „Ich stehe hier jeden Tag im Stau!“ Dass die Autobahnzufahrt auf halber Strecke nur noch einspurig geführt werden soll, mochte auch BV-Bürgermeister Kunstmann nicht einsehen. Damit sei ein Rückstau vorprogrammiert.
Erregte Zwischenrufe aus dem Kreis der anwesenden Bürgerinnen und Bürger musste Stadtrat Rybicki hinnehmen für seine Aussage, eine verkehrswidrige Durchfahrt von LKW für den Bereich des Langenacker sei nicht zu verhindern. Trotz eindeutiger Beschilderung gebe es immer wieder Verkehrsverstöße, die nur durch konsequente Kontrollen zu unterbinden seien.
Die danach folgenden Tagesordnungspunkte wurden in zumeist übergreifender Harmonie der Bezirksvertretung abgewickelt. Ein möglicher Zaun zwecks Verhinderung von Hundehaufen vor der Kindertagesstätte Breisenbachstraße wurde wegen der möglichen Verletzungsgefährdung der Kinder, einstimmig abgelehnt. Ebenso die Aufstellung eines Bauwagens als Lesesalon für die Verwendung durch die TEK Speckestraße. Geschätzt 15.000 € hierfür war den Damen und Herren der BV offensichtlich zu hoch. Spendabel zeigte man sich hingegen bei den Anträgen des Heimatvereins, der Firma KRAFTWERK und der Gaststätte „Im schönen Wiesengrund“ für die Unterstützung bei der Beschaffung eines Defibrillators.
Nur mit einigen Bauchschmerzen über die Parteigrenzen hinweg kam man der erbetenen Empfehlung nach, als es darum ging, einer Änderung der Stellplatzsatzung zugunsten des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zuzustimmen. Hier soll zukünftig lediglich ein Faktor 0,7 Stellplätze pro Wohnung gefordert werden.
Einstimmig abgelehnt wurde dann aber die unter dem nichtssagenden Titel in der Tagesordnung eingestellte „Wirtschaftsflächenstrategie“. Hier ging es darum, anzuerkennen, dass jährlich ca. 13 Hektar Baufläche im Dortmunder Stadtgebiet erforderlich sind, um den Anforderungen der Wirtschaft gerecht werden zu können (Anm.: vorrangig natürlich unberührte, bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen). Hierzu Isabella Knappmann (Bündnis 90/Die Grünen): „Landwirtschaft ist auch Wirtschaft!“
Friedrich Wilhelm Corzilius als Vertreter der Wirtschaftsförderung Dortmund benötigte schon einige „Nehmer-Qualitäten“, um die berechtigte Kritik an den Vorgaben auszuhalten. Er argumentierte, wie nicht anders zu erwarten, mit der Sicherung der Arbeitsplätze, die wegen nicht vorhandener Baugrundstücke wegfallen könnten. Hierzu eine kluge Anmerkung von Jürgen Utecht: „Wenn ein Betrieb wegzieht, gibt’s Platz für einen anderen!“