Heinrich-Heine-Gymnasium im Dialog mit der Ortspolitik
Von Cawi Schmälter
Oberstudienrätin Greicy Semerad vom HHG hatte zur politischen Fragerunde zur Europawahl eingeladen und die Parteien waren ihrer Einladung gefolgt. Mit Bezirksbürgermeister Axel Kunstmann (B90/Die Grünen), Holger Martens (CDU) und Bruno Wisbar (SPD) waren die Vertreter der Bezirksvertretung Mengede, darüber hinaus mit Alexandra Geese (B90/Die Grünen) sogar eine Abgeordnete im Europäischen Parlament und mit Emil Pieper (Die Partei) bereit, sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler zu stellen.
Nach einem Grußwort des stellvertretenden Schulleiters Ulrich Sprzagala übergab Studienrätin Sikora die Moderation des Treffens an die beiden 16jährigen Gymnasiastinnen Enisa Topal und Ceylin Sevik. Im Fortgang der von mehr als 100 MitschülerInnen – die meisten von ihnen Erstwählende – besuchten Veranstaltung im Pädagogischen Zentrum (PZ) machten die beiden Moderatorinnen von ihren wichtigsten Instrumenten, einer Stoppuhr und einer Glocke, Gebrauch, wenn die vorgegebene Redezeit von maximal 90 Sekunden überschritten wurde.
Zu folgenden Themen bat man um Stellungnahmen der Referenten:
- Wie motivieren die Parteien Erstwähler, genau sie zu wählen (Parteiprogramm)
- Welche konkreten Maßnahmen sollen Ihre Parteien hinsichtlich der Klima- und Umweltpolitik ergreifen?
- Wie steht Ihre Partei zum Ukraine-Russland-Konflikt und was wären Ihre Vorschläge zur Lösung des Konflikts? (Friedenssicherung)
- Welche Maßnahmen ergreift Ihre Partei, um Armut zu bekämpfen?
- Sollen andere Länder, wie zum Beispiel die Türkei, in die EU eintreten?
- Migration Fachkräfte
- Frage aus Schülerschaft: Thema Armut und Entwicklungshilfe (Radwege in Peru)
Um es vorwegzunehmen: Es machte Spaß, dem konstruktiven Gedankenaustausch zuzuhören. Und als Resonanz zum Ende der Veranstaltung, auf die Bitte unseres Bezirksbürgermeisters doch einmal aufzuzeigen, wer von den Schülerinnen und Schülern denn bei der Europawahl seine Stimme abgeben werde, gingen fast alle Arme in die Höhe.
Für Auflockerung sorgte Emil Pieper (mit seinen gerade einmal 21 Jahren kaum älter als die anwesenden Schülerinnen und Schüler), der für die Spaßpartei „Die Partei“ mit seinem öffentlichen Slogan: „Ich bin nichts! Ich kann nichts! Gebt mir ein Mandat!“ sich um einen Platz im EU-Parlament bewirbt. Für sein offensichtlich nicht ernst gemeintes Parteiziel („Kosten eines Döners nicht mehr als 3 Euro“) erhielt er den lautesten Beifall.
Angenehm zu erleben war das Bemühen der Akteure, trotz der natürlich differierenden Schwerpunkte in den Parteiprogrammen in grundsätzlichen Fragen zur Demokratie Einigkeit zu demonstrieren: „Wählt nicht links- bzw. rechtsextrem, aber geht zur Wahl! Entscheidet Euch für die Werte, auf die sich die Europäische Union gründet: Das sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.“ In diesem Zusammenhang, auch mit der Problematik der Aufnahme weiterer Länder in die EU, kritisierte Alexandra Geese das Verhalten Ungarns. „Mit dem Russlandfreund Viktor Orbán sitzt immer Putin mit am Tisch!“
So erwähnte Alexandra Geese die Anschläge auf Wahlkampfhelfern, so zuletzt auf den SPD-Politiker Matthias Ecke , der nach einem Überfall von 17-18jährigen Fanatikern mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus liege. In ihrer Partei habe man sich entschlossen, in Sachsen Plakatierungs-Aktionen nur noch in größeren Städten, nicht aber in abgelegenen Ortschaften vorzunehmen.
Zur Klimapolitik der CDU gab Holger Martens zu bedenken, dass Deutschland allein den Klimawandel nicht stemmen könne. Am Beispiel des Verbrennungsmotors erklärte er, dass dieser erst abzuschaffen sei, wenn die neue Technik vollständig eingeführt wäre. Axel Kunstmann sieht sich in der christlichen Verantwortung, alles dafür zu tun, um die Umwelt für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.
Nur schade, dass wegen des vorgegebenen Zeitlimits von 1,5 Stunden nur wenige spontane Fragen aus dem Forum behandelt werden konnten. Gerade der Diskurs zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bewegte viele der anwesenden Jugendlichen. Alexandra Geese: „Die Grünen, grundsätzlich Friedenspartei, waren geschockt durch den brutalen Überfall Russlands. Ukraine hat das Recht sich zu verteidigen. Ich war in Butcha und im Donbass. Wir müssen Frauenrechte und die Demokratie verteidigen.“
Auf die Frage eines Schülers, wie weit die Kriegstüchtigkeit gehe, antwortete Holger Martens: „Soviel tun, um in der Lage zu sein, Putin wegzuhalten.“ Und Axel Kunstmann ergänzte: „Europa muss Stärke zeigen, Krieg ist Scheiße, aber Deutschland muss sich wehrhaft machen!“
Es verfestigte sich der Eindruck, dass noch viele Fragen der anwesenden Jugendlichen offen blieben. Denn soviel scheint festzustehen: Zu den für notwendig erachteten Maßnahmen, wie die anzustrebende „Kriegstüchtigkeit“, existieren gerade bei den jungen Menschen große Ängste. Gehören sie doch zu den Ersten, deren Gesundheit, ja sogar Leben, der Sinnlosigkeit eines Krieges zum Opfer fiele. Die grausamen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen mahnen zur Besonnenheit.
Es scheint deshalb geboten, eine ähnliche Fragestunde im gleichen Rahmen, aber mit mehr Zeit, ausschließlich für dieses Thema, einzuplanen.
Fotos: Cawi Schmälter; zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!