Stark gefährdeter Flussregenpfeifer und Kleine Zangenlibelle an der Emscher entdeckt

Rund 700 Arten wurden am „Tag der lebendigen Emscher“ im Natur- und Wasser-Erlebnis-Park
in Castrop-Rauxel gezählt

Flora und Fauna in und an der Emscher unter der Lupe: Emschergenossenschaft und NABU NRW luden zum zweiten „Tag der lebendigen Emscher“ in den neuen Natur- und Wasser-Erlebnis-Park an der Stadtgrenze Castrop-Rauxel/Recklinghausen ein. Am letzten Juni-Wochenende untersuchten ForscherInnen die biologische Vielfalt der neuen Emscher-Aue, des Suderwicher Baches sowie des gesamten Parks. Die Auswertung zeigt nun Erfreuliches: Insgesamt wurden über 700 Arten kartiert. Darunter auch der stark gefährdete Flussregenpfeifer und die Kleine Zangenlibelle. Im vergangenen Jahr fand der Aktionstag erstmals statt, damals an der Emscher-Mündung in Dinslaken/Voerde.

Der vor rund einem Jahr eröffnete Natur- und Wasser-Erlebnis-Park bietet mit seinen neu geschaffenen Auen-Bereichen und gleich zwei renaturierten Gewässern – der Emscher und dem Suderwicher Bach – große Chancen für die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Fast 40 Forschende, unter anderem von der Emschergenossenschaft, den Biologischen Stationen, den NABU-Gruppen der Region, der Universität Duisburg-Essen, von NABU-Naturgucker sowie dem „Landesfischereiverband Westfalen und Lippe“ waren im Juni vor Ort. Von Samstagabend bis Sonntag – über eine Dauer von 24 Stunden – wurden sowohl tag- als auch nachtaktive Arten gesucht. BürgerInnen konnten die Ereignisse vom Park aus begleiten. Dazu stand ein reiches Angebot an Informations- und Mit-Mach-Möglichkeiten zur Verfügung, um sich über die biologische Vielfalt und die Natur- und Artenschutzarbeit der einzelnen Verbände und Institutionen zu informieren.

Die Emscher sowie der Suderwicher Bach waren vor dem Emscher-Umbau sogenannte „Köttelbecken“. In den als offene Schmutzwasserläufe genutzten Gewässern war ein Überleben von Tieren und Pflanzen kaum möglich. Seit 2021 ist das Emscher-System nun vom Abwasser befreit und die Emscher und ihre Nebengewässer werden ökologisch verbessert – mit dem „Tag der lebendigen Emscher“ erhält die Emschergenossenschaft erste Erkenntnisse über die Wiederbesiedlung der Flusslandschaft.

Verschiedenste Tier- und Pflanzenarten gehören zum Ökosystem am Fluss – egal ob Schmetterlinge, Libellen, Vögel, Amphibien, Säugetiere, Fische oder winziges Makrozoobenthos. Letztere sind wirbellose tierische Wasserorganismen, welche als Indikatoren für eine gute Gewässergüte stehen können. Insgesamt wurden rund 310 Pflanzenarten, über 270 Insektenarten, 51 Vögel, 35 wasserlebende Tiere (Fische & Makrozoobenthos) und etwa 30 Arten aus weiteren Artengruppen wie Amphibien, Spinnen, Schnecken und Säugetieren entdeckt. Besonders spannend waren die Beobachtungen des stark gefährdeten Flussregenpfeifers oder der Kleinen Zangenlibelle, einer vom Aussterben bedrohten Art in NRW. Beide Tiere nutzen die dynamischen Kies- und Sandbänke der naturnah umgestalteten Emscher.

Viele weitere an naturnahe Gewässer gebundene Arten, wie beispielsweise die Vögel Rohrammer, Eisvogel und Teichrohrsänger zeigen, dass sich die Natur an der Emscher erholt und der einst naturfremde Fluss wieder eine Lebensraumfunktion für Flora und Fauna trägt.
Die Artenfunde des diesjährigen Forschungsevents zeigen, dass sich entlang der Emscher unterschiedliche Auenlandschaften entwickeln – wiederum mit großem Potential für die regionale Biodiversität. Die vielfältigen und unterschiedlichen Lebensräume – von Bach- zu Flussauen, von Pionierstandorten zu Bereichen fortgeschrittener Vegetationsentwicklung – machen das zukünftige Beobachten der Gewässerentwicklung für die Emschergenossenschaft und ihre Kooperationspartner besonders spannend.
Auch nach dem Aktionswochenende zum „Tag der lebendigen Emscher“ können engagierte BürgerInnen ihre Tier- und Pflanzenentdeckungen mit den Forschenden des NABU und der Emschergenossenschaft teilen. Mit der App „NABU-Naturgucker.de“ können Spaziergänger*innen und Radfahrende eigene Artenerfassungen durchführen und die Daten so für weitere Auswertungen zur Verfügung stellen.

Kooperation zwischen NABU und Emschergenossenschaft
Umweltschutz, Biodiversität und Umgang mit den Folgen des Klimawandels sind Themen, die sich der Naturschutzbund NABU und Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) als große Verbände in NRW auf die Fahne geschrieben haben. Seit 2021 arbeiten die Emschergenossenschaft und der NABU NRW im Rahmen einer Kooperation gemeinsam an der Umsetzung dieser Themen. Neben Artenschutzmaßnahmen stehen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und wasserpolitische Themen im Fokus.
125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de
NABU feiert 125-jähriges Jubiläum
Mit mehr als 940.000 Mitgliedern und Fördernden ist der 1899 gegründete NABU der älteste und mitgliederstärkste Umweltverband Deutschlands. Der NABU engagiert sich für den Erhalt der Lebensraum- und Artenvielfalt, den Klimaschutz sowie die Nachhaltigkeit der Land-, Wald- und Wasserwirtschaft. Der NABU begeistert für die Natur und fördert naturkundliche Kenntnisse für ein aktives Naturerleben. http://www.NABU.de/wir-ueber-uns
Quelle: EGLV; Fotos © Bande für Gestaltung/EGLV