125 Jahre Emschergenossenschaft

HRB Emscher-Auen; © Rupert Oberhäuser/EGLV

Genossenschaftlicher Hochwasserschutz

Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Von der Geburtsstunde im Jahr 1899 an stand das genossenschaftliche Prinzip im Mittelpunkt des Handelns von Deutschlands erstem Wasserwirtschaftsverband – so auch beim Hochwasserschutz. Nicht in Stadtgrenzen, sondern ganzheitlich und regional betrachtet die Emschergenossenschaft den Schutz der Bevölkerung im Extremfall. Aus gutem Grund ist eine ganze Vielzahl von Hochwasserrückhaltebecken im Osten des Emscher-Gebietes in Dortmund angelegt worden. Wassermassen, die zum Beispiel im Starkregenfall nahe des Oberlaufes und der Quelle zurückgehalten werden können, gefährden erst gar nicht die Emscher-Anrainer in den Städten Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne, Herten, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Oberhausen und Dinslaken.

„Im Zuge des Klimawandels werden wir bereits in naher Zukunft immer häufiger wasserbezogene Extremwetterereignisse erleben, deren Folgen heute kaum abzusehen sind. Um die Region bestmöglich im Hochwasserfall zu schützen, haben wir unsere Vorkehrungen im Zusammenspiel mit den Kommunen und Privateigentümern in den vergangenen Jahren wesentlich optimiert. Einen 100-prozentigen technischen Hochwasserschutz wird es dennoch nie geben können“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. So spielte bei der naturnahen Umgestaltung der Emscher der Hochwasserschutz eine gewichtige Rolle, da die Emschergenossenschaft bereits früh die Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels erkannt und den Emscher-Umbau entsprechend an die neuen Herausforderungen angepasst hatte. Anders als noch 1991 geplant, entstanden im Zuge des Emscher-Umbaus anstatt 4,6 Millionen mehr als fünf Millionen Kubikmeter an zusätzlichem Retentionsraum zur Optimierung des Hochwasserschutzes im Emscher-Gebiet.

Die Lage der meisten Becken im Osten der Emscher-Region ermöglicht einen gemeinschaftlichen Schutz für die Region: Was in Quellnähe an Wasser zurückgehalten werden kann, kommt erst gar nicht an der Mündung an – kann also dort und auf dem Weg dahin nicht für Überflutungen sorgen. Von enormer Bedeutung ist das Hochwasserrückhaltebecken Emscher-Auen an der Stadtgrenze zwischen Dortmund und Castrop-Rauxel: Mit einem Fassungsvolumen von insgesamt 1,1 Millionen Kubikmeter kann die Anlage im Notfall den Inhalt von sieben Millionen Badewannen fassen und zurückstauen – und damit nicht nur die umliegenden Bereiche, sondern auch alle unterhalb von Dortmund liegenden Emscher-Städte vor Hochwasser schützen: Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne, Herten, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Oberhausen und Dinslaken.

Talsperre verhindert „Emscher-Welle“
Das größte Hochwasserrückhaltebecken der Emschergenossenschaft bildet ein Dreieck mit den Autobahnen 2 und 45 im Dortmunder Nordosten. Es ist 33 Hektar groß, das entspricht in etwa der Größe von 46 Fußballfeldern. Im Hochwasserfall wird die durch das Becken fließende Emscher über ein Drosselbauwerk zurückgestaut. Die Drossel funktioniert demnach wie eine Talsperre und verhindert, dass im Katastrophenfall eine „Emscher-Welle“ durch die Region schwappt.

„Die Emscher-Auen sind jedoch nicht die einzige Hochwasserschutzmaßnahme am Oberlauf der Emscher. Bereits vorgeschaltet sind zahlreiche weitere Anlagen auf Dortmunder und Holzwickeder Stadgebiet“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft. So entstanden im Zuge des Emscher-Umbaus zwei Becken in Holzwickede (Reuterstraße und Emscherpark) mit einem Volumen von insgesamt 12.350 Kubikmeter. Das Hochwasserrückhaltebecken an der Gartenstraße in Holzwickede wurde zudem von 20.000 auf 22.000 Kubikmeter erweitert. Ebenfalls vergrößert wurde das Rückhaltebecken an der Vieselerhofstraße in Dortmund-Aplerbeck: von 52.000 auf 53.900 Kubikmeter. Auch das Hochwasserrückhaltebecken Nagelpötchen in Dortmund-Schüren wurde erweitert – von 89.000 auf insgesamt 101.800 Kubikmeter.

Phoenix-See; © Markus Greulich/EGLV

Auch der Phoenix See ist ein Hochwasserrückhaltebecken
„Was die meisten vermutlich nicht wissen: Auch der Phoenix See in Dortmund-Hörde dient im Notfall als Hochwasserrückhaltebecken für die Emscher: Der See kann zusätzliche 235.000 Kubikmeter Wasser aufnehmen – bei Trockenwetter hat er ein Volumen von zirka 600.000 Kubikmeter“, sagt Obenaus.

Weitere Hochwasserrückhaltebecken befinden sich an den Nebenläufen der Emscher in Dortmund: Die Anlage „In der Meile“ entlastet den Oespeler Bach im Stadtteil Dortmund-Marten. Hier erweiterte die Emschergenossenschaft das Becken von 53.000 auf 58.000 Kubikmeter. Darüber hinaus erfuhr auch das Hochwasserrückhaltebecken am Schmechtingsbach eine Verbesserung von derzeit 125.000 auf 150.000 Kubikmeter Fassungsvermögen.

Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes hatte die Emschergenossenschaft in den vergangenen Jahren in Dortmund-Dorstfeld vorgenommen: Die Brücke „Am Mühlenberg“ wurde neugebaut und höhergesetzt, so dass die Emscher im Hochwasserfall problemlos abfließen kann. Zudem wurde die Böschung in diesem Bereich erhöht. Ebenfalls neugebaut wurde der zuvor enge Emscher-Durchlass an der Huckarder Straße: Auch dort hat die Emscher nun wesentlich mehr Platz zum Durchfließen.

HRB Ellinghausen; © Bande für Gestaltung/EGLV

Verbund-System in Dortmund
Ganz aktuell hat die Emschergenossenschaft den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Dortmund-Ellinghausen weitestgehend –­ bis auf wenige Restarbeiten – fertiggestellt. Für die neue Anlage auf einer Fläche von rund 27 Hektar – das entspricht in etwa der Größe von 38 Fußballfeldern – wurden zirka vier Meter tiefe Abgrabungen des Geländes vorgenommen. Die fertigen Becken bieten nun ein Fassungsvolumen von 530.000 Kubikmeter und wirken im Verbund mit den „Emscher-Auen“ in Mengede/Castrop-Rauxel. Die beiden Anlagen bilden ein gemeinsames System, das im Hochwasserfall ein Rückhaltevolumen von mehr als 1,6 Millionen Kubikmeter zur Verfügung stellt und somit wesentlich zur Hochwassersicherheit für die am Hauptlauf der Emscher liegenden Städte von Dortmund bis Dinslaken beiträgt.

Darüber hinaus betreibt die Emschergenossenschaft auch im mittleren und westlichen Emscher-Gebiet eine Vielzahl an Hochwasserschutzanlagen, insbesondere an den Nebenläufen – wie zum Beispiel das Hochwasserrückhaltebecken Essen-Jahnstraße am Borbecker Mühlenbach. Bei der Auengestaltung an der Emscher, etwa in Oberhausen, spielt der Aspekt Hochwasserschutz ebenfalls eine gewichtige Rolle: Zirka 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser, das entspricht dem Inhalt von zehn Millionen Badewannen, können sich künftig im Bereich der neuen Emscher in Oberhausen-Holten ausbreiten.

Technischer Hochwasserschutz in Zahlen
Der technische Hochwasserschutz bei der Emschergenossenschaft besteht aus 117 Kilometern an Deichanlagen (davon 60 Kilometer am Emscher-Hauptlauf), 180 Pumpwerken und 23 Hochwasserrückhaltebecken. Darüber hinaus betreibt die Emschergenossenschaft, unter anderem für die Mitgliedskommunen, eine Vielzahl weiterer Pumpwerke.

125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen.

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Quelle: EGLV