Zugleich richtet die Stadt Dortmund vier Schulstraßen ein, die zu bestimmten Zeiten nicht befahren werden dürfen. Das Pilotprojekt für mehr Sicherheit auf Schulwegen ist zunächst auf bis zu zwölf Monate befristet.
„Die aktuell 23.738 Kinder in unseren 88 Grundschulen in Dortmund sind keine ‚Mitläufer‘ im Straßenverkehr. Sie brauchen besondere Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme. Da sind alle gefordert – die Stadtverwaltung, die Polizei und alle Dortmunderinnen und Dortmunder“, sagt Oberbürgermeister Thomas Westphal. „Auf ihren vom motorisierten Verkehr dominierten Schulwegen sind die Kinder ohne ABS oder andere Sicherheitssysteme unterwegs. Wir müssen unsere Kinder im Verkehr schulen und schützen – das ist uns ein dringendes Anliegen. Und das kann gelingen, wenn wirklich alle dabei mithelfen,“ ergänzt Polizeipräsident Gregor Lange. Beide besuchten am Dienstag (13. August) die Jugendverkehrsschule der Stadt Dortmund im Fredenbaumpark.
Erst mit 10 Jahren können Kinder den Verkehr realistisch einschätzen
Kinder im Grundschulalter nehmen gleichberechtigt am Straßenverkehr teil, können aber Geschwindigkeiten, Abstände und Situationen noch nicht richtig einschätzen. Erst ab etwa zehn Jahren sind sie in der Lage, Situationen besser und richtig bewerten zu können. Das setzt voraus, dass sie zuvor das richtige Verhalten an Ampeln, großen Kreuzungen, Haltestellen, Zebrastreifen und anderen Orten erlernen konnten.
Eine Auswertung der Dortmunder Polizei von Schulwegunfällen und Unfällen in der Freizeit von Kindern ergab, dass Schulkinder an Bushaltestellen und an Sichthindernissen besonderen Gefahren ausgesetzt sind: Immer dann, wenn sie vor und hinter haltenden Bussen oder nicht vorhersehbar zwischen geparkten Autos die Straße überqueren, steigt das Unfallrisiko.
Kraftfahrzeuge dominieren den Verkehrsraum
Hinzu kommt, dass Autos, Lkw und andere Motorfahrzeuge immer mehr Raum einnehmen: Die Zahl der Kraftfahrzeugzulassungen in Dortmund ist in den vergangenen Jahren auf 376.910 gestiegen (Stand: 30.6.2024). „Es sind diese Kraftfahrzeuge, zwischen denen Kinder sich durchsetzen und sichtbar machen müssen. Wenn wir Erwachsene die Perspektive von Kindern einnehmen, wird deutlich, vor welch großen Herausforderungen sie im Straßenverkehr stehen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Westphal.
An Bushaltestellen fällt ebenfalls auf, dass Autofahrer die Situationen im Schülerverkehr falsch einschätzen und ihr Tempo nicht anpassen. An Haltestellen mit einem roten Dreieck und bei eingeschaltetem Warnblinklicht am Bus gilt Schrittgeschwindigkeit für Autos – auch im Gegenverkehr. Ein mit Warnblinklicht an die Haltestelle heranfahrender Bus darf nicht überholt werden. Die Polizei und die Stadt Dortmund fordern zu besonderer Vorsicht an Bus- und Stadtbahnhaltestellen auf.
Verkehrserziehung mit vielen Projekten
Um Kinder fit für den Verkehr zu machen, setzen Stadt, Polizei und DSW21 die ÖPNV-Trainings mit Schulklassen weiter fort. Neu ist das Bushaltestellen-Training für 400 Kinder aus der Nordstadt, die täglich mit Schulbussen zu Schulen in den Dortmunder Außenbezirken fahren und wieder zurück. Dafür hat das Tiefbauamt der Stadt Dortmund in der Jugendverkehrsschule im Fredenbaum eine „Lern-Bushaltestelle“ eingerichtet, an der die Kinder üben können – persönlich und multimedial. In Dortmund sind täglich rund 30.000 Schülerinnen und Schüler mit Bussen und Bahn unterwegs. DSW21 fährt 1.956 Haltestellen im Stadtgebiet an. Hinzu kommen die Schulbushaltestellen vor Schulen.
Wenn Kinder auf Schulwegen verunglücken, dann häufig in der Nähe ihrer Schule. Polizeipräsident Gregor Lange appelliert deshalb an Eltern: „Passen Sie da bitte besonders gut auf. Damit die Schulwege möglichst sicher sind: Fahren Sie Ihre Kinder nicht mit dem Auto bis vor die Schule. Ein Kind lernt nichts über den Straßenverkehr, wenn es im Auto sitzt.“ Bei ihren Kontrollen auf Schulwegen und an Elternabenden wird die Polizei deshalb wiederholt auch das „Elterntaxi“ ansprechen.
Wichtig sind dem Polizeipräsidenten auch Respekt und Rücksichtnahme gegenüber den jungen ungeschützten Verkehrsteilnehmern: „Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Viertklässler mit ihren Schulen und der Polizei für das Radfahren üben für den Fahrrad-Führerschein üben und Autofahrer dafür nicht bremsen oder ohne den vorgeschriebenen Abstand überholen.“ Polizei und Schulen bildeten im Schuljahr 2023/2024 rund 5.500 Viertklässler am Fahrrad aus.
Polizei und Ordnungsamt verstärken die Kontrollen
Polizei und Ordnungsamt werden in den kommenden Wochen verstärkt auf Schulwegen den Verkehr überwachen – gerade jetzt zum Start des neuen Schuljahres. Bezogen auf den ruhenden Verkehr liegt das Hauptaugenmerk auf der Kontrolle von Geh-, Rad- und Fußgängerüberwegen sowie von Halteverboten, Bushaltestellen, Kreuzungen und Einmündungen im Einzugsbereich von Kindergärten und Schulen. Gegen Falschparkende wird die Verkehrsüberwachung konsequent vorgehen. Die Kontrollen starten bereits um 6:30 Uhr, um frühzeitig im Umfeld von Schulen, aber auch Kitas auf Verstöße reagieren zu können.
Schulstraßen als Pilotprojekt zu den Bring- und Abholzeiten
Für mehr Sicherheit auf Schulwegen wird die Stadt außerdem vier Schulstraßen einrichten – ein Pilotprojekt. Dabei werden Straßen in der Nähe von Schulen während der Hauptbring- und Abholzeiten für den motorisierten Verkehr gesperrt. Basis dafür ist ein entsprechender Erlass des Landesministeriums NRW.
Nach eingehender Prüfung und im Austausch mit den Beteiligten haben das Tiefbauamt und das Schulverwaltungsamt vereinbart, als Pilotprojekt an drei Grundschulen und einer Förderschule vier Schulstraßen einzurichten.
Der Verkehrsversuch soll maximal ein Jahr laufen. Voraussetzung für die Schulen war unter anderem eine vorherige Teilnahme an dem schulischen Mobilitätsmanagementprojekt „So läuft das“, an dem bereits 20 Grundschulen teilgenommen haben.
Außerdem werden an den Schulen dort, wo es noch keine gibt, Hol- und Bring-Zonen eingerichtet. Dort können Eltern halten, um ihre Kinder aus dem Auto austeigen zu lassen, damit diese den sicheren Restschulweg eigenständig und zu Fuß zurücklegen. Die Schulstraßen werden durch Beschilderung und Markierung kenntlich gemacht. Die Polizei wird die Einhaltung des Einfahrverbots kontrollieren. Die Schulstraßen sollen den Hol- und Bringverkehr verdrängen, Verhaltensänderungen bei Eltern und Schüler*innen bewirken und die eigenständige Mobilität von Schüler*innen fördern.
Folgende vier Schulen wurden für das Pilotprojekt ausgewählt:
Freiligrath Grundschule, Uranusstraße 50, 44388 Dortmund
Schüleranzahl: 221
Sperrung der Uranusstraße, Abschnitt Provinzialstraße bis Neptunstraße
Sperrzeit: 7:30 bis 8:00 Uhr
Hol- und Bringzone an der Provinzialstraße 357 und 360 wird kurzfristig eingerichtet
Ostenberg Grundschule, An der Margarethenkapelle 5, 44227 Dortmund
Schüleranzahl: 295
Sperrung der Straße An der Margarethenkapelle
Sperrzeit: 14:45 bis 16:15 Uhr
Hol- und Bringzone An der Palmweide ggü. Schönaustraße vorhanden
Kerschensteiner Grundschule, Joseph-Cremer-Straße 25, 44141 Dortmund
Schüleranzahl: 315
Sperrung der Strohnstraße
Sperrzeit: 7:30 bis 8:00 Uhr
Hol- und Bringzone ggü. Rathenaustraße 39-41 vorhanden
Förderschule Max-Wittmann-Schule, Oberevinger Straße 155, 44339 Dortmund
Schüleranzahl: 430
Sperrung der Oberevinger Straße, Abschnitt Rotbuchenweg bis Derner Straße (Zufahrt für Schülerspezialverkehr erlaubt)
Sperrzeit: Montag bis Freitag für eine halbe Stunde nach Unterrichtschluss
So sieht eine Schulstraße aus
Die Schulstraßen werden durch Beschilderung und Markierung kenntlich gemacht. Die Beschilderung der Schulstraßen erfolgt jeweils mit folgenden Zeichen:
- Verkehrszeichen 260 – Verbot für Kraftfahrzeuge
- Zusatzzeichen 1042-38 – werktags außer samstags
- Zusatzzeichen 1040-30 – zeitliche Beschränkung
- Zusatzzeichen 1012-50 – Schule
An der Margarethenkapelle wird im Einfahrtsbereich das Gefahrzeichen 136 „Kinder“ als Fahrbahnpiktogramm neu markiert. An den anderen Schulstraßen ist das Gefahrzeichen 136 „Kinder“ bereits als Verkehrszeichen vorhanden.
Projekt wird wissenschaftlich begleitet
Das Pilotprojekt an der Ostenberg Grundschule und an der Freiligrath Grundschule wird zudem wissenschaftlich durch zwei Masterarbeiten von Studentinnen der TU Dortmund begleitet. Diese betrachten die Situation an den Schulen vor und nach der Einrichtung der Schulstraßen.
Die Pilotphase erstreckt sich voraussichtlich über 6 Monate, maximal bis zu einem Jahr. Danach werden die Ergebnisse ausgewertet und bewertet, um die weiteren Schritte der Stadtverwaltung festzulegen.
Bustraining für Schüler*innen von Polizei und Stadt
Ergänzend startet ab diesem Schuljahr das neue Kompetenztraining in der Jugendverkehrsschule Dortmund im Fredenbaum in Zusammenarbeit mit der Polizei Dortmund. Das neue Bustraining ist ein Angebot für Grundschüler*innen der Dortmunder Nordstadt, die mit Schulbussen zu ihrer Schule gelangen. Mit Hilfe von Bildern und Symbolen sollen die Kinder möglichst spielerisch lernen, wie sie sich sicher und verantwortungsbewusst im Schulbus oder öffentlichen Verkehrsmitteln verhalten. Rund 400 Nordstadt-Kinder könnten vom Bushaltestellen-Training in der Jugendverkehrsschule profitieren und für die Realität üben.
Jugendverkehrsschule – gute Dienste seit 65 Jahren
Die Jugendverkehrsschule im Fredenbaum wurde 1959 ins Leben gerufen, um Kinder und Jugendliche sicher auf den Straßenverkehr vorzubereiten. Nach umfangreicher Sanierung durch das Tiefbauamt wurde sie im November 2022 wiedereröffnet und bietet Kindern und Jugendlichen mit Unterstützung der Deutschen Verkehrswacht Dortmund e.V. und des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Dortmund e.V.) Verkehrserziehung.
Verkehrserziehung mit Kindern und Jugendlichen
Die Bezirksdienste der Polizeiwachen in Dortmund führen Kinder im Vorschulalter mit dem Bordstein-Training an den Straßenverkehr heran.
Im vergangenen Schuljahr sahen 13.852 Kinder und 2276 Erwachsene die vier Stücke der Verkehrspuppenbühne der Polizei im Westfalenpark.
Am Crash Kurs NRW im Fritz-Henßler-Haus nehmen pro Schuljahr mehr als 5.000 Jugendliche und junge Erwachsene teil.