Von Suppe und anderen Erinnerungen: Fatma Özay macht die Geschichte von Gastarbeiter*innen künstlerisch sichtbar

Die Ausstellung „FATMA ÖZAY. Erinnerungstexturen“ ist im Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu sehen

Die Dortmunder Künstlerin Fatma Özay setzt sich künstlerisch mit dem Leben von Gastarbeiter*innen auseinander – und damit auch mit ihrer eigenen Familie. Ihre erste Ausstellung „Erinnerungstexturen“ läuft ab dem 29. August im STADT_RAUM im MKK.

Die Künstlerin Fatma Özay erzählt in ihren großformatigen Bildern auch die Geschichte ihrer eigenen Familie.
© Stadt Dortmund / Silke Hempel

Das Bild es riesig, es zeigt zwei Frauen, die Essen zubereiten, dahinter farbige Teppiche wie auf einer Wäscheleine. Dieses Bild von Fatma Özay im STADT_RAUM im MKK beschreibt vieles, was ihr wichtig ist – für ihr Leben und ihre Arbeit als Künstlerin. Die beiden Frauen sind ihre Großmutter in deren Heimatstadt Kütahya in der Türkei und Özays Schwester. Die beiden bereiten die Tarhana-Suppe zu. „Diese Suppe hat für mich einen emotionalen Wert, ich trinke sie, seit ich Kind bin.“ Gleichzeitig sind traditionelle Speisen und farbenfrohe Teppiche ein wiederkehrendes Element in ihren Werken. Denn Özays Kunst beschäftigt sich mit Gastarbeiterinnen und dem Alltag der Musliminnen in Deutschland. Sie selbst lebt hier in der dritten Generation. Die 31-jährige Fatma Özay ist in Dortmund geboren und die erste in ihrer Familie, die studieren konnte. Sie unterrichtet heute an einer Dortmunder Gesamtschule.

Özay erzählt Geschichte der eigenen Familie

Fatma Özay thematisiert die Diaspora, den steinigen Weg der Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen. Dabei erzählt sie auch die Geschichte ihrer eigenen Familie. Es gibt Bilder, auf denen sie selbst als kleines Kind mit ihrer Mutter zu sehen ist. Die Gesichter nur stilisiert, ein Foto diente als Grundlage. Sie verbindet verschiedene künstlerische Elemente, Texturen und Medien – wie etwa Fotografien – mit der Acrylmalerei. Ein wiederkehrendes Motiv ist für sie dabei der Teppich, der eng mit der Kultur verbunden ist, außerdem geht es immer wieder um die Kultur des Essens und Speisen.

STADT_RAUM als Ort für Aktuelles und Dialoge

Die Ausstellung im STADT_RAUM im MKK ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin. Sie war selbst überrascht, wie schnell und reibungslos die Organsiation geklappt hat. Den ersten Kontakt zum Museum hat sie im Mai aufgenommen. „Das ist genau die Idee hinter dem STADT_RAUM, die Aktualität von Themen zu zeigen und in den Dialog zu gehen“, freut sich Museumsdirektor Dr. Jens Stöcker.  Für Claudia Wagner vom STADT_RAUM schließt sich mit der Ausstellung außerdem der Kreis zur Ausstellung „Ankommen. 13 Frauen vom Borsigplatz erzählen“ aus dem vergangenen Jahr. Da wurden die Porträts von Gastarbeiterinnen gezeigt, „und jetzt beschäftigt sich eine Künstlerin der dritten Generation künstlerisch mit dem Thema. Das freut uns sehr“.

Im Begleitprogramm wird Suppe gekocht

Im Begleitprogramm gibt es viele Veranstaltungen, in denen zum Thema Gastarbeiter*innen und Migrant*innen diskutiert und gearbeitet werden kann. Auch Fatma  Özay mischt dabei mit. Sie hat selbst schon als pädagogische Kraft im Bildungsprogramm von Museen mitgearbeitet. Im Workshop „Suppe, Brot und andere Lieblingsspeisen“ am Samstag, 14. September, bringt sie zum Beispiel ihre eigene Tarhana-Suppe mit. Sie kocht sie übrigens mit ihrer Mutter.

Zwei Generationen auf einem Bild: Fatma Özay und das Bild ihrer Großmutter und Schwester beim Bereiten einer traditionellen Suppe.
© Stadt Dortmund / Silke Hempel

Infos und Hintergrund zur Person

Fatma Özay (31) hat in Essen Deutsch, Geschichte und Kunst auf Lehramt studiert. Mit einem Hintergrund in der Kunstpädagogik hat sie schon während ihres Studiums an zahlreichen Projekten zur kulturellen Bildung teilgenommen. In Museen hat sie Workshops und weitere Angebote, insbesondere für Kinder, Jugendliche und Familien konzipiert und geleitet. Ihre Leidenschaft für die Arbeit im schulischen und musealen Bereich betrachtet sie als eine wertvolle Ergänzung ihrer künstlerischen Tätigkeit. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin wird sie ihre freie künstlerische Tätigkeit auch weiter vorantreiben.

Die Ausstellung „FATMA ÖZAY. Erinnerungstexturen“ im Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK), Hansastraße 3, 44137 Dortmund, wird am Mittwoch, 28. August, 18 Uhr, eröffnet und ist bis zum 13. Oktober zu sehen.

Detaillierte Informationen zum Programm:

www.dortmund.de/stadtraum

www.instagram.com/stadt_raum_mkk

Rahmenprogramm:

ArtLab x Fatma Özay am Mittwoch, 11. September, 18 bis 21 Uhr. Für Erwachsene, 3 Euro pro Person. Bitte anmelden unter: info.mkk@stadtdo.de oder Tel. 0231 50-2 60 28

Am Mittwoch, 11. September, trifft Fatma Özays Kunst auf das beliebte Format des ArtLab MKK. Hier gibt es Gelegenheit, ein eigenes Lieblingsrezept zu gestalten. Unter fachkundiger Anleitung von Jennifer Braun lernen die Teilnehmer*innen verschiedene Gestaltungsansätze kennen und experimentieren mit Textilfarben und Typografien. Alle ArtLab-Teilnehmer*innen sind auch herzlich eingeladen, drei Tage später, am 14. September (16–19 Uhr), ihr gestaltetes Rezept zu präsentieren, wenn unter dem Titel „Suppe, Brot und andere Lieblingsspeisen“ ein Artist Talk mit Fatma Özay und anschließendem Erzählcafé stattfindet.

 

Suppe, Brot und andere Lieblingsspeisen am Samstag, 14. September, 16 bis 19 Uhr

Artist Talk & Erzählcafé. Eintritt frei. Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Anmeldung bis Mittwoch, 11. September an info.mkk@stadtdo.de oder Tel. 0231 50-2 60 28.

Im Werk von Fatma Özay sind Speisen von besonderer Bedeutung. Was es damit auf sich hat, ist bei der Veranstaltung „Suppe, Brot und andere Lieblingsspeisen. Artist Talk und Erzählcafé“ (14. September, 16 bis 19 Uhr) zu erfahren. In einem Artist Talk gibt Fatma Özay zunächst einen Einblick in ihre künstlerische Praxis, bevor anschließend gemeinsam mitgebrachte Lieblingsspeisen gegessen, sich ausgetauscht und neue Kontakte geknüpft werden.

Die Teilnehmer*innen sind herzlich eingeladen, ihre persönlichen Lieblingsspeisen mitzubringen. Diese sollten überwiegend kalt zu genießen sein, da es nur begrenzte Möglichkeiten gibt, Speisen aufzuwärmen. In gemütlicher Runde werden anschließend Geschichten und Erinnerungen rund um die Themen Essen und Lieblingsspeisen geteilt. Erwartet wird ein unterhaltsamer Nachmittag mit Köstlichkeiten und anregenden Gesprächen!

Zur besseren Planung ist eine verbindliche Anmeldung zum Artist Talk und zum Erzählcafé bis Mittwoch, 11. September erforderlich unter: info.mkk@stadtdo de. Bitte bei der Anmeldung auch mitteilen, ob eigene und wenn ja, welche Lieblingsspeisen mitgebracht werden.

 

Künstler*innen-Führung am Samstag, 21. September, 17:30 und 18:30 Uhr

Besuch nur mit Ticket der DEW21-Museumsnacht möglich! Während der DEW21-Museumsnacht führt Fatma Özay Familien (17:30 Uhr) und Erwachsene (18:30 Uhr) durch die Ausstellung.

 

Collagen-Workshop mit Fatma Özay am Sonntag, 6. Oktober, 14–16 Uhr

Für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren. Eintritt frei. Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Verbindliche Anmeldung bis Montag, 30. September an info.mkk@stadtdo.de oder Tel. 0231 50-2 60 28.

Fotografien, die Menschen darstellen, bilden häufig den Ausgangspunkt für die Werke von Fatma Özay. Auch in diesem Workshop, den die Dortmunder Künstlerin persönlich leitet, wird mit Bilddokumenten gearbeitet, die übermalt und mit Papiermustern gefüllt werden, sodass Collagen entstehen. Der Workshop richtet sich insbesondere an Erwachsene mit Kindern ab 6 Jahren.

 

Esra Canpalat: „Schreiben heißt auch immer, sich zu widersetzen“ am Sonntag, 13. Oktober, 15 Uhr. Lesung und Gespräch, Eintritt frei

Zur Finissage der Ausstellung „FATMA ÖZAY. Erinnerungstexturen“ ist Esra Canpalat am Sonntag, 13. Oktober, zu Besuch im STADT_RAUM. Die Autorin und Literaturwissenschaftlerin aus dem Ruhrgebiet liest aus eigenen Texten. Sie thematisiert die Verantwortung der ersten Generation der sogenannten Gastarbeiter*innen für die folgenden Generationen, das Verwehren jeglicher Romantisierung von Migration. Im Mittelpunkt stehen eine Hausfrau sowie eine Arbeiterin und Künstlerin.

Esra Canpalat studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Aus einer antirassistischen, transkulturellen und feministischen Position heraus schreibt sie Erzählungen, Essays, wissenschaftliche Artikel und kulturvermittelnde Texte. Sie interessiert sich für Autofiktion, Dokumentation und Erinnern. Canpalat ist Preisträgerin des Förderpreises Ruhr 2021 und wurde im Literaturwettbewerb „60 Jahre Migration aus der Türkei – Neue Hoffnungen“ ausgezeichnet. Derzeit arbeitet sie an einem Romanprojekt über postmigrantische Erinnerung und intergenerationelle Traumata. Ihre Kolumne „Vom Rande aus“ erscheint online bei interkultur.ruhr.

 

Quelle: Pressestelle der Stadt Dortmund