Das Kulturelle Erbe im 21. Jahrhundert
Hans- Ulrich Peuser begrüßte die gut 40 Teilnehmer. Nach einem kurzen Rückblick und den Hinweis auf anstehende Termine übergab er das Wort an die heutige Referentin.
Frau Prof. Dr. Barbara Welzel referierte über das „Kulturelle Erbe im 21. Jahrhundert“, ein äußerst komplexes und interessantes Thema. Dabei geht es um den Erhalt von Objekten und Orten mit radikal veränderten Funktionen, z.B. Schlösser und Burgen. Nach Verlust der Zusammenhänge (der ursprünglichen Kontexte) verbleibt oft nur eine „Ruine“, mit Glück ein Museum. Sie haben ihren Symbolcharakter verloren.
Wie kann dieses kulturelle Erbe weitergegeben, aber auch angenommen werden?
Ein gutes Beispiel, wie es sein könnte, ist das Wasserschloss Bodelschwingh. Seit 1302 ist es im Familienbesitz, die es auch heute noch bewohnt. Durch Veranstaltungen wie „Gartenflair“, den „Weihnachtsmarkt“ und die Möglichkeit von Führungen ist es im Rahmen auch der Öffentlichkeit zugänglich. Hier sieht man gelebte „Ortsgeschichte“. Früher gehörte das Dorf zum Schloss, heute gehört das Schloss zum Dorf.
Gerade Nordrhein-Westfalen mit dem Ruhrgebiet hat sich mit seinen vielen Industriedenkmälern beispielhaft verhalten. Hier wurden prägende Bauten, die im Rahmen der Umstrukturierung ihre ursprünglichen Aufgaben verloren haben, zu Industriedenkmäler umfunktioniert. Völlig außer Gebrauch repräsentieren sie eine abgeschlossene Epoche (Kohle / Stahl / Bier) und wurden zu „Reservaten der Sehnsucht“. Sie haben Ausstattungen aus mehreren Zeiten ohne Museen zu sein.
Ob die Zeche Zollverein, die Kokerei Hansa, die Zeche Zollern oder das Dortmunder „U“, alle bieten der Bevölkerung vielfältige Aktionen und Veranstaltungen mit eigenem „Flair“ und werden gut angenommen.
Bei den Sakralbauten ist die Situation nicht nur anders, sondern auch komplizierter.
Der erste gravierende Einschnitt war die Säkularisierung (1803). Stifte und Klöster wurden aufgehoben und enteignet. Mönche und Nonnen mussten gehen. Kunstgegenstände, Ausstattung und Bibliotheken wurden verkauft, die Gebäude anderen Nutzungen zugeführt oder abgerissen. Das Baumaterial (Granitsteine) wurde für andere Bauvorhaben verwendet (z.B. Festung Ehrenbreistein / Albertkanal).
Aber auch Kirchen und andere Gebäude wurden abgerissen (Marienkirche Dortmund 1830), bevor 1843 erstmals preußische Landeskonservatoren (von Quast / Schinkel) eingesetzt wurden. Die preußische Denkmalpflege wurde dann 1870 konsolidiert.
Heute obliegt der Denkmalschutz den Bundesländern, wobei das Gesetz für Nordrhein-Westfalen erst seit dem 1.Juli 1980 in Kraft trat.
Steht ein Gebäude nicht unter Denkmalschutz, kommt es auch heute noch zu „überraschenden“ plötzlichen Abrissarbeiten wie beim Lutherturm mit den Hoesch- Glocken in der Nordstadt.
Eine andere Art der Säkularisierung ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen keinen Bezug mehr zu Kirche und Religion haben und aus den Kirchen austreten. Die vorhandenen Sakralbauten sind für die verbliebenen Gläubigen zu groß. Durch die geringeren Kirchensteuereinnahmen sehen sich Kirchen außerstande diese zu unterhalten, es fehlt das Geld. Aus diesen Gründen werden immer mehr Kirchen (und andere Gebäude) entwidmet und zum Verkauf angeboten, Immobilienmanagement. Rund 20.000 Kirchen werden abgewickelt.
Auch das ist ein Verlust des kulturellen Erbes.
Aus einer historisch begründeten Verantwortung sollten Kirchen doch eine Teilhabe für alle bieten. Sie sind Treffpunkte, Pilgerstätten und Gemeinschaftsorte. Das „Kirchturmdenken“ sollte überdacht werden, eine Nutzungserweiterung wäre eine Alternative.
Es heißt doch: Jedes Dorf, jede Gemeinde, jeder Stadtteil hat seine eigene Kirche !!
Und hier wird die Initiative Kirchenmanifest aktiv. Sie veranstaltet eine öffentliche Vorlesungsreihe mit Musikvorführungen in der Stadtkirche St. Reinoldi, ist aber auch in anderen Stadtkirchen aktiv.
Unter www.kirchenmanifest.de gibt es unter der Überschrift „Kirchen sind Gemeingüter“ viele interessante Informationen und Terminhinweise. Mit seiner Unterschrift kann man die Initiative unterstützen.
Unter der Überschrift „Kirchen als Vierte Orte“ gibt es ebenfalls Impulse und Anregungen über die Zukunft von nicht mehr liturgisch genutzten Kirchen / Räumen.
Am Ende bedankte sich Hans- Ulrich Peuser bei der Referentin für den wirklich kurzweiligen und informativen Vortrag mit einer Amaryllis.
Bei einem leckeren Kaltgetränk und angeregten Unterhaltungen klang dann unser Stammtisch aus.