Stacheldraht am Weihnachtsbaum
Von Peter Grohmann
Unsere liebe Frau von Paris – Notre Dame – ist fünf Jahre nach dem Feuersturm wieder für’s Publikum freigegeben, nachdem Trump und Macron, die Prinzen und Priester das Weite gesucht haben. Führungen kosten 31 Euro, also nichts für Clochards. Beten ist umsonst.
Die Bauzeit verblüfft, und natürlich hat Geld keine Rolle gespielt. Das ist wie bei BER oder Stuttgart 21 – mit dem kleinen Unterschied, dass der Stuttgarter Bahnhof immer kaputter wird, je länger man daran herumschustert und noppert. Meine Omi Glimbzsch in Zittau weiß natürlich – man kann fliegen dürfen, ohne abzustürzen, wenn man zu Fuß geht. Sicher ist: Solche Projekte lohnen sich – für die Bauindustrie, und solche Gewinne macht man normalerweise nur vor, im und nach einem Krieg. Aber wir wissen auch: Wenn alle Bahnhöfe und Flughäfen kriegstüchtig gemacht werden, kostet das soviel wie drei Olympische Spiele.
Ob Sie glauben oder nicht: Trump hat in Paris geweint beim Anblick von soviel Bau- und Backwerk und Scheinheiligenschein, bevor er der Nato in den Tritt fasste: Bourgeoisie und Proletariat in einem Boot – das gibt es sonst nur in den Staaten. Der Chef von dat Janze, ein Teig knetender Turbolader, mag in der harten Kirchenbank einen kleinen Augenblick an Matthias gedacht haben, den Claudius Maximus – einer seiner angeblichen deutschen Vorfahren, und mitgesummt haben:
’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre, Und rede Du darein! ’s ist leider Krieg – und ich begehre, Nicht schuld daran zu sein!
Unterdessen freut sich alle Welt, dass die Vernunft in Syrien gesiegt hat: Endlich kann man wieder unbescholten abschieben. Bei Afghanistan, Irak oder Iran haben die Kirchen und Teile der Grünen ja noch rumgemeckert, doch nun jetzt haben die Boote freie Fahrt. Im Handgepäck noch bissel was von Menschenrechten – webbasierte Lösungen für die gesamte Gesellschaft. Empfehle Nachtfahrten im U-Boot – von wegen Frontex. Wenn was untergeht, wissen die europäischen Grenzschützer: Frauen und Kinder zuerst.
Falls Sie mal einen Yachturlaub machen sollten: Seenotsignale zeigen Ihre Seenot an. Es gibt Rauchsignale, Flaggensignale, Signalraketen, Lichtsignale, Schallzeichen, lautes Rufen und andere Notsignale. Wirksam ist allemal das Abfeuern einer mit rotem Lichtschein leicht erkennbaren Fallschirmleuchtrakete, das Zeigen einer Handfackel mit rotem Feuerschein oder das Abfeuern einer Rakete mit roten Sternen in kurzen Zwischenräumen.
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de