
Faulbehälter der Kläranlage Dortmund-Deusen
© Jochen Durchleuchter/EGLV
Ostereier oder Parfümflakons? Nein, es sind nur Faulbehälter!

Beleuchtete Faulbehälter Kläranlage Dortmund-Scharnhorst
© Frank Schultze/EGLV
Die zwei Deusener Faulbehälter haben zusammen ein Fassungsvermögen von 22.000 Kubikmeter – das sind 11.000 Kubikmeter pro „Ei“! Die Scharnhorster Faultürme fassen jeweils 4.000 Kubikmeter, insgesamt also 8.000 Kubikmeter. Wenn sie in der Dunkelheit blau (Deusen) bzw. grün (Scharnhorst) leuchten, erinnern die Faulbehälter ein bisschen an eine Raumschiffstation. Zu Ostern verwandelt sie sich wiederum in überdimensionale Ostereier. Und ist man mit seiner Nase nicht gerade auf einer Kläranlage, sondern ganz weit weg, könnte man glatt an ziemlich große Parfümflakons denken. Nun, Parfüm ist in diesen Behältern jedoch keineswegs zu finden, auch wenn dies das olfaktorische Erlebnis bestimmt wesentlich angenehmer gestalten könnte.
Doch warum sehen Faultürme überhaupt wie überdimensionierte Eier aus? Hauptsächlich wirtschaftliche Beweggründe führten zu der praktischen ovalen Form. Denn in Faultürmen wird der bei der Abwasserklärung gewonnene Klärschlamm erhitzt und umgewälzt, um den Faulprozess zu beschleunigen. Riesige Schraubenschaufler dienen dazu, eine Strömung von oben nach unten zu erzeugen.
Das gleiche Prinzip wie bei einer Kuchenschüssel
Und hier erwies sich die Ei-Form als günstig, da nur ein einziger Schaufler benötigt wird (in einem Faulbehälter mit flachem Grund oft mehrere). In der typischen Ei-Form konnte diese Umwälzung eine gleichmäßige Temperaturverteilung erzeugen und Ablagerungen des Schlammes vermieden werden. Ähnlich funktioniert dies übrigens im Alltag beim Umrühren eines Kuchenteigs in einer Schüssel – diese ist ja auch nicht eckig…
Die Ei-Form ist zudem unempfindlich gegen Rissbildung bei Bergsenkungen, wie sie in der Region früher häufiger vorkamen. So konnte man zum Teil sehr große und hohe Faultürme bauen, ohne sie tief in die Erde einlassen zu müssen. Neben der bereits genannten Einsparung von Maschinen wie dem Schaufler führte auch dies zu weiteren Kosteneinsparungen.
Nicht zu vergessen ist natürlich die Frage der Optik. In den 1950er-Jahren hatte man die technischen Möglichkeiten, Schalungen für solche Formen zu planen und erfolgreich einzusetzen und so kam die Ei-Form in Mode. Heute geht es bei der Formwahl beim Bau eines neuen Faulturms auch um die Abmilderung des doch recht massiven Eingriffs ins Landschaftsbild.
Hintergrund:
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der Ingenieur Dr. Karl Imhoff für die Emschergenossenschaft – dem bereits 1899 gegründeten Schwesterunternehmen des 1926 entstandenen Lippeverbandes – den so genannten „Emscherbrunnen“: ein lang gestrecktes Becken, durch welches das Schmutzwasser langsam floss und sich Schwebstoffe und Schlämme absetzen konnten und in einen unterhalb liegenden Schlammbrunnen gelangten. Er experimentierte sowohl mit einer zylindrischen Form mit flachem Boden als auch mit einer Ei-Form und befand beide für gut. Zunächst entschied man sich für die einfacher zu bauende zylindrische Form mit flachem Boden, bevor in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Ei-Form dazukam.
Emschergenossenschaft und Lippeverband
Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) sind öffentlich-rechtliche Wasserwirtschaftsunternehmen, die als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip leben. Die Aufgaben der 1899 gegründeten Emschergenossenschaft sind unter anderem die Unterhaltung der Emscher, die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie der Hochwasserschutz. Der 1926 gegründete Lippeverband bewirtschaftet das Flusseinzugsgebiet der Lippe im nördlichen Ruhrgebiet und baute unter anderem den Lippe-Zufluss Seseke naturnah um. Gemeinsam haben Emschergenossenschaft und Lippeverband rund 1.800 Beschäftigte und sind Deutschlands größter Abwasserentsorger und Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken (rund 782 Kilometer Wasserläufe, rund 1533 Kilometer Abwasserkanäle, 546 Pumpwerke und 59 Kläranlagen).