Es ist sogar eine doppelte Neuerung: „Der elfte Preis der Freunde des Museums Ostwall geht Fotograf*innen und erstmals an ein Duo, das hatten wir beides bislang noch nicht“, freut sich der Vorsitzende Benjamin Sieber. Bei der Verleihung am Sonntag wurde die Bar durch Katja Stuke und Oliver Sieber aktiviert: Sie schenkten japanische Getränke aus und servierten dazu viele Geschichten über ihre Foto-Reisen nach Japan. Nach dieser Performance geht die Bar in die MO_Sammlung über und ist Mittelpunkt der Ausstellung im MO_Schaufenster. Getränke gibt es hier jetzt nicht mehr, aber die ausgestellten Bücher können und sollen angefasst, beblättert und besprochen werden. Das ist ein wichtiger Teil der Arbeit der beiden.
Viele Inspirationen aus Japan und Verbindungen zum Fluxus
Zur ANT!FOTO BAR wurden Katja Stuke und Oliver Sieber unter anderem auf ihren Reisen durch Japan inspiriert. Dort lernte das Düsseldorfer Künstlerduo in der Kodoji Bar das Konzept der Themenbars kennen. Die Bar befindet sich in der Nähe einer Fotogalerie. Fotograf*innen hinterlassen dort zuweilen Bücher oder Fotos und regen so die Gäste zu Gesprächen an. „Unsere Erfahrung war, dass man da sofort ins Gespräch kommt mit den Leuten, weil alle wissen, man hat irgendwie mit Fotografie zu tun. Diese Bibliothek hilft, über Sprachbarrieren hinweg zu kommunizieren, indem man sich Bücher zeigt und sie zusammen anguckt“, sagt Katja Stuke. In ihrer eigenen Themenbar, einer Art Theke, voll mit Büchern aus ihrer eigenen Bibliothek, Fotomagazinen und Videos, geht es Stuke und Sieber vor allem um Fragen der Produktion und Reproduktion von Fotografie in digitalen und analogen Medien.
„ANT!FOTO ist eine Haltung. In Katja Stukes und Oliver Siebers Werk steht nicht der einzelne Fotoabzug im Fokus, sondern es geht ihnen um eine Neudefintion dessen, was Fotografie sein kann. Es geht um die Verbindung von Kunst und Leben, um Fotografie als Kommunikationsmedium, als soziale Praxis oder als interaktive Form der Auseinandersetzung“, erklärt MO-Sammlungsleiterin Dr. Nicole Grothe. Sie sieht darin auch eine Verbindung zur Fluxus-Bewegung, einem der Sammlungsschwerpunkte des Museum Ostwall. „Auch Fluxus hat unser Verständnis davon, was Kunst sein kann, radikal verändert“. Mit der Verwendung von Alltagsmaterialien und der Auseinandersetzung mit Alltagsthemen knüpft die ANT!FOTO Bar an die historische Fluxus-Bewegung an. Auch das Netzwerken und die Kollaboration mit anderen Künstler*innen ist ein wesentlicher Aspekt beider künstlerischer Ansätze.
ANT!FOTO BAR / SUMOSHI EDITION wird der Teil MO_Sammlung
Katja Stuke und Oliver Sieber beschäftigen sich seit 25 Jahren mit der Fotografie als Medium, aber auch mit den verschiedenen Möglichkeiten, Fotografie auszustellen, zu erforschen und zu publizieren. Die Installation „ANT!FOTO BAR / Sumiyoshi EDITION“ ist Teil des ANT!FOTO Universums und findet nun mit der Aufnahme in die MO_Sammlung ein neues Zuhause.
ANT!FOTO ist eine seit 2010 von Katja Stuke und Oliver Sieber veranstaltete Ausstellungs- und Veranstaltungsreihe an verschiedenen Orten. Im Mittelpunkt der Reihe steht der Austausch über verschiedene „Aggregatzustände“, das heißt Erscheinungsformen von Fotografie, zum Beispiel Fotobücher. Für die MO Sammlung wurde die ANT!FOTO BAR letztmals von Stuke/Sieber mit ausgewählten Büchern und anderen Exponaten bestückt, und zwar in der SUMIYOSHI EDITION, also mit Büchern und anderen Gegenständen, die das Duo auf seinen Japan-Reisen seit 2005 gesammelt hat.
Foto-Walks sind ein wichtiger Teil der Arbeit
Teil der Installation sind außerdem die Wandarbeiten Sumiyoshi: Norio Imai’s Walk (36-teilig, 2019/2024). Die Fotos entstanden im Rahmen eines größeren Projekts, das Psychogeographien von Städten untersucht, also untersucht, welchen Einfluss die architektonische oder geographische Umgebung auf Wahrnehmung und Verhalten der Menschen hat, besonders bei Großveranstaltungen wie EXPO oder Olympia. Norio Imai, der 1970 mit der Gruppe Gutai an der EXPO in Osaka beteiligt war, unternahm 1977 einen Walk durch den Stadtteil Sumiyoshi (Walking Event /Scene at the corner 1977).
42 Jahre später liefen Stuke und Sieber dieselbe Strecke und dokumentierten die Stadt aus heutiger Perspektive. „Gehen ist wie denken ohne Worte“, dieses Zitat der japanischen Schriftstellerin Yoko Tawada hat die beiden Fotograf*innen inspiriert. So haben sie mehrere Gänge durch Stadtviertel Osakas unternommen, bei denen sie zum Beispiel alle 200 Meter ein Foto in Gehrichtung gemacht haben. Zu sehen ist das in einem Buch in der Bar.
Die Geschichte der ANT!FOTO BAR wurde von Stuke/Sieber in einem eigens für die Ausstellung angefertigten Fotobuch dokumentiert, das auch eine Art Ausstellungskatalog ist. Es zeigt jedes kleine ausgestellte Teil der Bar, vom Kugelschreiber über die Kühlbox bis hin zu den Fotobüchern.
Die Ausstellung ANT!FOTO BAR / SUMIYOSHI EDITION ist im MO_Schaufenster vom 26. November bis 16. Februar 2025 zu sehen.