Neues Highlight für den Stadtbezirk: Das Mengeder-Kneipen-Kultur-Museum
Aufatmen bei der evangelischen Noah Gemeinde. Für das wahrscheinlich von der Schließung betroffene Gemeindehaus in Oestrich (wir berichteten) zeichnet sich eine attraktive Anschlussverwendung ab. Noch sind nicht alle Einzelheiten bekannt, doch die Pläne nehmen in diesen Tagen immer konkretere Formen an und sollen am kommenden Freitag im Oestricher Gemeindehaus vorgestellt werden.
Der Heimatverein Mengede plant im ehemaligen Gemeindehaus in Kooperation mit weiteren Trägern die Einrichtung eines „Mengeder-Kneipen-Kultur-Museums“ (MKKM). Heimatvereinsvorsitzende Vorsitzender Hans-Ulrich Peuser: “Die Idee stammt von unserem ehemaligen Vorsitzenden Paul Gausepohl, der es, wie viele von uns, bedauert, dass im Gebiet Mengede, Oestrich, Nette und Bodelschwingh seit Mitte der 70-er Jahre über dreißig Gaststätten endgültig geschlossen wurden. Ihnen wollen wir jetzt ein museales Denkmal setzen.“
Die Bedenken, dass dieses Projekt ein „Hauptstadtflughafen“ für den Heimatverein werden könnte, also dessen finanzielle Möglichkeiten überstrapazieren könnte, kann Peuser zerstreuen: „Wir kriegen die Immobilie für einen symbolischen Kaufpreis von 0,75 €, das ist exakt der Preis, den man früher für ein Glas Bier gezahlt hat. Die Kirchengemeinde ist froh, dass sie keine Folgekosten mehr hat und das Gebäude nicht abreißen muss, was ja in der heutigen Zeit nicht gerade billig ist.“
Und wie sieht es mit den Betriebskosten für das Museum aus? Peuser: „Wir konnten Kontakt zum Landschaftsverband Westfalen Lippe aufnehmen und diesen mit ins Boot holen. Der zuständigen Dezernent Dr. Hektor Litta ist der Meinung, dass die ehemalige Mengeder Kneipenkultur beispielhaft für das gesamt Ruhrgebiet ist.“ Der LWL verspricht sich Besuche aus der Region und vielleicht finden sogar Touristen aus dem gesamten Bundesgebiet oder dem Ausland sich schon bald in Oestrich ein.
Ein stattlicher Zuschuss aus dem Kulturfond des Landes NRW ist für die nächsten Jahre fest zugesagt. Die Sparkasse Dortmund und die Volksbank Nordwest geben Zuschüsse und haben langfristig Werbeflächen gemietet. Dann sind noch attraktive Veranstaltungen geplant, die ausreichend Einnahmen bringen werden: In Erinnerung an die ehemaligen Mengeder Diskotheken soll im vierwöchigen Rhythmus eine „Mini-Pam-Töff-Bonanza-Party“ mit den Hits der 60-er bis 80-er Jahre stattfinden, bei der die Original Vinyl-Platten auf analogen Plattenspielern abgespielt werden.
Der Heimatverein plant ein regelmäßiges „Rudelsingen“ mit alten Sauf- und Raufliedern. Dafür konnte bei Ebay günstig das seinerzeit von Willy Millowitsch herausgegebene und inzwischen vergriffene Buch der „Thekenlieder“ erworben werden. Zu den Veranstaltungen wird ein eigens von Braumeister Franny aus Groppenbruch gebrautes Bier serviert. Er konnte sich das Rezept des legendären „Pils 2000“ sichern, dessen Patentschutz durch ein Versehen der Radeberger Gruppe nicht verlängert wurde.
Und es gibt auch eine nichtalkoholische Nische. Hier werden Teile der früheren Milchbar im „Rabeneck“ originalgetreu nachgebaut. Die Patenschaft hierfür hat der Guttempler Orden übernommen, auch die Anonymen Alkoholiker werden hier regelmäßig Sitzungen abhalten.
Gesucht werden jetzt noch jede Menge Exponate. Da ist die Mengeder Bevölkerung gefragt. Wer noch alte Erinnerungsstücke wie Fotos, Bierdeckel, Gläser, Schilder, Barhocker usw. hat, könnte sie als Leihgabe zur Verfügung stellen.
Einige Raritäten sind auch schon vorhanden. So wurde im Keller unter der ehemaligen Gaststätte „Alt-Mengede“ noch eine Musikbox gefunden, in der ehemaligen Kegelbahn des „Heideröschens“ auf der Siegenstraße befinden sich noch die Kegelpuppen, die damals von den Kegeljungen per Hand aufgestellt werden mussten.
Karsten Wetekam, einer der Erben des Gasthauses Wiegand („Im Krug zum grünen Kranze“) hat noch eine alte Spiegelkugel aus dem Tanzsaal gefunden. Eine besondere Rarität ist ein Kalender aus dem Jahre 1984, in dem Wirtlegende Siegfried Buschmann ( genannt „Siggi“, Volksgarten, Heideröschen, Gildenstube) täglich seinen abendlichen Zustand eingetragen hat, von „leicht angeschickert“ über „besoffen“ bis „stinkbesoffen“.
Gesucht werden jetzt noch ehrenamtliche Museumsführer, die früher von Kneipe zu Kneipe gezogen sind, sich daher in der alten Szene auskennen und Anekdoten erzählen können. Weitere Anregungen zu Veranstaltungen und Ausstellung werden gern entgegengenommen. „Wir alle dürfen uns auf ein neues, interessantes Highlight bei uns freuen “ meint auch Michael Konrad vom Stadtbezirksmarketing. „Endlich kommt wieder Bewegung in das in den letzten Wochen leicht lahmende Projekt Nordwärts.“