Bombenfund auf dem Knepper-Gelände

Sofortiger Baustopp durch das Ordnungsamt

Von Cawi Schmälter

Bei jedem Antrag auf eine Baugenehmigung wird geprüft, ob ein Verdacht auf bisher unentdeckte Kampfmittel besteht. Insbesondere Flächen, die industriell genutzt werden, sind und waren Ziele der Angreifer und somit vielfach einer erhöhten Bombenlast ausgeliefert. Dass ausgerechnet die Nachbarn der Segro-Baustelle auf dem ehemaligen Gustav-Knepper-Kraftwerk-Areal von der Stadt Dortmund die Antwort erhielten, man gehe von keiner bedrohlichen Situation aus, wurde durch zwei Blindgängerfunde in den letzten Tagen ad absurdum geführt. Nun wurde spontan ein Baustopp verfügt. Sicher gibt es noch Ortskundige, die sich an die Endphase des 2. Weltkriegs mit dem Einmarsch und der Besatzung durch die Alliierten erinnern können. Uns liegen Lebenserinnerungen eines inzwischen verstorbenen Alt-Mengeders vor, der in einem Kapitel mit der Überschrift „Kriegsende in Mengede“ seine Erlebnisse als jugendliche Hilfskraft bei landwirtschaftlichen Arbeiten in unmittelbarer Nähe des Gustav-Knepper-Geländes beschrieben hatte:

Kriegsende in Mengede

Im nahen Waldgebiet „Grutholz“ – nahe Rauxel und Deininghausen – richteten sich die amerikanischen Soldaten am noch im Bau befindlichen Kraftwerk Gustav ein und bauten eine Stellung der schweren Artillerie auf. Von dieser Stelle aus bombardierten bzw. beschossen sie die Innenstadt von Dortmund. Die laut heulenden Geschosse überflogen Oestrich, Mengede, Nette, Westerfilde und Huckarde bei Tag und Nacht. Ihre Ziele, der Dortmunder Stadtkern und die in dessen Peripherie befindlichen deutschen Rüstungsbetriebe, wie zum Beispiel die Dortmunder Hütten-Union, wurden sturmreif geschossen. 

Dieses Vorhaben gelang den Amis gründlich. Das Bombardement dauerte ca. eine halbe Woche. Nach einer gehörigen Weile – Dortmund war nur noch ein Trümmerhaufen – rückten die Amis in die Dortmunder Innenstadt ein. Die schwere amerikanische Artillerie wurde aber alsbald abgezogen und weiter nach Osten – Richtung Berlin – verlegt. Wir mussten nicht mehr runter in den Keller bzw. in den Bunker oder in die „Steinhalde“‘ auf „Hansemann“.

 Eines Tages,- es muss etwa Mitte 1945 gewesen sein, vernahmen wir „Hiwis“ Explosions-Geräusche, die aus dem Grutholz kamen. Wir rannten in den Wald um nach dem Ort der Detonation Ausschau zu halten. Voller Schrecken stellten wir fest, dass Munition bzw. Blindgänger explodiert waren. Wir fanden auf und neben einem riesigen Haufen von liegengebliebener Munition drei Jungs mit schweren Verletzungen. In Wolldecken und Säcken transportierten wir die armen Kerle ins Freie. Einer hatte unter anderem beide Hände und Füße zerfetzt. Er starb noch im Wald, konnte aber noch ein wenig sprechen.

Die zwei anderen Jungs konnten wir retten. Sie erzählten uns, was passiert war: Sie hatten sogenannte Zündhütchen in Zündpatronen einschlagen wollen! 

Danach gingen wir wieder zum Rüben vereinzeln auf den Acker. Es dauerte noch eine gehörige Zeit, bis alle Munition und Blindgänger entsorgt waren. Wir, die wir im Wald arbeiteten bzw. aufräumten, machten unsere Pausen sitzend auf Bomben-Blindgängern, deren Zünder entfernt worden waren. Im wahrsten Sinne des Wortes ein „Bombenfrühstück“!

Es bleibt zu hoffen, dass nun eine sorgfältigere Sondierung des gesamten Baugebiets erfolgen wird, ehe die bereits begonnenen Arbeiten nach Beendigung des Baustopps wieder aufgenommen werden. Natürlich ist man sich bewusst, dass ein Restrisiko weiterhin bestehen bleibt. 

 

Fotos: C.S.