Vorhang auf für letzten Akt der Roßbach-Renaturierung

Vorhang auf für letzten Akt der Roßbach-Renaturierung

Vor 28 Jahren begannen die ersten Arbeiten am Roßbach-System – nun steht der finale Bauabschnitt des Generationenprojektes an. Emschergenossenschaft investiert 5,7 Millionen Euro in die Verbesserung des Hochwasserschutzes in Dortmund-Marten

Der renaturierte Roßbach
© Andreas Fritsche/EGLV

Die Renaturierung des Roßbachs und seiner Nebengewässer wurde in den vergangenen Jahren im Rahmen des Generationenprojektes Emscher-Umbau bereits nahezu vollständig abgeschlossen. Zur weiteren Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit des Roßbachs und des Hochwasserschutzes in Dortmund-Marten steht nun der finale Bauabschnitt an: Im Zuge dieser Maßnahme wird der Düker am Bärenbruch abgebrochen und durch einen Brückenneubau ersetzt. Dabei wird die derzeitige Straße Bärenbruch künftig rund 1,80 Meter höher liegen – bei Hochwasserereignissen können künftig mehr Wassermassen die Straße schadlos unterqueren, ein Rückstau wird vermieden. Den Startschuss für die Baumaßnahme feierte die Emschergenossenschaft am Montag (10.3.) gemeinsam mit der Stadt Dortmund. Dabei gab der Wasserwirtschaftsverband auch bekannt, dass er nach Beendigung der Baumaßnahme sein Gelände am Roßbach öffnet und somit für einen nahezu durchgängigen Rad- und Spazierweg von Dortmund-Marten bis Dortmund-Huckarde sorgt.

Die Renaturierung des Roßbachs
© Andreas Fritsche/EGLV

„Mit der Verbannung des Abwassers unter die Erde erledigte die Emschergenossenschaft bereits vor einigen Jahren die Pflicht: Aus einem offenen Schutzwasserlauf wurde zunächst ein sauberer Roßbach. Mit der Renaturierung der ehemals kanalisierten Trasse folgte die Kür – die grauen Betonsohlschalen wichen einer blaugrünen Naturidylle. Mit dem nun letzten Baustein werden nicht nur weitere Mehrwerte für Flora und Fauna geschaffen, sondern auch für den Menschen, denn der Hochwasserschutz wird noch einmal signifikant verbessert“, sagt Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal.

Kanalbauarbeiten am Roßbach
© Jochen Durchleuchter/EGLV

Der mehr als 70 Jahre alte Düker, der dem Roßbach die Unterquerung der Straße Bärenbruch ermöglicht, stellt im Hochwasserfall aufgrund seiner massiven Bauweise einen Engpass für das Gewässer dar. Da bedingt durch den fortschreitenden Klimawandel in Zukunft mit häufiger auftretenden Starkregenereignissen gerechnet werden muss, soll auch dieser Engpass am Bärenbruch beseitigt werden. Im gegenwärtigen Zustand verursacht der Düker zum Beispiel bei einem Hochwasser, das statistisch betrachtet nur einmal in 100 Jahren auftritt, einen Rückstau. Durch die nun startende Maßnahme der Emschergenossenschaft wird der Wasserspiegel vor der Unterquerung der Straße künftig um rund 20 Zentimeter gesenkt, was im Hochwasserfall einen größeren Durchfluss ermöglicht –die derzeitige Straße wird um zirka 1,80 Meter höher gelegt. Somit wird auch eine Verstopfung des Gewässerprofils gegenüber dem Düker vermieden, so dass an dieser Stelle der Hochwasserschutz deutlich verbessert wird.

Kanalbauarbeiten am Roßbach
© Jochen Durchleuchter/EGLV

Die Emschergenossenschaft wird den Hochwasserschutz auch während der gesamten Bauzeit sicherstellen. „Dafür wird zunächst das neue Brückenbauwerk erstellt, bevor der alte Düker demontiert wird. Darüber hinaus werden wir gewährleisten, dass die benachbarten Einsatzkräfte der Feuerwehr zu jeder Zeit den Roßbach überqueren können“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft. Da eine Vollsperrung der Straße Bärenbruch somit nicht in Frage kommt, wird der Brückenneubau in mehreren Bauphasen erfolgen. „Uns ist durchaus bewusst, dass diese komplexe Baumaßnahme im innerstädtischen Bereich eine enorme Beeinträchtigung für die Bürgerinnen und Bürger darstellt – sie bedeutet nach ihrer Fertigstellung aber auch eine ganz erhebliche Verbesserung des Hochwasserschutzes. Der Mehrwert überwiegt daher deutlich“, so Obenaus.

Zirka 5,7 Millionen Euro investiert die Emschergenossenschaft in den finalen Baustein der Roßbach-Renaturierung. Die Bauzeit beträgt rund drei Jahre. Maßgeblichen Einfluss auf die Bauzeit von 38 Monaten haben auch die Leitungsverlegungen der Versorgungsunternehmen, denn aufgrund der beengten Platzverhältnisse müssen die Brückenbauarbeiten zweimal für die Leitungsverlegungen – für insgesamt 25 Wochen – unterbrochen werden.

Neue Wegeverbindung von Marten bis Huckarde
Die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Emschergenossenschaft gehen immer auch einher mit einer städtebaulichen Entwicklung der Quartiere entlang der Gewässer. Mit dieser Verzahnung von Wasserwirtschaft und Städtebau verfolgt die Emschergenossenschaft im Schulterschluss mit ihren Mitgliedskommunen eine Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität für die Bevölkerung in der Region. Der Betrieb von Abwasserkanälen, Pumpwerken, Kläranlagen, Gewässern und Hochwasserschutzeinrichtungen bildet dabei den Dreh- und Angelpunkt der sozial-ökologischen Transformation im Ruhrgebiet, zu der auch der Bau von neuen Rad- und Wanderwegen zählt. „Im Zuge des finalen Bauabschnittes am Roßbach werden wir als Emschergenossenschaft unser bislang abgesperrtes Gelände entlang des Gewässers öffnen und eine nahezu durchgängige Wegeverbindung von Marten bis Huckarde schaffen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Mit der Renaturierung des Roßbachs wurde aus einer tristgrauen „Köttelbecke“ eine neue blaugrüne Gewässerlandschaft. „Diese neue Idylle mitten im Ruhrgebiet, die Flora und Fauna einen neuen Lebensraum bietet, wollen wir auch für die Menschen in der Region erleb- und erfahrbar machen – und das im wahrsten Sinne“, so Uli Paetzel.

Die bisherigen Zäune zwischen Bärenbruch und Roßbach weichen einem neuen Rad- und Spazierweg, der entlang des Gewässers auch am Pumpwerk der Emschergenossenschaft an der Altenrathstraße vorbeiführt. Zur Sicherung des Pumpwerksgeländes wird die Emschergenossenschaft einen neuen Zaun entlang des neuen Weges setzen.

Bau des Roßbach-Dükers
© Archiv, EGLV

Das Roßbach-System und sein Umbau
Zum Roßbach-System gehören neben dem Roßbach selbst auch seine Nebenläufe, unter anderem der Siebenplanetengraben, der Beverbach, der Schmechtingsbach, der Oespeler Bach und der Meilengraben. Der Umbau dieser über Jahrzehnte offenen Schmutzwasserläufe begann bereits vor 28 Jahren im Jahr 1997 mit dem ersten Schritt: der erstmaligen Verlegung neuer unterirdischer Abwasserkanäle. Durch sie sollte das Abwasser künftig zur Kläranlage transportiert und die dann sauberen Gewässer renaturiert werden. Zirka 47 Millionen Euro hat die Emschergenossenschaft in den Bau der Abwasserkanäle investiert.

Vor 21 Jahren, im Jahr 2004, begann der zweite Schritt: die ersten Arbeiten zur Renaturierung der mittlerweile bereits abwasserfreien Bäche im Roßbach-System. Bis 2020 investierte die Emschergenossenschaft knapp 24 Millionen Euro in die naturnahe Umgestaltung der zuvor technisch stark überformten Gewässer. Im Zuge dieser Arbeiten wurden in Marten unter anderem auch die Hochwasserrückhaltebecken „In der Meile“ am Oespeler Bach sowie das Hochwasserrückhaltebecken am Schmechtingsbach erweitert. In den nun anstehenden letzten Bauabschnitt zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit und des Hochwasserschutzes am Roßbach investiert die Emschergenossenschaft in den kommenden drei Jahren zirka 5,7 Millionen Euro und setzt damit den Schlusspunkt unter dieses Generationenprojekt im Dortmunder Westen.

Ob sich die bisherigen Investitionen gelohnt haben? Ja, haben sie – und bessere „Zeugen“ als den Biber und den Eisvogel gibt es kaum: Sie beide sind wertvolle Indikatoren für eine gute Gewässerqualität und für eine erfolgreich umgesetzte Renaturierung. Beide, sowohl Biber als auch Eisvogel, sind mittlerweile im Roßbach-Gebiet nachgewiesen worden!

Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de