Anti-Nazi-Demo in Dortmund

Tausende Menschen protestieren

Am letzten Samstag veranstalteten rd. 1000 Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet im Dortmunder Westen einen lange angekündigten Umzug und versuchten ihr Gedankengut in die Medien und unters Volk zu bringen. Das ging nicht problemlos vonstatten, wie die drei folgenden Berichte belegen. Wir haben diese Berichte ungekürzt veröffentlicht und wollen unseren Lesern die Beurteilung der Geschehnisse überlassen. Allerdings eine persönliche Bemerkung: Wenn es in Zukunft löblicher ist, dass sich die Dortmunder Bevölkerung bei derartigen demokratiefeindlichen Auftritten der Nazis lieber auf „Dortmund a la carte“ oder anderen Veranstaltungen tummelt und dafür vom OB noch gelobt wird,  während diejenigen, die eine „wehrhafte Demokratie“ gegen Verfassungsfeinde praktizieren, von der Staatsmacht eins „auf die Mütze“ bekommen und der OB in diesem Zusammenhang „von importierter Gewalt“ spricht, dann werden es demnächst immer weniger sein, die sich dem Treiben der Rechten entgegenstellen werden.
Aber urteilen Sie selbst!

Pressemitteilung der Stadt Dortmund vom 4. 6. 2016

Eindrucksvolles Zeichen gegen Rechts – 
Zehntausende Dortmunderinnen und Dortmunder zeigen: 
Wir leben gerne in einer Stadt der Vielfalt

Dortmund zeigte sich an diesem Samstag weltoffen und vielfältig. Während rund 900 Rechtsextreme aus allen Teilen Deutschlands im Westen der Stadt vergeblich versuchten, ihre menschenverachtenden Parolen unters Volk zu bringen, zeigten Zehntausende Dortmunderinnen und Dortmunder Flagge gegen Rechts auf den Veranstaltungen der vielen Bündnisse der Zivilgesellschaft oder sie kehrten den Neo-Nazis den Rücken zu, in dem sie eine der vielen kulturellen Veranstaltungen dieses Wochenendes besuchten. Das gesamte Spektrum dieser Veranstaltungen bewies erneut, dass Dortmund eine Stadt mit einem vielfältigen, bunten und multikulturellen Charakter ist.

„Diese Resonanz ist ein eindeutiges Zeichen für einen weltoffenen Entwurf einer Stadtgesellschaft. Er steht im kompletten Gegensatz zu den ausländerfeindlichen und menschenverachtenden Parolen der Rechtsextremen“ so Oberbürgermeister Ullrich Sierau, der sich an vielen Stellen vor Ort über das Geschehen informierte und am Protest teilnahm. „Die Dortmunderinnen und Dortmunder haben einzeln und in den Bündnissen den Neo-Nazis auf vielfältige und kreative Art und Weise die rote Karte gezeigt. Das verdient Anerkennung, wie sie auch schon erfreulicherweise in verschiedenen Reaktionen deutlich wurde.“

Der Aufmarsch der Rechtsextremen konnte die Freude an die vielfältigen Veranstaltungen nicht beeinträchtigen. In der Innenstadt zeigte sich das pralle Leben. „Klangvokal“ und „a la carte“ verbreiteten Festivalstimmung. Dieses Lebensgefühl war auch am Phoenix-See in Hörde bestimmend, wo OB Ullrich Sierau die „Emscherkunst“ eröffnete.

Die Aktionen der Bündnisse der Zivilgesellschaft, die unter anderem am Dortmunder U, in Dorstfeld und in Huckarde eindeutig Position gegen die Rechtsextremen bezogen haben, nennt der OB ein „ausdrucksstarkes Votum“. „Es waren gute Aktionen. Sie waren sehr erfolgreich. Dafür meinen herzlichen Dank.“

Der Dank des Oberbürgermeisters geht auch an die Polizei und die Polizistinnen und Polizisten, die unter einem gewaltigen Druck gestanden haben sowie gleichermaßen an alle anderen Ordnungskräfte. „Mit ihrer Strategie am Samstag hat die Polizei deeskalierend gewirkt“, so Ullrich Sierau.
Sollte es in Dorstfeld Situationen gegeben haben, bei denen sich Gegendemonstranten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt gefühlt haben, sei dem in der Analyse dieses Tages später nachzugehen. Das gelte entsprechend mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Gegendemonstranten in Huckarde. Auch das müsse aufgearbeitet werden.

Die Strategie der Polizei sei aber auch mit Blick auf jene Gruppen aus dem links-autonomen Spektrum richtig gewesen, die nicht einen friedlichen Protest im Sinn hatten, sondern Gewalt ausgeübt haben.
„Ein derartiges Verhalten ist nicht tolerierbar“, so der Oberbürgermeister. „Solche gewalttätigen Reisekader diskreditieren durch ihr Verhalten den friedlichen und gewaltfreien Widerstand der Dortmunder Bevölkerung“, formuliert Ullrich Sierau eine eindeutige Ablehnung an diese Form importierter Gewalt. Egal ob von rechtsextremistischer oder links-autonomer Seite.
„Der vielfältige, friedliche Widerstand und das bunte Leben an diesem Samstag haben gezeigt, dass die Stadt den friedlichen Dortmunderinnen und Dortmundern gehört, die an diesem Tag ihre Stadt der Vielfalt gefeiert haben“, so der OB.

Bericht der taz vom 6.6.2016

„Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund
1000 Nazis und ein Hitler-Transparent
Mit offenen Bezügen auf den Nationalsozialismus haben Neonazis in Dortmund demonstriert. Die Polizei griff bei Volksverhetzung nicht ein.

DORTMUND taz | In Zeiten von „Pegida“, „Identitärer Bewegung“ und Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte kann man trefflich darüber streiten, was ein „Naziaufmarsch“ ist. Nicht an der Spitze jeder rassistischen Bewegung stehen Nazis. Was am Samstag allerdings in Dortmund stattgefunden hat, war ein Aufmarsch von Neonazis, wie man es sich in Albträumen vorstellt. Ein Haus im Stadtteil Dorstfeld, den die lokale rechtsextreme Szene als „Nazikiez“ für sich beansprucht, war mit Fahnen in den Farben schwarz-weiß-rot geschmückt. Über der Eingangstür hing ein Transparent mit der Aufschrift „Htlr“.

Far-right supporters take part in a demonstration march in Dortmund, Germany, June 4, 2016. REUTERS/Wolfgang Rattay

In Jugendbewegungen ist es derzeit angesagt, die Vokale bei Aufschriften von T-Shirts, Aufklebern und Co. wegzulassen. So trugen Teilnehmer des Aufmarsches auch Shirts mit Aufschriften wie „HKNKRZ“. Versteckten sich Nazis in den vergangenen Jahren noch hinter Zahlenkombinationen wie „88“ („Heil Hitler“, jeweils nach dem ersten Buchstaben der Wörter), reicht es heute, Buchstaben wegzulassen, um die rechtsextreme Botschaft zu verbreiten.

Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet und anderen europäischen Ländern von den Niederlanden bis Ungarn hatten sich zum achten „Tag der deutschen Zukunft“ versammelt. Für die „deutsche Zukunft“ demonstrierten Rechtsextreme bisher nur in Nord- und Ostdeutschland. In Neuruppin wurde der Aufmarsch im letzten Jahr das erste Mal blockiert.

Das Besondere an dieser Demonstration ist, dass hier alle relevanten neonazistischen Gruppen an einem Strang ziehen. Nazis aus den Parteien „Der Dritte Weg“, „Die Rechte“, „NPD“ und die so genannten „Freien Kameradschaften“ kommen bei diesem Event zusammen. So wundert es auch nicht, dass sich um die 1000 Neonazis in Dortmund versammelten. An Radikalität hatte es der Aufmarsch durchaus in sich.

Die Rede von Thorsten Heise, einem neonazistischen Aktivisten seit über 30 Jahren und gutem Bekannten vom thüringischen AfD-Chef Björn Höcke, hatte es besonders in sich. Heise sprach von deutschen Politikern, die ihre Politik früher noch auf tausend Jahre ausgelegt hätten, im Gegensatz zu den herrschenden Versagern. Über das Konzentrationslager Buchenwald wusste er zu berichten, dass dort nach 1945 mehr Menschen umgebracht worden seien als im Nationalsozialismus. Gegen diese Rede sowie gegen volksverhetzende Parolen aus dem Demozug ging die Polizei während des Aufmarsches nicht vor.

Der nächste „Tag der deutschen Zukunft“ soll in einem Jahr in Karlsruhe stattfinden. In Baden-Württemberg hätten über 30 Prozent der Wähler die Grünen gewählt, diese ständen wie keine andere Partei für „Überfremdung“ und eine Politik gegen das eigene Volk. Der Naziaufmarsch verlief störungsfrei.

5.000 Menschen beim Gegenprotest
Der Protest gegen den Naziaufmarsch war allerdings auch so groß wie sonst selten in Dortmund. Insgesamt waren etwa 5.000 Menschen gegen die Rechten auf die Straße gegangen. Die größte Demonstration stellte, mit etwa 2.500 Teilnehmern, der „Arbeitskreis gegen Rechts“, ein Bündnis aus Kirchen, Parteien und Gewerkschaften. Auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau nahm an der Demonstration teil. Im Nachhinein zeigte er sich erfreut über den Protest: „Diese Resonanz ist ein eindeutiges Zeichen für einen weltoffenen Entwurf einer Stadtgesellschaft.“

Die Demonstration des Arbeitskreises endete nur etwa 200 Meter von den Neonazis entfernt. Bei deren Abmarsch ernteten sie ein gellendes Pfeifkonzert von den Gegendemonstranten. Die Anti-Nazi-Proteste waren bei diesem Aufmarsch von besonderer Kreativität geprägt. Das Künstlerkollektiv „Tools for Action“ hatte gemeinsam mit Schülern und dem Schauspiel Dortmund „Spiegelbarrikaden“ gebaut. Große, aufblasbare silberne Würfel.

Überall waren diese zu sehen und wurden ganz unterschiedlich eingesetzt. Zum Beispiel als Mauer, um die Nazis symbolisch fernzuhalten, oder für ein spontanes „Volleyball“ mit der Polizei über Absperrungen hinweg. Die Beamten reagierten sehr unterschiedlich auf die Würfel, an Stellen an denen linke Nazi-Gegner die Würfel dazu benutzen wollten, gegen Polizisten anzurennen, wurden die Würfel schnell von den Einsatzkräften zerstört.

Ganz friedlich verlief der Demotag in Dortmund nicht. Die Polizei berichtet von Angriffen, sogar Steine sollen geflogen sein. „Linksautonome“ hätten immer wieder die Auseinandersetzung gesucht. Iris Bernert-Leushacke vom Bündnis „BlockaDo“, das den Naziaufmarsch mit Sitzblockaden verhindern wollte, sieht das anders. Die Polizei habe „kopflos“ agiert, Horrorszenarien von „marodierenden Gegendemonstranten“ seien nicht eingetreten.
Als Nazigegner am Abend, wegen Vermummung, in der migrantisch geprägten Nordstadt, von der Polizei eingekesselt wurden, zeigten sich die Nordstädter solidarisch mit dem Protest. Aus den Häusern wurden den Demonstranten immer wieder Getränke, Schokoriegel und Eis zu geworfen. Die Auseinandersetzungen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei beschränkten sich den ganzen Tag über auf wenige Situationen, die jeweils schnell wieder abflauten.

Stellungnahme von SPD-Mandatsträgerinnen vom 7.6.2016 zur Demo gegen die Nazis

Wie aus einer friedlichen Demonstration gegen Rechts eine gewalttätige wurde

Strahlender Sonnenschein, hochsommerliche Temperaturen, nette Leute, einem super Frühstücksbüfett, Live-Musik vom Feinsten: Auf der alle drei Monate stattfindenden Kundgebung gegen Rechts des Huckarder Bündnisses gegen Rechts auf dem Marktplatz an der Rahmer Straße stimmte am Samstag im Vorfeld des Nazi-Aufmarsches alles.Markt 3

Wir haben uns gefreut, als die Demonstrations-Teilnehmer einer Antifa-Gruppe gegen 12.30 Uhr zu uns stießen. Junge freundliche Menschen, die uns halfen, die von den Kundgebungs-Teilnehmern und –Teilnehmerinnen mitgebrachten Unmengen an Brötchen, Aufschnitt und andere Leckereien zu vertilgen. Nach unserer Veranstaltung um 13.30 Uhr überließen wir den Platz, den das Huckarder Bündnis gegen rechts ursprünglich bis 18 Uhr angemeldet hatte, diesen jungen Leuten, zu denen sich zwischenzeitlich auch noch weitere Demonstranten, u.a. von den Grünen und den Piraten gesellt hatten. Wir wollten vor Ort mit weiteren Bündnis-Mitgliedern, Genossinnen und Genossen aus Mengede, Jusos, Falken und Huckarder Bürgerinnen und Bürgen ebenfalls auf die Nazi-Demo warten, um friedlich gegen den brauen Aufmarsch zu demonstrieren.Markt03
Vergeblich hatten im Vorfeld einige von uns versucht, eine spontane Gegendemo anzumelden. Die Antragstellerin wurde hingehalten, bis die Nazis vorbeigelaufen waren. Nachdem die Rechten durch Huckarde marschiert waren, waren viele von uns enttäuscht. Wer Glück hatte, konnte eine Blick durch die Polizeibarrikade auf die Rechten erhaschen – mehr nicht. Trotzdem machte sie Erleichterung breit. Niemand hatte versucht, die Polizeibarrikade zu durchbrechen, wir konnten keine Handgreiflichkeiten gegen die Polizei wahrnehmen.
Doch dann mussten wir beobachten, wie die Ordnungshüter plötzlich dafür sorgten, dass aus einer friedlichen Kundgebung eine gewalttätige wurde. Immer wieder stürmten schwarz uniformierte Polizeitrupps plötzlich in die Menschenmenge um junge Leute herauszuholen. Dabei rempelten sie rücksichtslos im Weg stehende Demonstranten an, trieben sie vor sich her, wie eine Herde Vieh. Eine ältere Frau stürzte, als sie von einer heranstürmenden Polizistin zur Seite geschubst wurde. Von einem Mann darauf angesprochen blaffte die Ordnungshüterin bloß: „Halts Maul!!“.

Was wir noch beobachtet haben:

Ein zehnjähriger gänzlich unbeteiligter Junge wurde bei den wilden Verfolgungsjagden von der Polizei mit Tränengas besprüht.
Ein 60-Jähriger, der sich wütend mit erhobenen Händen vor die Polizei stellte, bekam eins auf die Nase.
Zwei junge Leute, die ebenfalls im Weg gestanden hatten, lagen verletzt auf dem Boden.

Über Lautsprecher kam dann irgendwann die Drohung der Polizei, uns nicht zu den Straftätern zu stellen, sonst würden wir Gefahr laufen, ebenfalls verhaftet zu werden. Wir hatten Angst. Wer waren die Übeltäter – was hatten sie getan? – Mit wem durften wir uns noch unterhalten, wenn wir nicht ebenfalls abgeführt werden wollten? – Wir hatten wirklich keine Ahnung, weil vor dem von uns sehr gewalttätig empfundenen Polizeieinsatz alles friedlich gewesen war.
Mag sein, dass jemand aus dem Antifa-Spektrum einen Stein oder eine Plastikflasche auf Polizisten geworfen hat – alles haben wir wirklich nicht im Blick gehabt. Sowas verurteilen wir natürlich aufs Schärfste. Gewalt geht gar nicht.
Aber ist das ein Grund, alle anderen Demonstrationsteilnehmer ebenfalls zu Tätern zu machen? – Natürlich versuchen wir einen Menschen zu schützen, der direkt vor uns mit Gewalt abtransportiert wird. Das ist ein Helfer- bzw. Gruppenreflex, den sich auch die Polizei zu Eigen macht und machen muss. Natürlich haben wir mit den jungen Leuten der Antifa gemeinsam eine Menschenkette gebildet, um uns alle vor den Polizeiattacken zu schützen. Und werden dafür jetzt radikalsiert. Dagegen protestieren wir aufs Schärfste.

Was wir noch erfahren und gesehen haben.
Menschen, die zur Kundgebung zum Huckarder Markt wollten, wurden anfänglich nicht durchgelassen.
Wir durften um 10 Uhr morgens nur in Polizeibegleitung bestellte Brötchen vom Marktplatz aus beim Bäcker um die Ecke abholen.
Die stellv. Huckarder Bezirksbügermeisterin Iris Enke-Entrich wurde gegen 13.30 Uhr nach der Kundgebung, als sie ihren Mann mit dem Pkw nach Hause bringen wollte, von einer Polizistin nur widerwillig und sehr unfreundlich vom Platz gelassen. Sie musste vorher ihren Schal mit der Aufschrift „Dortmund ist Vielfalt“ abnehmen, weil die Gefahr bestehe, dass sich eventuell vorbeiziehende Nazis dadurch provoziert fühlen könnten. Und ihr wurde auf Nachfrage eine spätere Teilnahme an der Demonstration untersagt.
Anwohner berichteten später, dass die Nazis zum Teil randalierend durch ihre Straßen gezogen sind. Unter anderem wurden von ihnen Mülltonnen umgekippt.

Autofahrer, die aus dem Dortmunder Westen kommend in den Süden, bzw. zu den Veranstaltungen in der Innenstadt fahren wollten, kamen entweder gar nicht, oder nur über viele Umwege an. Eine vierköpfige Familie mit zwei kleinen Kindern brauchte von Deusen zu einer Grillparty nach Brünninghausen in brütender Hitze eineinhalb Stunden, wurde immer wieder zum Ausgangsort zurückgeschickt. Die Polizisten, die an den Absperrungen standen, waren keine große Hilfe – im Gegenteil. Einer antwortete auf die Frage des genervten Familienvaters nach der Umleitungsstrecke, die Route der Nazi-Demo sei geheim. Daher könne er ihm nicht sagen, wo er lang fahren müsse. Dieses Beispiel ist nur eins von vielen.

Aber auch Polizisten sind nicht frei von negativen Emotionen. Bei Affenhitze stundenlang in dicken schwarzen Uniformen fast bewegungslos in der prallen Sonne unter schweren Helmen zu schwitzen, oder an Straßensperrungen von genervten Autofahrern beschimpft zu werden, kann die Aggressionen ziemlich hoch treiben. Wenn dann noch das freie Wochenende ausfällt, weil man zu einem Demo-Einsatz von Berlin oder Hamburg nach Dortmund fahren muss, kann das die schlechte Stimmung der Einsatzteams noch mehr anheizen. Dazu kommen der unbekannte Ort, die gefühlt latente Bedrohung von Gegendemonstranten.

Wir fragen uns daher:
Hat einer von den am Samstag bei den Antifa-Demonstrationen eingesetzten und zum großen Teil sehr jungen Beamten jemals ein Demonstrations-Deeskalationstraining gemacht? – Wir hatten nicht den Eindruck.
Wäre es nicht sinnvoll, zu Aufmärschen, bei denen es zu Gewalttaten kommen könnte, beispielsweise Polizeipsychologen mit ins Boot zu holen, die in der Lage sind, aufgeheizte Situationen vor Ort direkt zu entschärfen?
Ist es nicht manchmal auch für eine polizeiliche Ordnungsmacht besser, sich in derartigen Situationen zum Schutz von friedlichen Demonstrationsteilnehmern zurückzunehmen? – Und so weitere gewalttätige Eskalationen zu verhindern, bei der es fast immer Verletzte gibt?

Das Maß ist voll
Wir fühlen uns in unserem Demonstrationsrecht massiv beschnitten, weil zahlreichen Menschen die Teilnahme an der Gegendemonstration in Huckarde verwehrt wurde. Wenn die Polizei nicht in der Lage ist, die Menschen, die gegen Nazi-Aufmärsche protestieren, zu schützen, müssen die rechten Kundgebungen verboten werden.
Jeder Mensch hat das Recht, sich in seiner Stadt frei zu bewegen. Das muss erst recht dann gelten, wenn 900 braune Hansels, die sich mit unserem freiheitlich-demokratischen Grundgesetz ständig verbal den Hintern abwischen, auf den Straßen marschieren.

Heute wie damals fragen sich zehntausende von Menschen in dieser Stadt, wie es sein kann, dass für die rechte Szene große Teile des öffentlichen Lebens bewusst lahm gelegt werden. So etwas darf nicht mehr passieren!!!

Heute wie damals begründet das Dortmunder Polizeipräsidium solche massiven Behinderungen und Absperrungen ganzer Stadtteile mit der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit – nicht, weil die Nazis marschieren, sondern weil es natürlich Proteste dagegen gibt. Heißt: Wenn wir sie ungehindert laufen ließen, hätten wir dann unsere Ruhe? – Mitnichten: Das haben auch schon Menschen vor uns gedacht – im Dritten Reich. Die furchtbaren Folgen kennen wir.
Daran schließt sich dieses Zitat aus der Jugendring-Dokumentation über die Nazidemo von 2008 zum Antikriegstag nahtlos an: „Die Zeit ist reif, die Genehmigungspraxis der Dortmunder Polizei und die Spruchpraxis der Gerichte auf den Prüfstand zu stellen. Die Nazis zeigen ihr wahres Gesicht, nicht erst heute! Das sollte man bei Polizei und Gericht endlich erkennen und den Bürgerinnen und Bürgern den ihnen zustehenden Rechtsschutz oder besser gesagt, Schutz vor Rechts zu gewähren“.

Wir fordern und erwarten, dass das, was in Dortmund am 04.06. 2016 während und nach dem Nazi-Aufmarsch passiert ist, von Vertretern der daran beteiligten demokratischen Parteien, der Polizei, dem Ordnungsamt, den Institutionen sowie den Aktionsgruppen gegen Rechts gründlich reflektiert und objektiv aufgearbeitet wird. Mit dem Ziel, Handlungsstrategien zur Verhinderung von Gewalteskalationen auf Demonstrationen gegen Rechts zu entwickeln. Wir schlagen vor, dazu einen Runden Tisch ins Leben zu rufen.

Susanne Meyer (SPD-Ratsvertreterin)
Iris Enke-Entrich (stellv. Bezirksbürgermeisterin SPD Huckarde)
Gudrun Feldmann (SPD Fraktionssprecherin BV-Mengede)
Sarah Büddemann (stellv. Vorsitzende SPD Mailoh-Deusen)
Sylvia Dettke (SPD-Fraktion, BV-Mengede)

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Hinweis: Zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken! Fotos der Stellungnahme der SPD-Mandatsträgerinnen: Gudrun Feldmann und  Susanne Meyer

Und hier gibt es noch weitere Stimmen zum Samstag zu lesen:

https://www.vice.com/de/read/hitlerplakate-gegenproteste-und-tausende-polizisten-das-war-der-tag-der-deutschen-zukunft-in-dortmund-tddz
https://www.sechel.it/wie-die-dortmunder-polizei-den-tag-der-deutschen-zukunft-durchsetzte
https://antifalinkemuenster.blogsport.de/2016/06/05/immer-wieder-dortmund-ein-kommentar