Aussage der Denkmalpflege zu Netter Glockenturm ärgert Bezirksvertretung
Dem freistehende Glockenturm der evangelischen Kirche Nette sei „eine städtebauliche Wirkung nicht abzusprechen.“ Dennoch ließen sich daraus „keine denkmalrechtlichen Konsequenzen ableiten“. Dies teilte Stadtrat Ludger Wilde der Bezirksvertretung auf eine Anfrage hin mit.
Das Gremium, das gemeinsam mit vielen Bürgern gern einen Abriss des Bauwerks verhindern möchte, zeigte sich enttäuscht und wies die Antwort zurück. Der Netter SPD-Bezirksvertreter Detlef Adam empörte sich: „Die Begründung ist oberflächlich. Da hat man sich keine besondere Mühe gegeben.“ Seltsam erschien den örtlichen Politikern die Formulierung, der Turm werde „als erhaltenswerte Substanz im Sinne des § 25 Denkmalschutzgesetz eingestuft“, aber hieraus sei keine Schutzwürdigkeit abzuleiten.
Wilde hatte berichtet, Kirche und Turm seien bereits 2012 und anlässlich der aktuellen Anfrage jetzt erneut von Vertretern der Denkmalpflege begutachtet worden. Aus Sicht der Fachbehörde liege keine Denkmaleigenschaft vor.
Mitglieder der evangelischen Noah-Gemeinde, die Bezirksvertretung und andere Bürger des Stadtbezirks halten jedoch vor allem den Glockenturm, dessen transparente Konstruktion aus separaten, unterschiedlich hohen Pfeilern wie eine Stele daherkommt, für die wichtigste Netter Landmarke. Das sei das einzige unverwechselbare Bauwerk des Ortes, so die Befürworter des Erhaltes. Die SPD-Fraktion hatte in ihrer Anfrage im April darauf hingewiesen, dass der Turm in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts im „Gleitbauverfahren“ errichtet worden sei. Dabei handelt es sich um eine damals seltene Bauweise mit Beton, bei der die Schalung mitwandert. Architekturbeispiele dieser Art gälten heute als „erhaltenswerte Bauwerke“.
TU Dortmund: Nachkriegsarchitektur verschwindet zunehmend
Die Mühlen der Denkmalpflege mahlen langsam, vor allem, wenn es um Nachkriegsarchitektur geht. Dies ist einem in der Zeit von 2000 bis 2003 vom NRW-Städtebauministerium geförderten Forschungsprojekt des Lehrstuhls für Denkmalpflege und Bauforschung der TU Dortmund zu entnehmen. (www.nrw-architekturdatenbank.tu-dortmund.de)
Darin heißt es: „Die 50er Jahre bilden mit den oft strengen und sparsamen, manchmal mit einem zögerlichen Schwung versehenen Bauten einen Schwerpunkt, doch auch in den 60er und 70er Jahren sind hervorragende Bauwerke entstanden, deren Würdigung erst zaghaft einsetzt.“ Bereits seit Mitte der 80er Jahre beschäftige man sich damit; gleichzeitig beschleunige sich das Verschwinden von Bauten der Nachkriegszeit. 2010 zeigte die TU Dortmund im U-Turm eine Ausstellung mit dem Titel „Auf den zweiten Blick“ mit Bildern von Nachkriegsarchitektur.