Widerstand gegen die „Schattengerichte“
Zuerst waren es „Chlorhühner“, „Hormonfleisch“ und „genmanipulierte Lebensmittel“, die die Bürgerinnen und Bürger aufschrecken ließen, als erste Einzelheiten über mögliche Auswirkungen des geplanten Handelsabkommens TTIP für die Verbraucher durchsickerten. Jetzt formiert sich breiter Widerstand auch gegen die sogenannten „Schattengerichte“. Die Proteste gegen TTIP zeigen, dass internationaler Handel nicht auf Kosten von sozialen Standards oder der Umwelt gehen darf.
Die Debatte um die geplanten Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA (TTIP) beziehungsweise mit Kanada (CETA) ist inzwischen um vier weitere Buchstaben reicher geworden: ISDS.
Hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich nicht etwa die „International Sheep Dog Society“ sondern das „Investor-State Dispute Settlement“, auf Deutsch das Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren; vier Buchstaben, die inzwischen zum neuen Symbol im Streit um fairen Wettbewerb geworden sind. Denn die Freihandelsabkommen scheinen vor allem den Unternehmen zu dienen – und nicht den Menschen oder der Umwelt.
Am Beispiel des ISDS wird dies besonders deutlich: Beide Abkommen – TTIP und CETA – sollen Sonderklagerechte für Konzerne festschreiben. Ändert ein Land seine Gesetze, beispielsweise zum Schutz der Umwelt, und entgehen einem Investor dadurch Gewinne, kann er ein „privates Schiedsgericht“ einschalten und Schadensersatz vom betreffenden Staat fordern. Ganze Kanzleien in den USA haben diese „Schattengerichte“ bereits als ein mögliches Geschäftsmodell für sich entdeckt. Schon die Androhung einer Klage könnte die politischen Entscheidungsprozesse in Europa beeinflussen. Die ökologische Modernisierung der Wirtschaft würde damit blockiert und verkrustete Wirtschaftsstrukturen würden zementiert.
Diesen „Schattengerichten“ misstrauen in den EU-Mitgliedsstaaten bereits viele Bürgerinnen und Bürger. In einem Konsultationsverfahren der EU-Kommission äußerten sich knapp 150.000 Personen zu diesem „privaten Schiedsgericht“. Das Ergebnis war eindeutig: 97 % lehnen es ab. Als Gründe hierfür wurden genannt: unklar definierte Klagegründe, intransparente Verfahren, fehlende Berufungsmöglichkeiten, keine Trennung von Anwälten und Richtern, fallabhängige Bezahlung der Anwälte. Die Liste der Mängel ist also lang. Ein derartiges Schiedsverfahren in TTIP einzubauen, kann nur als verantwortungslos und falsch angesehen werden.
(Wird fortgesetzt)