Der Adler ist immer noch nicht gelandet
Ein Kolumne
Einer der wenigen Hinweise auf die durch Kohlenstaub geprägte Vergangenheit Mengedes befindet sich auf einer Freifläche zwischen dem Burgring und der Alten Post. Eine rußgeschwärzte Säule, die erst beim näheren Hinsehen ihre Botschaft offenbart:
„Errichtet im Jahre 1873. Möge Gott uns erhalten, was die Tapfern´ erfochten“.
Wir hatten uns auf Mengede:InTakt! schon im Jahre 2015 mit diesem Denkmal befasst (vgl. Beitrag vom 30.9.2015 Folge 4 der Serie: Baudenkmäler im Stadtbezirk Mengede) und eine bessere Behandlung eingefordert. Geschehen ist seit dieser Zeit: Nichts!
Die reichlich vorhandenen Hinterlassenschaften zahlloser Vierbeiner auf dieser „Grünanlage“ sorgen darüber hinaus für eine robustere Einfärbung und lassen das Grün nur erahnen.
Auch der früher auf der Säule aufsitzende Adler, 2014 beim Pfingststurm „Ela“ durch einen umstürzenden Baum zu Boden gerissen und seitdem in irgendeinem Verließ auf seine Rückkehr wartend, hat noch nicht wieder zu einer Landung angesetzt. Wie gerne würden wir analog in Erinnerung an den Abschluss der NASA-Mondmission von Apollo 11 den berühmten Ausspruch von Neil Armstrong wiederholen: „The Eagle has landed!“
Nun hat der Dank des Vaterlands aber offensichtlich ein Verfallsdatum. Zu viele Kriege haben seitdem neue Helden gezeugt oder Untaten der jeweils Mächtigen zugelassen, an die erinnert werden muss. Wenn sogar der Einheizer der AfD-Partei – Björn Höcke – von seinen Parteikollegen ungerügt das Berliner Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnen kann, darf man sich nicht wundern, dass auch hier in Mengede die politisch Verantwortlichen dem Denkmalserhalt geringe Bedeutung beimessen.
Unsere Prophezeiung aus 2015 ist, wie erwartet, auch eingetreten, denn die Sprayer-Szene hat inzwischen wiederholt zugeschlagen und die Erinnerungssäule als Reflexionsfläche für ihre „Kunst“ missbraucht.
Wenn schon nicht genügend Mittel für eine Restauration vorhanden sind, hier ein zugegebenermaßen nicht ganz ernst zu nehmender Vorschlag: In Anlehnung an den Reichstags-Verhüller Christo kaufe man eine Rolle undurchsichtiger Plastikfolie, wickele die Säule darin ein und propagiere das Ganze als Kunstaktion. Die Materialkosten könnten dann mit den Einnahmen aus einem zum Happening gehörenden Würstchenverkauf locker gegenfinanziert werden.
Schließlich waren die tapferen Soldaten, die in die Kriege des 19. Jahrhunderts geschickt wurden, dort elendig zugrunde gingen und deren Namen per Denkmals-Inschrift manifestiert sind, ebenfalls arme Würstchen gewesen.
Hinweis: Zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!
Nachtrag:
Wir von Mengede:Intakt! beobachten immer mit besonderer Aufmerksamkeit die öffentliche Resonanz auf unsere Berichterstattung. Neben den penibel abrufbaren Kennzahlen über die Anzahl der Zugriffe sind es insbesondere die schriftlichen Meinungsäußerungen unserer Leserinnen und Leser, die ein Thema ergänzen, kritisieren aber auch inhaltlich korrigieren können.
Auch zu obigem Artikel registrierten wir zwei kritische Anmerkungen zu unterschiedlichen Aspekten unseres Berichtes. Michael Ritterswürden kommentiert über facebook mit ziemlich drastischen Worten sein Unverständnis zum Erhalt des Kriegsdenkmals: „Zeugnisse des Preußischen Militarismus mit revanchistischen Inschriften sollten als Mahnmal gegen den Militarismus als Reststummel vor sich hin wittern oder völlig umgestaltet werden. Leider haben die Engländer es nicht auch zerschossen.“
Jürgen Utecht, der Stellvertretender Fraktionssprecher von B90/DIE GRÜNEN dagegen weist in seiner Zuschrift darauf hin, dass die Verantwortung für die zögerliche Behandlung der Restaurierung nicht von den für Mengede zuständigen Politikern sondern vielmehr bei der Stadtverwaltung zu verantworten sei: “ …diesen Satz kann ich so nicht stehen lassen: dass auch hier in Mengede die politisch Verantwortlichen dem Denkmalserhalt geringe Bedeutung beimessen.
Genau dieses Denkmal war Thema im Tagesordnungspunkt 5.4 ‚Haushalt‘ der BV Mengede am 1.3.2017!
Die Verwaltung hat den Politikern mitgeteilt, dass der vom Gremium gefasste Beschluss zur Restaurierung des Denkmals (noch) nicht umgesetzt werden kann, da es angeblich kein Unternehmen gibt, das den Auftrag ausführen kann und will.
Der aktuelle Zustand des Denkmals liegt also NICHT in der Verantwortung der Politik in Mengede, sondern an der Verwaltung, die die politischen Beschlüsse nicht zeitnah umsetzt….“
Zwei durchaus konträre Meinungen: Während Ersterer die Erinnerungssäule am liebsten dem Erdboden gleich machen möchte, spricht der Politiker sich für ihren Erhalt aus.
Ich denke, unser Mengede wäre nicht ärmer, wenn es dieses Denkmal nicht geben würde oder wenn es, wie Herr Ritterswürden es sich gewünscht hätte, von den Engländern pulverisiert worden wäre. Doch die hatten, wie im Krieg durchaus üblich, natürlich vorzugsweise auf Menschen geschossen und den Säulen-Adler geschont.
Und so sollte es auch bleiben. Der Bezirksvertretung Mengede ist die Restauration immerhin 15.000 € wert. Dafür muss sich doch eine Firma finden lassen, die den Vogel, bevor er vielleicht auf der Schuttkippe landet, auf den zuvor gründlich gereinigten Sockel stellt.
( 16.3.2017, Cawi Schmälter)