Stefan Bonner und Anne Weiss: „Wir Kassettenkinder“ – Eine Liebeserklärung an die Achtziger
Ein Buchbesprechung von Klaus Neuhaus*
Allein der Titel setzt gleich einiges an Gedanken an die achtziger Jahre frei, erst recht bei einem Musiker.
Ich erinnere mich an erste Aufnahmen mit dem Mono-Rekorder, sowie Vorläufer von Raubkopien mit einem externen Mikrofon oder einem eingebauten Mikro.
Wesentlich einfacher wurde es danach mit dem Doppel-Deck. Die Erfahrung dieser einschneidenden Entwicklung teile ich mit den Autoren Stefan Bonner und Anne Weiss.
Danach wird es für einige Kapitel aus meiner Warte etwas unspannend, da ich leider einige Jahre älter bin als die beiden Bestseller-Autoren (u.a. „Generation Doof“).
Stefan ist Jahrgang 1975 und damit so alt wie meine älteste Tochter. Anne Weiss grad ein Jahr älter, 1974 in Bremen geboren.
Verständlicherweise erzählen sie in der Liebeserklärung an die Achtziger viel über ihre Kindheit und frühe Jugend: Welche Süßigkeiten haben wir gegessen? Welche Fernsehsendungen haben wir nach der Schule geschaut? Wohin ging es mit den Eltern in die Ferien? Später dann allererste Videospiele und Computer, die noch laufen lernten.
Näher kommen wir uns, wenn sie aus ihrer Sicht über die politischen Ereignisse dieses Jahrzehnts erzählen, immer gespickt mit interessanten, oft entlarvenden Zitaten.
Eine kleine Auswahl:
Bundespostminister Schwarz-Schilling zum CDU-Antrag zur Einführung des Privat-Fernsehens:
„Es kommt darauf an, dass das Fernsehen sinnvoll genutzt wird: zur Unterrichtung, Unterhaltung, Information, auch übrigens zum Familiengespräch. Dass der Empfang der vielen Programme in den ersten Momenten wie eine Narkose wirken kann, das ist durchaus möglich. Aber dann werden die Leute mit mehr Überlegung ans Fernsehen herangehen, als wenn sie nur ein oder zwei Kanäle haben, und sich genau aussuchen: Was schau ich mir an.“
Horst Schimanski zum Kalten Krieg (Friedensdemo in Bonn):
„Für mich ist die ganze Welt ein großer Arsch. Und die rechte Arschbacke, das sind die Amerikaner. Die linke Arschbacke sind die Russen, und wir hier in Europa, wir sind das Arschloch.“
Peter Gauweiler 1987 über Aids-Kranke:
„Mei, des sind halt Aussätzige.“
Die Ereignisse um Tschernobyl nahmen Anne Weiss und Stefan Bonner eher über die Ängste ihrer Eltern wahr, was ich wiederum sehr gut verstehen kann. Ähnlich erging es mir als Kind zwei Jahrzehnte früher während des Baus der Berliner Mauer und der Kuba-Krise.
Ist es also so, wie es der Zukunftsforscher John Naisbitt in seinem Buch „Megatrends“ von 1982 geschrieben hat: „Wir leben in einer Zwischenzeit, der Spanne zwischen zwei Zeitaltern…und wir sind weder in der einen, noch schon in der anderen?“ (Zitat von Seite 212)
Oder ist es so entspannt, wie es die Autoren zuletzt sehen: durch die Wiedervereinigung ein Jahrzehnt mit Happy-End?