Demokratiegefährder
Eine Kolumne von Peter Grohmann
KONTEXT:Wochenzeitung vom 14.2.2018
Im Schnitt gibt es vier antisemitische Straftaten am Tag, von anderen demokratiefeindlichen Attacken, etwa Mord und Totschlag, mal ganz zu schweigen. Geht ja noch, oder? 1938 waren es deutlich mehr. Vielleicht liegt hier der Hund begraben, dass die neue Regierung, wenn sie denn zustande kommt, die Mittel für Antirassismusarbeit nicht aufstocken mag.
Die ganze Knete wird ja auch wo anders gebraucht: Grundsicherung, Grenzsicherung, Bankensicherung, Altenarbeit, Auslandseinsätze, Amigoarbeit in Libyen, weltweit und in der Ukraine. Inzwischen hat sich dort auch der Kakaobohnen-Händler Petro Poroschenko (Kiew, Panama) für die GroKo eingesetzt, will aber nicht bezahlen. Der Weg vom Kommunisten zum Milliardär ist oft steinig.
Während sich in den Hinterzimmern das Personalkarussell dreht, entschuldigt sich die SPD bei ihren 460 000 Gönnern für den Verlust an Glaubwürdigkeit. Und Daimler entschuldigt sich bei mehr als 1,3 Milliarden Rotchinesen für seine Glaubwürdigkeit. Wenn die Zeit reif ist, will sich Daimler auch bei der verschworenen Gemeinschaft der Dieselbesitzer und den Krebstoten entschuldigen, von den Dieselkranken ganz zu schweigen. Alles allerdings ohne jeden Rechtsanspruch.
Meine Omi Glimbzsch in Zittau wusste es längst: „Betrachte Situationen von allen Seiten und du wirst offener!“
Der Schwarzseher Jens Spahn (CDU) sah dieser Tage (kurz vor Aschermittwoch) „überall gute Leute in der CDU“, im Gegensatz zu mir. Er weiß ja selbst, wie gut er ist, selbst wenn es Bessere gäbe. Auf der anderen Seite der Weltkugel, in den vom Karneval fast verschonten USA, nimmt der Führer der weißen freien Welt (es gibt Bessere) die Medien auseinander. Ein ganzer Kerl mit viel Erfolg, ein Mann, der sich noch nie gescheut hat, auf offener Bühne kritische Journalisten fertigzumachen oder ihnen hinter der Bühne ans Mieder zu gehen. Zeitweise knöpft er sie sich persönlich vor. Und immer feixt der ganze Saal oder krümmt sich schmerzhaft, wenn die Kameras laufen und der Präsident der USA der Pressefreiheit in den Arsch tritt. Noch nie ist einer der anwesenden Journalisten aufgestanden und hat aus Protest den Saal verlassen. Das würde Karrieren beenden.
OK, ich möchte manchmal auch nicht in meiner Haut stecken.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit bald 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne.
Näheres unter: https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/359/demokratiegefaehrder-4917.html