Diese Schalen behält man in der Hand

Ausstellung zeigt Töpferei Papua Neuguineas

Vögel und Schalen, die man nicht wie gewohnt hinstellen kann, sind im Schaufenster der „tribal art“-Galerie am Brackeler Hellweg zu sehen.

 

Gefäße aus gebranntem Ton gehören von Anfang an zur menschlichen Kultur. Das heißt, seit der Steinzeit. Diese begann mit den ersten Menschen und endete in Mitteleuropa etwa 2 200 Jahre v.Chr., bei den Papua auf Neuguinea erst vor kurzem. Kultobjekte und Haushaltsgegenstände, über die Jahrtausende unverändert, findet man dort immer noch in Gebrauch. Allerdings werden sie zunehmend seltener – vor allem, wenn sie neu sind. Am Samstag lud der in Oestrich wohnende Ulrich Kortmann zum Tag der Offenen Tür in seine Galerie am Brackeler Hellweg ein, um „Die Töpferei Papua Neuguineas“ vorzustellen.

 

Der Ex-Weltenbummler aus Oestrich hat sich seit Jahrzehnten der Stammeskunst Ozeaniens verschrieben. Am Sepik,

Ein Blick in die Ausstellung mit Sagoschalen und vielen anderen Objekten.

einem der großen Flüsse Neuguineas, entdeckte er nach der Jahrtausendwende zwei Dörfer des Stammes der Sawos, wo man bis dahin noch ohne Töpferscheibe und Brennofen „Kamanas“, Sagoschalen, hergestellt hatte, die genau so aussehen und die gleiche Qualität aufweisen wie Stücke, die mehrere hundert Jahre alt sind. Männer und Frauen teilen sich die Arbeit. Während die Frauen die Form modellieren, ritzen die Männer die Muster in die Oberfläche. Die trockenen Schalen werden dann im offenen Feuer gebrannt, wobei die Temperaturen nicht besonders hoch sind. „Die Gefäße sind sehr zerbrechlich“, betont Kortmann. Die mit stilisierten Pflanzen und Gesichtern dicht überzogenen Essgefäße in der Ausstellung kosten zwischen 180 und 950 €.

 

Zerbrechliche Kunst wird immer seltener

Besucher jeden Alters kamen ins Staunen.

Nicht nur wegen ihrer geringen Robustheit werden diese Beispiele archaischer Töpferkunst immer seltener. Im täglichen Gebrauch sind heute bei den Papua eher Aluminiumtöpfe zum Kochen und billiges Plastik aus China als Essgeschirr gefragt. Wegen der geringen Nachfrage auf dem heimischen Markt konnte Kortmann 2003 und 2013 fast die gesamte Produktion an traditionellen Tongefäßen aus den Dörfern Koiwut und Kamangaui aufkaufen. Dazu gehören neben älteren Stücken, die schon benutzt wurden, auch neue Töpfe und Schalen. Letztere seien , was Gestaltung und handwerkliche Sorgfalt angeht, nicht von alten Ausstellungsstücken in Museen zu unterscheiden, so der Experte. Dennoch scheint das Jahrtausende alte Handwerk allmählich auszusterben.

Die ungewöhnliche Form der Sagoschalen weckt Neugier bei Mitteleuropäern. „Man kann sie nicht hinstellen,“ bemerkte ein Besucher. In der Tat haben Kamanas keinen geraden Boden, sondern laufen nach unten hin in einer abgerundeten Spitze aus. „Wie essen die Leute daraus?“ Kortmann weiß: „Sie halten die Schale in der Hand.“

Drittgrößter Inselstaat wurde erst spät erforscht

Ein lächelndes Gesicht blickt auf einer Seite des großen Sagotopfes den Betrachter an.

Papua-Neuguinea ist der drittgrößte Inselstaat der Welt und wurde recht spät von Europäern eingehender erforscht. Erst 1933 kamen die ersten Weißen in das abgelegene, dünn besiedelte Hochland und begegneten dort den verschiedenen, noch in der Steinzeit lebenden Stämmen. Kannibalismus und Kopfjägerei waren damals durchaus üblich; teilweise wurden sie noch nach dem 2. Weltkrieg jahrelang praktiziert. Die zweite, weitaus beliebtere Seite der alten Stammeskulturen war die eindrucksvolle Gestaltung ihres Umfeldes – der Geisterhäuser und Versammlungsräume, ihrer Waffen, Gebrauchsgüter und des Schmucks. Die Kulturen der Stämme waren so unterschiedlich wie ihre Sprachen – es gab mehrere hundert!

 

Eine kleine Figur, starker Ausdruck. Fotos: M. Zybon-Biermann

Der nördliche Teil des Staatsgebietes war übrigens bis zum Ende des 1. Weltkrieges deutsche Kolonie. Ulrich Kortmann begegnete bei einer seiner ersten Reisen zu Anfang der 80er Jahre noch einem älteren Eingeborenen, der sich an diese Zeit erinnerte und Deutsch sprach.

Mehr über Ulrich Kortmann und seine Abenteuer im Südpazifik kann man in unserem am 12. 1. 2017 erschienenen Bericht „Mit Kult-Objekten vom anderen Ende der Welt in die Steinzeit reisen“ lesen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Einen Eindruck vom Angebot der Galerie und einen Einblick in die Ausstellung bekommt man auf der Webseite www.ulrichkortmann.de

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