…heute mit: Lea Lamberty
Politik beginnt im Alltag und Politiker bräuchten einen langen Atem
Da staunten die LeserInnen von MENGEDE:InTakt! nicht schlecht, als sie am 17. März diesen Jahres erfuhren: „Lea Lamberty neue Sprecherin der Mengeder Grünen.“ Und weiter hieß es dann in der Nachricht, die Abiturientin habe die Funktion der Sprecherin für die Dauer der nächsten zwei Jahre übernommen. Für MENGEDE:InTakt! war diese Meldung so ungewöhnlich, dass wir uns mit Lea Lamberty auf eine Tasse Kaffee getroffen haben, um etwas mehr über ihre Beweggründe zu erfahren.
Für eine 17-Jährige, die in den nächsten Wochen ihr Abitur am Heinrich-Heine-Gymnasium bestehen will, ist das zunächst mal auch deswegen ungewöhnlich, weil mit Isabella Knappmann, Axel Kunstmann und Jürgen Utecht bei den Mengeder Grünen ja eigentlich erfahrenere Personen zur Verfügung standen. Aber alle drei Genannten sind Mitglied der Mengeder Bezirksvertretung. Und da die Trennung von Amt und Mandat bei den Mengeder Grünen noch gilt, war es folgerichtig, die junge Abiturientin als Sprecherin zu wählen.
Zurück zum derzeitigen Alltag von Lea Lamberty. Der ist wesentlich durch die Vorbereitungen auf die Abi-Prüfungen bestimmt. Sie hat als Leistungskurse in der Oberstufe Deutsch und Englisch im bilingualen Zweig gewählt, dazu Grundkurse in den Fächern Mathe (3. Fach im Abi), Geschichte bilingual (4. Fach im Abi), Sport, Biologie, Sozialwissenschaften, Spanisch, Pädagogik und Philosophie.
Jetzt im Endspurt erfordert das alles schon erhebliche Konzentration. Bewusst nimmt sie sich deshalb auch Zeit für ihre sportlichen und literarischen Hobbies. Lea spielt Volleyball in der Damenmannschaft des TV Mengede; gelegentlich bringt sie aber auch gerne ihre Gedanken als Geschichte oder als Gedicht zu Papier. Regelmäßige LeserInnen von MENGEDE:InTakt! werden sich an ihr Gedicht „Du bist kein Rassist“ erinnern, das wir im Bericht über die Veranstaltung des „Netzwerkes gegen Rechts“ zum 1. Mai letzten Jahres veröffentlicht haben. Inhaltlich korrespondierte der Text mit ihrer Geschichtsfacharbeit aus dem letzten Herbst, in der sie sich mit dem Thema „Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mengede“ beschäftigte.
Richtig beginnen mit der politischen Arbeit will Lea allerdings erst nach dem Ende ihrer Schulzeit, wenn sie ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) absolviert. Bevorzugt möchte sie sich im FSJ mit einem kulturellen Schwerpunkt beschäftigen. Anschließend würde sie am liebsten ein Studium beginnen, das Kompetenzen im internationalen Kultur-Management vermittelt. Diese Zukunftspläne ließen sich so auch bestens mit der neuen Aufgabe als Sprecherin bei den Mengeder Grünen verbinden, und außerdem könnte sie zunächst einmal bei ihren Eltern im Erdbeerfeld wohnen bleiben.
All ihre Überlegungen zur näheren Zukunft lassen den Schluss zu, dass Lea ihr Engagement bei den Mengeder Grünen nicht als Einstieg in eine politische Karriere ansieht. Die hat sie derzeit nicht im Blick. Allerdings hat sie sich in den letzten Jahren verstärkt für Politik interessiert und möchte gerne erfahren, wie Politik alltäglich und im unmittelbaren Lebensumfeld funktioniert. Zudem meint sie, es sei notwendig, den Rechtspopulisten im Lande das Feld der politischen Auseinandersetzungen nicht „kampflos“ zu überlassen. Im Gegenteil, sie hält es für geboten, den rechten Vereinfachern Paroli zu bieten – wo immer es geht.
Auf kommunaler Ebene hat Lea Lamberty bereits politische Erfahrungen gesammelt und festgestellt, Politik ist nicht so einfach, wie sie ursprünglich mal gedacht hatte. Als ein Beispiel nennt die Schülerin die Neugestaltung des Mengeder Volksgartens. Hierzu habe es im letzten Sommer eine Vorlage der Verwaltung gegeben. Die sei einvernehmlich und zustimmend von der Mengeder Bezirksvertretung verabschiedet worden. Wer gemeint hatte, jetzt könnte es losgehen, habe sich mächtig getäuscht.
Ein ebenso „langwieriges Unternehmen“ verbirgt sich hinter dem Stichwort „Fußweg zwischen der Roonheide und dem Erdbeerfeld“. Hier der Originalton Lea Lamberty:
„Die Stadt wurde schon mehrfach darauf angesprochen, dass der Weg auch bei leichtem Regen überschwemmt und bei starkem Regen, Schnee oder Eis nur schwer bzw. gar nicht begehbar ist. Die Antwort der Stadt war, dies sei ein ‚offizielles Überflutungsgebiet‘, außerdem werde der Weg sowieso kaum genutzt. Letzteres stimmt definitiv nicht, denn viele SchülerInnen nutzen den Weg regelmäßig als Schulweg zum Schulzentrum Nette. Anfang des Jahres habe ich in der Bürgersprechstunde der Bezirksvertretung Mengede das Problem vorgetragen. Passiert ist bisher nichts, auch habe ich nicht gehört, dass irgendetwas zur Verbesserung des Zustandes geplant ist.“
Natürlich hat sie auch Vorstellungen zu gewichtigen überörtlichen Themen, Themen, die schon lange in der politischen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden, wie z. B. der Einfluss der industriellen landwirtschaftlichen Produktionsweise auf die Veränderung unserer Ökosysteme. Lea kann sich gut vorstellen, dass viele unserer aktuellen Problem zu lösen wären, wenn wir uns von der Vorstellung eines immerwährenden Wachstums verabschieden könnten. Nicht immer schneller, immer höher, immer mehr sollten wir fordern, wir sollten lernen, mit weniger auszukommen.
Nach ihrer Einschätzung gibt es genügend Menschen, die von dieser Idee überzeugt sind und bereit wären, ein anderes Leben zu führen. Aber es fehlen im Augenblick noch die Kräfte, die derart visionäre Ideen in politisches Handeln umsetzen könnten. Möglicherweise liegt es auch daran, dass der politische Alltag zu sehr auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet ist.
Es wird spannend sein, nach zwei Jahren, d. h. nach Ablauf der zweijährigen Amtszeit als Sprecherin bei den Mengeder Grünen, zusammen mit Lea Lamberty eine Zwischenbilanz zu ziehen und festzustellen, wie sich die Welt im Großen und im Kleinen verändert hat. Es ist zu hoffen, dass dann zumindest unsere Interviewpartnerin ebenso wie das Team von MENGEDE:InTakt! nicht in Resignation verfallen ist.