Eine Hüpfburg für die Linke – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Eine Hüpfburg für die Linke

Von Peter Grohmann

KONTEXT:Wochenzeitung vom 13. 6. 2018
Eine Hüpfburg für die Linke! Merkel kritisiert Trump, Gauland kritisiert Auschwitz, Wagenburg kritisiert Kipping – eine Hüpfburg jedenfalls würde Wunder wirken bei der Partei der Arbeiterklasse. Kritik war ja zeitlebens ein Qualitätsmerkmal der emanzipatorischen Linken – aber die „linken“ Machthaber haben in der Geschichte ihre Widersacher dafür oft kurzerhand in den Knast gesteckt.

Denn dann war Ruhe im Karton, wie meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen würde. Heute sehnen wir uns alle nach Harmonie, Küsschen und Rückenklopfen, bis es rülpst. Kein Angst – anders als gestern (oder war’s früher?) führt der Streit um den richtigen Weg aus dem Sumpf des Neoliberalismus nicht mehr zwangsläufig in den Gulag.

Es gibt so viel zu tun! Wenn ich nur an die Bienchen denke, unsere Bestäuber, an den Preisverfall für gewürzte Schweinehälse, an die Diätenmacher der Großen Koalition! Was tun, wenn Trump den Nordkoreaner aus dem Sattel schießt? Das Besetzen einer leerstehenden Wohnung gilt den Regierenden faktisch als Verbrechen, während sie die Totmacher aus Untertürkheim moralisch durchwinken: Freie Fahrt für freie Bürger. Die werden jederzeit gemeinsam mit den staats- und autotragenden Parteien auf die Barrikaden gehen, wenn man dem Auto auch nur das geringste Leid zufügt.

In Mannheim hob die Bundeswehr letzte Woche wie beim Tag der nationalen Volksarmee jubelnde Kinder in die Panzer – demnächst dürfen die Kleinen auch mit uranummantelter Munition spielen, eingebettet in die eigene Scheiße einer maroden Armee. Das ist zum Kotzen, Herr Major. Dass sich auch Fernsehleute (am Besten Südwesten) zu Jubelpersern für den Kindsmissbrauch mausern und den Pazifisten vor den Kasernentoren nicht einen Ton, nicht ein Bild, nicht ein Wort widmen, den Protest einfach untergehen lassen im Kindergeschrei, lässt auf Demenz schließen. Die Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Anstalt werden einfach runtergespült im redaktionellen Hurra für unsere Jungs. Wache, abführen.

Und jetzt ist mal Schluss mit dem Gezerfe! Vergesst Erdogan und Merkel, Klaus und Lindner, Fifa und Folter. Jetzt ist Fußball und nicht Kopfball. Ich bin sicher, wir werden siegen. Sonst marschieren wir ein, wo auch immer. Schwerter zu Weltmeistern! Wir werden siegen – und dann ist aber auch mal Frieden!

Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit bald 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter: https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/376/eine-huepfburg-fuer-die-linke-5150.html

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