Die Gründe, warum Eltern ihren Kindern bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte – insbesondere Immobilien – übertragen wollen, sind vielfältig.
Steuerliche Gründe, die eine lebzeitige Übertragung erforderlich machen, sind im Verhältnis Eltern/ Kinder eher die Ausnahme. Die Freibeträge der Kinder und des Ehegatten übersteigen in den meisten Fällen das zu vererbende Vermögen. Zusätzliche Steuerbefreiungen für das selbstgenutzte Familienheim und ein Versorgungsfreibetrag für den überlebenden Ehegatten können hinzukommen. Die Freibeträge für Schenkungen und Erbschaften sind in den meisten Fällen identisch. Einige Abweichungen sollten aber bekannt sein, damit es keine bösen Überraschungen gibt, z.B. im Falle einer Vermögensübertragung umgekehrt von den Kindern auf die Eltern.
In den üblichen Konstellationen sollte stets das Vermögen hälftig auf beide Eltern verteilt sein, um die Freibeträge auch tatsächlich ausschöpfen zu können. Hier kann noch zusätzlicher Spielraum durch eine steuerbefreite Regelung zum Zugewinnausgleich im Verhältnis der Eltern untereinander getroffen werden.
Steuerliche Gründe geraten in den Vordergrund, wenn Abweichungen von diesen typischen Konstellationen vorliegen. So z.B. bei Übertragungen auf Enkelkinder oder auf nicht verwandte Dritte. Hier sind die Freibeträge deutlich geringer, wodurch eine hohe Steuerlast anfallen kann. Hier können in Höhe der Freibeträge Vermächtnisse ausgesetzt und steuermindernde Gegenleistungen vereinbart werden. Besteht ein Eltern-Kind-Verhältnis könnte eine Adoption in Betracht kommen.
Neben steuerlichen Gründen können erbrechtliche Überlegungen eine Rolle spielen. Wenn zu Lebzeiten zwischen Eltern und Kindern Einvernehmen über die Übertragung herrscht, kann eine lebzeitige Zuordnung des Vermögens dazu beitragen, späteren Streit der Erben untereinander zu vermeiden. Das kann insbesondere den Erhalt der Immobilie sicherstellen. Wenn ein Kind die Sicherheit hat, die Immobilie zu erhalten und eine etwaige Ausgleichszahlung feststeht, schafft das Planungssicherheit und die Möglichkeit, rechtzeitig in die Immobilie zu investieren. Soweit pflichtteilsberechtigte Erben, nicht nur von der Erbschaft, sondern nach Möglichkeit auch vom Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen werden sollen, kann der Pflichtteilsanspruch durch eine rechtzeitige Vermögensübertragung ausgehöhlt werden.
Zunehmendes Motiv für die lebzeitige Übertragung von Immobilien ist die Angst der Eltern, dass im Falle einer späteren Pflegebedürftigkeit der Sozialhilfeträger einen Verkauf der Immobilie betreiben kann, um gezahlte Pflegeleistungen erstattet zu bekommen. Das Haus, für welches ein Leben lang gespart wurde und das nun endlich lastenfrei ist, soll nicht der eigenen Pflegebedürftigkeit zum Opfer fallen. Richtig ist, dass die Verpflichtung besteht, das eigene Vermögen einzusetzen, bevor Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen werden können. Das kann im Einzelfall selbst dann verlangt werden, wenn der Bedürftige nur Miteigentümer der Immobilie ist. Auch hier kann die rechtzeitige Übertragung Sicherheit bringen. Allgemein bekannt ist die 10-Jahresfrist, innerhalb derer die Übertragung rückgängig gemacht werden kann. Aber auch bei Übertragungen innerhalb dieser Frist gibt es rechtssichere Gestaltungen, den Zugriff auf die Immobilie zu verhindern oder zumindest durch deutlich geringere Ausgleichszahlungen abzumildern.
Die Gründe für die Übertragung einer Immobilie müssen also im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Bekanntlich hat zwar das letzte Hemd keine Taschen, nicht durchdachte Übertragungen können aber leicht mehr schaden, als nützen.