Meine Fresse! – Ein Kolumne von Peter Grohmann

Meine Fresse!

Eine Kolumne von Peter Grohmann

KONTEXT:Wochenzeitung vom 11.07.2018

In Sidney werden jetzt beim Abflug aus dem Land der Kängurus Gesichtsscanner eingesetzt – für die Kriminellen wird es immer sinnloser, mit gefälschten Papieren zu reisen. Auch Erdoğan kommt zunehmend in Kalamitäten: Eben hat er wieder über 18 000 Staatsbedienstete entlassen,

Lehrerinnen, Polizisten, Militärs, darunter auch viele seiner eigenen Wähler, weil sonst niemand mehr da war. Am Ende hat er niemanden mehr, der im Kriegsfall für ihn schießt. Dann muss der Gute selber ran. Ostfront? Westfront? Heimatfront!

In den USA wäre das alles kein Problem – do it yourself. Die Bibel in der Rechten, die Knarre in der Linken. Bei den Militärausgaben stehen die Staaten allerdings mit ihren 4,3 Prozent des BIP auf einem ganz miesen 9. Platz – weit hinter dem Südsudan, der mehr als 10 Prozent für sein Militär hergibt. Heckler & Koch ist hocherfreut. Unsereins reicht eben mal 1,3 Prozent an die Truppe weiter – das sind schlappe 38 Milliarden im Jahr. Sechs bis sieben Milliarden Euro mehr (jedes Jahr) müssen schon drin sein, fordert Cheflobbyist Donald Trump. Geld, das dann allerdings bei Stuttgart 21 fehlen würde.

Keinundzwanzig? Ein ganz heikles Thema, bei dem sogar meine Omi Glimbzsch in Zittau kalte Füße bekommt. Mittlerweile findet ja auf breiter Front eine Art S-21-Absetzbewegung statt. Frei nach dem Motto: Umsteigen, bevor der Russe kommt oder der letzte Zug weg ist. Es war nicht irgendjemand, sondern die Schwertgosch aus Tübingen, Ministerin für Justiz und Ordnung von 1998 bis 2002, die die hohe Kunst der tiefen Schläge beherrscht. Herta Däubler-Gmelin, die frisch-fröhliche Sozialdemokratin, meinte in ihrem Plädoyer auf der Stuttgarter Kundgebung am 7.7.2018, es könne sich niemand mehr darauf berufen, dass die Volksabstimmung zu S 21 Grundlage oder auch nur ein politisches Mäntelchen für irgendeinen Auftrag sei. Die Abstimmung beruhte auf falschen Angaben, die entweder mit der Absicht der Täuschung von Anfang an verfälscht wurden oder die jedenfalls der Volksabstimmung die Grundlage entzogen haben, wenn später relevante, nicht kalkulierte Veränderungen hinzugekommen sein sollten. „Die missbräuchliche Verwendung öffentlicher Gelder (bezeichnet) unser Strafgesetzbuch … als Untreue …“. Sag ich doch! Herr Staatsanwalt, Ihre Zeugin. Übernehmen Sie!

Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit bald 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter: https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/380/meine-fresse-5212.html

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