Sie sind nicht böse, weil sie die Welt retten und das nicht den Profis überlassen wollen
Der Klimawandel war Handlungshintergrund des heutigen Jugendgottesdienstes in der ev. St. Remigus Kirche in Mengede. Unter der Leitung von Pfarrer Reinald Martin-Bullmann und angeregt durch die 16-jährige schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg hatten die Mengeder Jugendlichen ein aktuelles Thema für den Gottesdienst gewählt.
Das Thema wurde durch Berichte, Reportagen und ein fiktives Interview mit Greta unterschiedlich behandelt. Exzellente Live-Musik mit Titeln, von den Jugendlichen selbst ausgesucht, war das I-Tüpfelchen eines außergewöhnlichen Beisammenseins im ehrwürdigen Mengeder Gotteshaus, das den zahlreichen Besucherinnen zeigte: Kirche kann auch glaubhaft zu aktuellen Problemen Stellung beziehen. Und eine weitere Erkenntnis: Ein derart vorbereiteter und die ausgetretenen Pfade verlassender Gottesdienst ist in der Lage, die Menschen in der Gemeinde anzusprechen.
Exemplarisch für die Texte des heutigen Gottesdienstes soll der Theologe Jörg Zink in Erinnerung gerufen werden, der bereits 1970 eine böse Ahnung formuliert hat und zwar mit dem folgenden Text, den er ursprünglich für eine Anti-Atom-Demonstration in Stuttgart geschrieben hat:
Die letzten sieben Tage der Schöpfung
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Aber nach vielen Jahrmillionen war der Mensch endlich klug genug. Er sprach: Wer redet hier von Gott? Ich nehme meine Zukunft selbst in die Hand. Er nahm sie, und es begannen die letzten sieben Tage der Erde.
Am Morgen des ersten Tages
beschloss der Mensch, frei zu sein und gut, schön und glücklich. Nicht mehr Ebenbild eines Gottes, sondern ein Mensch. Und weil er etwas glauben musste, glaubte er an die Freiheit und an das Glück, an Zahlen und Mengen, an die Börse und den Fortschritt, an die Planung und seine Sicherheit. Denn zu seiner Sicherheit hatte er den Grund zu seinen Füßen gefüllt mit Raketen und Atomsprengköpfen.
Am zweiten Tage
starben die Fische in den Industriegewässern, die Vögel am Pulver aus der chemischen Fabrik, das den Raupen bestimmt war, die Feldhasen an den Bleiwolken von der Straße, die Schoßhunde an der schönen roten Farbe der Wurst, die Heringe am Öl auf dem Meer und an dem Müll auf dem Grunde des Ozeans. Denn der Müll war aktiv.
Am dritten Tage
verdorrte das Gras auf den Feldern und das Laub an den Bäumen, das Moos an den Felsen und die Blumen in den Gärten. Denn der Mensch machte das Wetter selbst und verteilte den Regen nach genauem Plan. Es war nur ein kleiner Fehler in dem Rechner, der den Regen verteilte. Als sie den Fehler fanden, lagen die Lastkähne auf dem trockenen Grund des schönen Rheins.
Am vierten Tage
gingen drei von vier Milliarden Menschen zugrunde. Die einen an den Krankheiten, die der Mensch gezüchtet hatte, denn einer hatte vergessen, die Behälter zu schließen, die für den nächsten Krieg bereitstanden. Und ihre Medikamente halfen nichts. Die hatten zu lange schon wirken müssen in Hautcremes und Schweinelendchen. Die anderen starben am Hunger, weil etliche von ihnen den Schlüssel zu den Getreidesilos versteckt hatten. Und sie fluchten Gott, der ihnen doch das Glück schuldig war. Er war doch der liebe Gott!
Am fünften Tage
drückten die letzten Menschen den roten Knopf, denn sie fühlten sich bedroht. Feuer hüllte den Erdball ein, die Berge brannten, die Meere verdampften, und die Betonskelette in den Städten standen schwarz und rauchten. Und die Engel im Himmel sahen, wie der blaue Planet rot wurde, dann schmutzig braun und schließlich aschgrau. Und sie unterbrachen ihren Gesang für zehn Minuten.
Am sechsten Tage
ging das Licht aus. Staub und Asche verhüllten die Sonne, den Mond und die Sterne. Und die letzte Küchenschabe, die in einem Raketenbunker überlebt hatte, ging zugrunde an der übermäßigen Wärme, die ihr gar nicht gut bekam.
Am siebten Tage
war Ruhe. Endlich. Die Erde war wüst und leer, und es war finster über den Rissen und Spalten, die in der trockenen Erdrinde aufgesprungen waren. Und der Geist des Menschen irrlichterte als Totengespenst über dem Chaos. Tief unten in der Hölle aber erzählte man sich die spannende Geschichte von dem Menschen, der seine Zukunft in die Hand nahm, und das Gelächter dröhnte hinauf bis zu den Chören der Engel.
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