Amadeu Antonio Stiftung*: 10 Punkte für eine kommunale Willkommensoffensive
Die Amadeu Antonio Stiftung hat anlässlich eines Treffens der Ministerpräsidenten der Länder zum Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt Ende Juni 2015 einen 10 Punkte Plan für eine kommunale Willkommensoffensive vorgelegt. Hierin fordert die Stiftung eine einheitliche Strategie für eine Teilhabe und Willkommensoffensive auf kommunaler Ebene. Politische Versäumnisse der letzten Jahre sind nach Auffassung der Stiftung mitverantwortlich dafür, dass die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften vielerorts immer wieder zu einem Klima der Ablehnung führen; die Leidtragenden sind dabei stets die Flüchtlinge.
1. Grundrecht auf Asyl
Kommunen sollten klar Haltung beziehen, dass Asylsuchende und Flüchtlinge willkommen sind. Denn Asyl zu bekommen, ist das Grundrecht eines jeden Menschen. Die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft darf nie zur Debatte stehen. Aber es darf und muss konstruktiv debattiert werden, wie und wo die Flüchtlinge untergebracht, willkommen geheißen und integriert werden.
2. Schutz vor Übergriffen
Gerade in strukturschwachen Regionen gibt es viele Engagierte, die im Falle einer Bedrohung für den Schutz von Flüchtlingsunterkünften sorgen. Sicherheit und Schutz vor Übergriffen sollten jedoch nicht auf die Zivilgesellschaft verlagert werden. Die Kommunen müssen dafür sorgen, dass die Polizei oder private Securityfirmen diese Aufgaben übernehmen. Das Sicherheitspersonal sollte weder aktuell noch in der Vergangenheit der rechtsextremen Szene nahe stehen und rassismuskritisch geschult werden.
Ehrenamtliches Engagement ist wichtig, darf aber nicht die professionelle Sozialarbeit ersetzen. Kommunen sollten hier – unterstützt durch die Länder und den Bund – Verantwortung übernehmen und personelle wie finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen für spezialisierte Flüchtlingsberatungen. Die Beratung sollte dabei auch rechtliche und soziale Fragen umfassen. In strukturschwachen Regionen kann eine derartige Beratung auch durch mobile Teams geleistet werden. Zusammen mit Migrantenorganisationen und anderen Initiativen können Erfahrungen geteilt und Willkommensmaterialien mit alltagspraktischen Hilfestellungen und rechtlichen Tipps erstellt werden.
und Inklusion, Angebote zum Spracherwerb, interkulturelle Öffnung der Behörden, z.B. Infopapiere in verschiedenen Sprachen.
Die Kommune sollte sich für eine frühzeitige gesellschaftliche Teilhabe der Flüchtlinge einsetzen und dabei auch deren Bedürfnisse erfragen – statt die soziale und gesellschaftliche Isolation zu verstärken. Kommunen können niedrigschwellige Möglichkeiten für Flüchtlinge schaffen, sich im Gemeinwesen zu beteiligen und einzubringen. Regelmäßige Sprechzeiten der Kommunalpolitik auch für Flüchtlinge anzubieten kann dabei hilfreich sein. Integrationsbeauftragte, -beiräte und -koordinator/innen anderer Kommunen können mit ihren Erfahrungen beratend zur Seite stehen. Zudem müssen Kommunen einen barrierearmen und diskriminierungsfreien Zugang zu Bildung, Gesundheit, Wohnen, Ausbildung und Arbeit schaffen.
Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung müssen zwar ernst genommen werden, dürfen aber nicht rassistische Argumentationen legitimieren. Bei Vereinnahmungsversuchen durch Rechtsextreme müssen Kommunen rechtzeitig intervenieren und sich offensiv gegen rechtsextreme und rassistische Aufmärsche, Aktivitäten und Parolen stellen. Hier kann auch die lokale Presse einen wichtigen Beitrag leisten. Eine Berichterstattung, die den Fokus auf Willkommensaktivitäten und konkrete Angebote für Flüchtlinge legt, kann positive Effekte haben und die öffentliche Meinung wenden: Von einer ablehnenden Haltung hin zu einer solidarisch geprägten Unterstützungskultur.
Kommunen sollten Willkommensbündnisse unterstützen, indem sie Einrichtungen und Menschen vernetzen, die sich bereits engagieren oder dies tun möchten. Dafür sollten ihnen kommunale Räume und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Denn die Suche nach geeigneten Räumen für gemeinsame (Freizeit-) Aktivitäten, kulturelle Veranstaltungen, Internetcafés für Flüchtlinge oder Begegnungs- und Werkstätten ist zeitraubend, kräftezehrend sowie mit finanziellen Hürden verbunden. So können Kommunen ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit stärken ohne sie zu überfordern.
Bereits vor Ort bestehende Infrastrukturen aus Ämtern und öffentlichen Einrichtungen, Wohlfahrtsverbänden, Migrantenorganisationen, Flüchtlingsräten und -initiativen, Bürgerstiftungen, Freiwilligenagenturen, Wohnungsbaugesellschaften, Kirchen und Gewerkschaften sollten als Schnittstellen besser vernetzt, qualitativ weiter entwickelt, ausgebaut und gestärkt werden.
Unternehmen, die sich für eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen einsetzen, stellen wichtige Kooperationspartner für Kommunen dar. Denn diese können eine Vorreiterrolle einnehmen und das gesellschaftliche Klima positiv beeinflussen.
In diesem Zusammenhang finde ich dieses lesenswert: httpss://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-in-chieming-das-anti-freital-am-chiemsee-1.2596008