Demokraten im Abseits – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Demokraten im Abseits

Ein Kolumne von Peter Grohmann

KONTEXT:Wochenzeitung vom 06.11.2019

Vielleicht riecht diese Glosse ja noch stark nach Druckerschwärze, während sich in Berlin die große Koalition auf den Nachhauseweg macht. Eventuell schauen die Sozialdemokraten noch eben bei der Fünf-Prozent-Hürde rein, auf einen Absacker. Die Linke reibt sich in Berlin-Mitte die eiskalten Hände. Im traurigen Monat November war’s, die Tage wurden trüber …

Klar, durch den Thüringer Wald bin ich oft gegangen, mit der Omi Glimbzsch und der Hoffnung auf ein neues Deutschland. Das haben uns die Wandervögel von der SED vermasselt. Damals sangen noch die Vöglein, da gab es Insekten in Hülle und Fülle. Die werden weniger, sterben gar aus. Dafür gibt es immer mehr Dumme, größere Kartoffeln, zu viel Unterrichtsausfall, zu wenig Wohnungen und den größten Kuhstall der Welt.

Die Dummen sind natürlich immer die anderen. Manchmal sitzen sie in Stadt und Land ganz oben, aber das darf man nicht sagen, weil wir eine Demokratie sind und die dann durch so eine Miesmacherei noch mehr bedroht ist. Mehr als 50 Prozent der Leute in den wenigen Demokratien rund um den Globus glauben übrigens, dass diese Form des Zusammenlebens bedroht ist. Aber sie sind noch relativ still.

Ob man nun die geplante Erhöhung der Fahrpreise im ÖPNV nimmt oder, wie in Stuttgart, den fatalen Verzicht der Stadt auf ihr Vorkaufsrecht bei Grundstücken – die Entscheider sitzen am längeren Hebel, an den Zuschusstöpfen, haben das Wohl des Autos im Kopf und wohnen im Grünen. Dass sie mit der Muffe gepufft sind, sagen nur die am Gemeinnutz orientierten Bauträger. Aber ganz, ganz leise.

Anders Jane Fonda. Die Schauspielerin war schon bei den Protesten gegen den Vietnamkrieg lauter als ihre Leisetreter-Kollegen. Jetzt widersetzte sich die Alterspräsidentin des zivilen Ungehorsams zum wiederholten Male einer behördlichen Anordnung gegen eine Brandschutzübung (#Firedrillfriday) und musste die Nacht im Knast verbringen. Es gibt eben auch gute Nachrichten. Leider fehlt es noch an couragierten Nachahmern. Knast mag keiner, aber eine geile Gelegenheit für neue Formen des Protestes wäre der 28. November. Falls Sie im Urlaub sind – der Termin gilt weltweit.

Die gute Nachricht zum Schluss: In einem Spezialbericht zu Ozeanen und Eisschilden behauptet der Weltklimarat IPCC, dass uns das Meer mehr entgegenkommt. Ich hatte mit zwei Metern gerechnet – die Prognose liegt aber nur bei lächerlichen 1,10 m.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit mehr als 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter:

 

 

 

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