Der Merz ist gekommen – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Der Merz ist gekommen

Eine Kolumne von Peter Grohman

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Luther? Quatsch, der war nur Rassist. Und auf Heinrich Globke, den Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, lässt man heute eh nix mehr kommen. Sorry, der heißt nicht Heinrich, das hab‘ ich mit Lübke verwechselt, einer der Bundespräsidenten. Der gläubige Heinrich war Katholik und Bauleiter in Peenemünde, wo KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter unter seiner Oberaufsicht eingesetzt wurden.

Anders als Hans Filbinger, Marinerichter bei Hitler und Ministerpräsident in Baden-Württemberg, hat ja Globke nie direkt Todesurteile gefällt. Die Leute sind zu hunderten einfach so gestorben. Verdienstkreuz! Kurt Georg Kiesinger andererseits kann man allenfalls seine Mitgliedschaft in der NSDAP vorwerfen (seit 1933), im Übrigen hat er unter Ribbentrop nur seine Pflicht als Propagandist für Goebbels erfüllt.

Theodor Oberländer hat es da nur bis zum Minister unter Adenauer geschafft. Wechselhaft bei FDP und CDU engagiert, hatte er sich vorher für die kompromisslose ethnische Säuberung in von Deutschland annektierten Gebieten eingesetzt und nur nebenbei für die Ermordung der Juden. Reinhard Gehlen wiederum baute skrupellos den skrupellosen Bundesnachrichtendienst auf: Dort wurden nach 45 zahlreiche hohe und niedrige Kriegsverbrecher geparkt. Der Generalmajor der Nazis (Fremde Heere Ost) erhielt dafür 1968 das Bundesverdienstkreuz.

An der Schalthebeln der Macht saßen nach 1945 Mitläufer oder Täter als Richter, Politiker, Unternehmer, als Abgeordnete, Kanzler, sie saßen in Polizei und Verwaltung, in den Medien, Banken, in den Spitzen der Bundeswehr, in Universitäten und Schulen. Überall. Wisch und weg, sagte man meist auch bei der SPD, die das Gesindel wie die anderen Parteien auch direkt oder indirekt schützte und selbst nicht frei davon war. Auch nicht Kirchen, Gewerkschaften, die ganze Mischpoke der bürgerlichen Mitte.

Selbst hinter dem antifaschistischen Schutzwall, ostwärts und zwischen Erfurt, Karl-Marx-Stadt und Berlin (Hauptstadt der DDR), hatten die großen Nazis eine neue Heimat. Von den kleinen Nazis reden wir nicht. Die haben sich angepasst und hier und da ihre Ansichten an Enkel und Urenkel vererbt: Dass man „damals“ verführt wurde, ja, in Wahrheit Opfer war und nicht Täter. Und in Auschwitz waren ja beide – die Linken hinter und die Rechten vor dem Stacheldraht.

     Thüringen, du schönes Land
Deutschlands grünes Herz genannt

     Hilfst mit Köpfen und mit Händen
     Merzens Pläne zu vollenden …

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit mehr als 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne. Näheres unter:

https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/463/der-merz-ist-gekommen-6513.html

 

 

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