Zigarettenstummel sind Giftmüll
Wer in der Zeit des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach eine Zigarettenkippe wegwarf, tat damit noch ein gutes Werk. Zigaretten waren knapp und rationiert. Der Tabak war ein kostbares Gut, das nicht selten als Geldersatzmittel fungierte. Kein Wunder, dass „Kippensammler“ unterwegs waren, die die Zigarettenstummel der Wiederverwertung zuführten. Dabei brauchten sie sich oft noch nicht mal zu bücken, denn mit einem selbstgebauten Nagelstock konnte man die Sammelobjekte einfach aufpicken.
Filterzigaretten gab es damals noch nicht. Die aufgesammelten Reste enthielten Tabak, den man in die Pfeife stopfen oder bei größerer Ausbeute zu einer „Selbstgedrehten“ umwandeln konnte. Da hatte man echten Tabakgenuss im Gegensatz zu dem damals auch üblichen Tabakersatz aus getrockneten Kohlblättern.
Heute sieht das anders aus. Zigaretten sind zwar teuer, aber bei entsprechendem Geldeinsatz unbegrenzt verfügbar. Auch aus Not wird niemand mehr einen Zigarettenstummel auflesen, da ist das Pfandflaschensammeln ergiebiger. Längst hat die Zigarettenindustrie den Konsumenten das „gesunde
Rauchen“ durch den Filter einsuggerieret. Kaum einer denkt daran, dass durchdas intensivere Ziehen an einer Filterzigarette viel mehr Giftstoffe in die Lunge geraten als bei einer filterlosen. Nach dem Tabakgenuss werfen immer noch viele Raucher den Rest mit dem Filter einfach auf den Boden, meistens achtlos, ohne nachzudenken, häufig aber auch mit Bedacht, wenn gerade keinerguckt. Daraus ergibt sich nicht nur ein ästhetisches Proble
So schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 9. April 2011: „Die Welt ist ein Aschenbecher. Betrachtet man die blanke Stückzahl, sind Zigarettenkippen der häufigste Müll in der Landschaft. 5,6 Billionen Zigaretten werden jedes Jahr weltweit geraucht, 4,5 Billionen davon werden achtlos weggeworfen.“ Untersuchungen haben ergeben, dass jeder Glimmstängelrest 50 krebserregende Stoffe in hoher Konzentration enthält. In den Filtern sammeln sich also toxische und krebserzeugende Substanzen an – dazu gehörten neben Nikotin auch Arsen und Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom, Cadmium und jede Menge Teer. Wer das als Panikmache abtun möchte, kann einen Versuch machen: Wenn er nur einen Zigarettenstummel in ein Aquarium wirft, werden nach wenigen Tagen die Fische mit dem Bauch nach oben schwimmen. Wer gegen Tierversuche ist, kann die Wirkung auch am eigenen Körper ausprobieren: Einen gebrauchten Filter mit Fruchtsaft geschmacksneutral runterspülen. Übelkeit und Erbrechen gehören zu den harmloseren Symptomen.
Wie schnell können die Gifte über das Grundwasser in die Nahrungskette der Menschen gelangen. Zigarettenfilter sind keine Naturstoffe, enthalten kaum biologisch abbaubare Stoffe. Sie sehen aus wie Watte, enthalten aber viel Plastik. Das braucht nicht nur Jahrzehnte, bis es abgebaut ist, sondern zerfällt dabei zu Mikroplastik. Vögel, Fische und andere Tiere fressen diese winzigen Teilchen und verenden daran. Dementsprechend will das EU-Parlament die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, die Zahl kunststoffhaltiger Zigarettenfilter bis 2025 um die Hälfte und bis 2030 um 80 Prozent zu reduzieren. Aber noch ist die Richtlinie nicht in Kraft.
Die Stadt Dortmund hat die Strafen für weggeworfene Kippen drastisch erhöht. Diese Umweltsünde ahndet sie inzwischen mit 50 €. Doch wann erwischen die Ordnungsbehörden mal einen Übertäter und können ihn zu Kasse bieten? Besser wäre es, wenn bei den Rauchern die Einsicht in ihr Fehlverhalten wachsen würde. Man muss ja nicht gleich den noch glimmenden Rest in die Hosentasche stecken um dann wie einst Willy Millowitsch als Anton Kistenmacher wild herumzuspringen. Eine Box als Taschenaschenbecher tut da gute Dienste. Sie mitzunehmen, kann doch nicht so schwer sein. Notfalls lassen sich die Kippen auch in das Stanniolpapier der Zigarettenpackung einwickeln. Zu Hause landen sie dann zwar immer noch in den Restmüll, aber die Nähe zum Grundwasser wäre nicht ganz so groß. Vielleicht kann man ja bald, gesammelte Zigarettenreste wie auch Farben und andere Giftstoffe an der Deponie in Huckarde abgeben. Das wäre jedenfalls die sauberste Lösung.