Menschenhändler
Eine Kolumne von Peter Grohmann
Im Grunde genommen können wir uns in Deutschland die doch sehr aufwendige Ausbildung von Krankenschwestern oder -Brüdern nicht leisten, von Kindergärtnerinnen etc. ganz zu schweigen. Die Modernisierung der Bundeswehr etwa oder der Ausbau des Fernstraßennetzes müssen weiterhin Vorrang haben. Denn es nützt nämlich die beste Krankenschwester nix, wenn morgens der Russe an der Haustür klingelt und statt Grüß Gott „Dawai! Dawai“ ruft und die Prawda statt der taz in den Briefkasten wirft.
Da können Sie so oft Sie wollen mit Ihrem Kontext-Abo rumwedeln: Wenn der Rotarmist erst mal da ist, gibt es für Protestler wie Euch Permafrost-Fernreisen nach Sibirien, für umme, und das war’s dann!
Doch halt! Jetzt bloss keine voreilige Panik! Das Menschenmaterial fürs deutsche Gesundheitswesen (sprich: „Bedarfe“) gibt es seit langem deutlich günstiger auf dem Balkan: Zertifiziert, jung, gesund, motiviert, preiswert. Und die Leute von dort wissen, was sie von Deutschland haben. Wenn’s dann doch mal mal eine Lücke in der Lieferkette gibt, nehmen wir notfalls auch Mexikanerinnen. Natürlich müssen uns alle Pflegekräfte vertraglich zusichern, dass sie unfruchtbar sind oder dass ihre Kinder bei der Oma in Kohice oder Krk bleiben. Und bei der Altenpflege steht uns ja ausserdem das östliche Hinterland der DDR zur Verfügung – Ohoo Ma-ha-ri-haha hilf!
Das Ganze läuft konkret so ab: Der Menschenhändler als solcher fällt mit dem Seegen von Jens Spahn und der AOK in die balkanesischen Krankenhäuser ein, prüft Gebiss und Gebärfähigkeit der Weiber, fachliche Ausbildung und Praxis. Dann kann das Schwesterchen reisen. Sie weiß: bei den Zurückgebliebenen in der Heimat stirbt jeder für sich allein. Wir können bei diesem new health deal logischerweise nur ganz erlesenes Menschenmaterial verwenden: Die Versicherten in Deutschland haben einen Rechtsanspruch auf ordentliche Behandlung und fachärztliche Betreuung – wenn sie nicht zufälligerweise selbst Sozialhilfeempfängerin oder Aufstocker sind.
Meine Omi Glimbzsch in Zittau weiß: Wir hatten seinerzeit die V2 und hätten beinahe gewonnen, wenn uns Halbdeutschen die nicht in den Rücken gefallen wären. Dann wäre das später alles nicht passiert. Heute haben wir das beste Gesundheitssystem auf Erden und können uns deshakb auch als eine der ganz wenigen Nationen freie Fahrt für freie Bürger leisten, mit der SPD. Aber angeschnallt bleiben.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. Wir danken Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne.