Die Corona-Depression

2. Folge zur Pandemie: Virus, Kriege, Waldbrände

Die Pusteblume könnte Modell für ein Coronavirus gestanden haben. Grafik: Zybon-Biermann

So deprimiert war die Stimmung seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht mehr. Die Corona-Krise ist schuld. Im Hinblick auf die Pandemie gab es seit der spanischen Grippe 1918 nichts Vergleichbares.„This is the end, the end, the end, the end“ tönt es im Radio. Melodisch, aber nicht gerade aufmunternd. Darüber hinaus fast nur Schreckensnachrichten auf allen Kanälen: Das Corona-Virus breitet sich aus, Kriege gehen weiter und die Klimakrise auch.

Das Wetter steuert seinen eigenen Beitrag hinzu, wobei die Meinungen geteilt sind. Die Meteorologinnen der privaten TV-Sender prophezeien mal wieder sonnig lächelnd, das Wochenende verspreche, schön zu werden, warm und trocken. Der öffentlich-rechtliche Wetterfrosch weist als einziger auf die Nebenwirkung ewigen Sonnenscheins hin: „Sie müssen gießen.“

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, den Ausgangsbeschränkungen mit Gartenarbeit eine positive Seite abzugewinnen, aber inzwischen ist mir das Vergnügen vergangen. Es macht keinen Spaß, den ausgedörrten Garten stundenlang zu wässern, damit er am Leben bleibt. Auf die Gefahr hin, zur Außenseiterin und Spaßverderberin erklärt zu werden, der man es nie recht machen kann: Verflixt, permanente Trockenheit ist kein schönes Wetter.

Hitze und Dürre setzen Bäumen zu

Pünktlich zum Blütemonat Mai startet der weiße Flieder. Foto: Zybon-Biermann

Die letzten Jahre haben gezeigt, was monatelanger Sonnenschein anrichten kann, in den Wäldern, der Landwirtschaft. Aus den alten Bergahornen am Haus sind bereits 2018 mitten im Juni größere Äste abgebrochen, voll belaubt, ohne Krankheitszeichen. Aber der Mittelmeersommer ohne einen Tropfen Regen plus 40 Grad Celsius ging vermutlich über ihre Kräfte.

2019 begannen die Zweigspitzen an der Südseite des größten Bergahorns zu vertrocknen; jede stürmische Böe kämmt seitdem abgestorbene, dürre Reiser und Aststücke aus der gigantischen Baumkrone. Das hat einen Effekt wie das Spitzenschneiden beim Friseur, letzteres inzwischen eine in die Ferne gerückte Erinnerung. In Corona-Krisenzeiten fallen Besuche im Frisiersalon aus. Mein normalerweise kinnlanger Pagenkopf reicht bereits bis auf die Schultern.

Die Schnippelei an Büschen und Heckensträuchern darf weitergehen. An Wegen muss der Jahreszuwachs sogar zurückgeschnitten werden, damit sie weiterhin genutzt werden können. Wenn ich die Heckenschere dazu einsetze, den Austrieb am äußeren Grundstücksrand zu kürzen, stelle ich mir angesichts des schmalen Gehwegs und des nicht einzuhaltenden Abstands zu Spaziergängern die Frage, ob ich mir nicht besser einen Mund-/Nasenschutz umbinde.

Bevor die Frage Vermummung ja oder nein entschieden ist, greife ich erst mal wieder zum Wasserschlauch, weil einige Pflanzen sich sichtlich unwohl fühlen und die Blätter hängen lassen.

Übrigens: Die erste Hortensie, die ich wie geplant vor einem Monat an die Ostseite des Hauses umgepflanzt habe, hat die Aktion bisher überstanden. Nur einige Blätter sind vertrocknet; aber sie treibt kräftig neu aus. Ein Funken Hoffnung, immerhin. Das installierte Bewässerungssystem scheint zu funktionieren; leider ist nicht ausreichend Material für weitere Umzugskandidaten oder noch mehr Kübel vorhanden. Gut, dass die Gartenmärkte geöffnet sind.

Einmalhandschuhe in den Rosen

In den inzwischen kräftig austreibenden Rosen hängen auf links gezogene Einmalhandschuhe, offenbar vom Wind verweht. Super, dass ich die kleine Grillzange nicht weggeworfen habe, mit der ich diese Zeugnisse der Coronakrise greifen und in die graue Tonne stopfen kann. Ich vertraue darauf, dass eventuell auf der Zange überlebende Viren bei 60 Grad in der Spülmaschine auf jeden Fall umkommen. Früher hing die Grillzange bei den Küchenutensilien. Heute im Gewächshaus bei den Gartengeräten. Die Zeiten ändern sich.

Übrigens – ist Ihnen aufgefallen, dass die Wälder rund um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl in den letzten Wochen gebrannt haben? Irgendwie ist das in den Nachrichten dieses Jahres zur Randnotiz geworden. 1986 war der Super-Gau das bestimmende Thema. Im Vordergrund stand die Sorge, unbelastete Lebensmittel zu bekommen. Gekauft wurde vor allem, was möglichst wenig radioaktive Strahlung abgab. Viele Leute kauften Geigerzähler. Damals starben die Wälder rund um die Nuklear-Anlage.

Was jetzt abgebrannt ist, war der junge Wald, der auf dem verseuchten Boden aufwuchs. Kann sein, dass sich gar nicht so viel ändert. Die Katastrophen jedenfalls scheinen uns treu zu bleiben. Auch in Deutschland, nein, in ganz Europa scheint die Waldbrandsaison bereits begonnen zu haben – im April! Ich hoffe, dass wenigstens das Wasser nicht knapp wird. Und vielleicht noch genug für den Garten bleibt.

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