Nordwärts zu den Lofoten Teil (1/3)

Von Mengede per Fahrrad zu den Lofoten und zurückradtour karte Kopie

Einen besseren Start meiner Radreise hätte ich mir nicht vorstellen können.
Zusammen mit Dominik, einem guten Freund, startete ich morgens am 9. Mai 2015 Richtung Münsterland. Der Wind kam von hinten und nachmittags erreichten wir die erste Hürde der Tour, den Teutoburger Wald bei Ibbenbüren.

Nach zwei Hügelketten rollte es gut weiter und wir erreichten abends, nach 120 Kilometern relativ geschafft, ein lauschiges Plätzchen in einem Waldstück.

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An der Ostsee bei Fehmarn

Die nächsten Tage verliefen ähnlich sorgenfrei und einfach – mit einer schönen Übernachtungsstelle an der Weser bei Bremen, einer sehr chaotischen Durchfahrt durch Hamburg (bereits hier wurde klar: Große Städte sind für den Radreisenden eine große Herausforderung), einem Schleswig-Holstein, das wir uns eindeutig flacher vorgestellt hatten und einem deftigen Essen an der Ostsee nach 500 gefahrenen km in der Nähe von Fehmarn.

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Von Insel zu Insel in Dänemark

Von dort setzten wir mit der Fähre nach Dänemark über, wo uns schnell deutlich wurde, dass sie es hier gut mit Radfahrern meinen.

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Christian sammelt unser Abendessen

Bis Kopenhagen hatten wir super Radwege, gute Beschilderungen und radfahr-freundliche Autofahrer. In Kopenhagen teilt man sich die gute Radinfrastruktur mit unzähligen anderen Radlern, was zu einer sehr angenehmen Atmosphäre in der Stadt beiträgt. Ein Däne, den wir von einem Schulaustausch kannten, beschloss einen Tag vor meiner Weiterfahrt, mich bis Göteborg zu begleiten. So brachten Christian – der neue dänische Begleiter – und ich Dominik zum Zug. Der fuhr zurück nach Deutschland und wir fuhren Richtung Norden zur Fähre von Helsingør und mit der rüber nach Helsingborg in Schweden.

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Sonnenuntergang in den schwedischen Schären

Dort radelten wir auf meist kleinen Wegen und Straßen an der Kattegatt-Küste entlang, Göteborg immer näher kommend. Wir hatten eine gute Zeit; fanden schöne Stellen zum Zelten, direkt am Meer, lieferten uns Fußballduelle mit schwedischen Jungs, machten abends Lagerfeuer und sahen beide unseren ersten Elch in freier Wildbahn.

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Die erste Elchbegegnung

Nachdem Christian in Göteborg in den Zug zurück nach Hause gestiegen war, es war bereits später Nachmittag, überkam mich eine unbeschreibliche Euphorie: Jetzt bist du auf dich allein gestellt, jetzt geht es erst richtig los; der hohe Norden kann kommen!

Ich fuhr noch viele Kilometer an diesem langen Tag und fand eine sehr schöne Stelle zum Zelten, und zwar an einem See, wie man ihn aus Astrid Lindgrens Büchern kennt. Am nächsten Morgen wurde ich dann erstmal zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Mein geplantes Bad im See fiel nach dem ersten Blick aus dem Zelt flach. Im Gegenteil: Schnell das Zelt wieder schließen und zurück in den Schlafsack. Es war sehr kalt draußen, und deshalb frühstückte ich im Zelt. Danach packte ich meine Sachen und schwang mich wieder aufs Fahrrad.

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Traumhafte Straßen in Schweden

Die Straßen in Schweden waren sehr angenehm zu fahren. Die Landschaft war sehr schön, zudem gab es wenig Verkehr. So jedenfalls der subjektiv gefärbte Blick eines eingefleischten Schweden-Fans. Ein anderer hätte an dieser Stelle vielleicht geschrieben: Links und rechts nur Nadelbäume, leichtes aber stetes und nervtötendes Auf und Ab und die Straße sehr langweilig – nicht einmal ein Auto sorgt für gelegentliche Abwechselung.

So ging es etwa 3 Tage lang, bei teilweise richtig schönem Wetter zur norwegischen Grenze bei Kongsvinger. Dort passierte eine Art Schlüsselereignis, das mich – Gott sei Dank konnte ich es zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen – während der nächsten Wochen meiner Reise quasi begleitete: Ich war gerade einmal einen, vielleicht auch 3 Meter auf norwegischem Boden, da fing es kräftig an zu regnen. Und es sollten nicht die letzten Regentropfen aus norwegischen Wolken sein, die mich begleiteten. Achtung Spoiler!: Ab diesem Zeitpunkt hatte ich bis zu den Lofoten keinen regenfreien Tag mehr.

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Der Fluss Glomma

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Es wird kühler, die ersten norwegischen Berge

Ich fuhr bei wechselhaftem, recht kühlem Wetter durch die Ebene des von der Schneeschmelze angewachsenen Flusses Glomma, bis die ersten höheren, noch schneeweißen Berge auftauchten und ich die Flussebene verließ. Ich hatte zwei Passhöhen zu überqueren und je höher es ging, desto näher kam die Schneegrenze und desto weiter weg war der erhoffte Frühling. An einer Höhe fand ich eine nette Stelle zum Campen, und so schlug ich mein Zelt in einer Vegetation auf, die mit unseren heimischen Pflanzen im Wachstum von Ende Februar verglichen werden kann – also keine Anzeichen von Frühling, und das im späten Mai.

An dieser Stelle möchte ich meine Aussage mit den Regentagen korrigieren, denn als ich morgens aus dem Zelt guckte, regnete  es nicht, nein, es schneite. Mein Fahrrad, Zelt und alles, was noch draußen lag, war von einer circa 5 cm dicken Schneeschicht bedeckt. Außerdem bemerkte ich, dass es nachts mächtig in mein Zelt getropft hatte und meine darin liegenden Sachen und ich selbst pitsch-nass geworden waren. Frierend packte ich meine Sachen zusammen und fuhr durchs Schneetreiben los, in der Hoffnung, hinter jeder Kurve den nächsten Ort zu entdecken.

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Ich traf eine Postbotin, die an der Straße gerade Briefe zu den weit verstreuten Häusern brachte und fragte sie, wie weit es denn zum nächsten Ort sei. „2,5 Meilen“, war ihre Antwort, die eine große Zufriedenheit in mir auslöste. Doch einige Kilometer später wurde mir klar, dass es sich nicht um die normale englische Meile handelte. Nein, die Rede war von der skandinavischen Meile, die etwa 10 Kilometern entspricht.

Nach dieser Feststellung war meine Stimmung auf dem absoluten Tiefpunkt. Irgendwann erreichte ich den Ort mit gemütlichem kleinen Supermarkt, wo ich ein Tischchen  im Eingangsbereich für ein ausgiebiges Frühstück nutzte, aber auch, um meine nassen Sachen zu trocknen. Hier war auch ein Teil der Schule des Ortes und die Schülerinnen und Schüler verkauften dort gerade selbst gebackene Waffeln für einen guten Zweck. Als ich mit ihnen ins Gespräch kam, stellte sich heraus, dass eine der Schülerinnen deutsche Großeltern hatte. Sie bot mir in fließendem Deutsch an, eine Nacht in der Hütte ihrer Familie zu verbringen, dort meine Sachen zu trocknen und mich etwas auszuruhen.

Das Angebot kam mir wie ein Lotto-Gewinn vor. Ich nahm es gerne an, und so konnte ich am nächsten Morgen – gut gestärkt und vom Kamin gewärmt – in bester Stimmung starten. Der Schnee war wieder abgetaut, und ich fuhr mit neuer Energie nach Trondheim, wo ich gerade noch rechtzeitig am 30.5. eine Herberge fand und pünktlich um 20 Uhr eine Kneipe fand, um im Fernsehen das Pokalfinale zwischen Dortmund und Wolfsburg zu verfolgen. Das Bier dort war übrigens das teuerste, aber wahrscheinlich wohlverdienteste meines Lebens. Dachte ich.

Mein Bericht über die Erlebnisse entlang der Atlantikküste wird in Kürze mit der 2. Folge fortgesetzt.
Hinweis: Zum Vergrößern derFotos diese bitte anklicken!