Bernhard Pötter: Klimawandel – 33 Fragen / Antworten
Claudia Kemfert: Mondays for Future
Es ist sehr mutig, noch ein weiteres Buch zum Thema Klimawandel herauszugeben. Dass in kurzen Abständen gleich zwei Bücher auf den Markt gebracht wurden, die sich mit diesem Thema befassen, zeigt die besondere Aktualität. Und weil sie neben ihrer Aktualität auch noch interessant zu lesen sind, werden beide – das sei vorweggenommen – hier wärmstens empfohlen.
Beide Bücher haben von der Grundidee gewisse Übereinstimmungen, denn es handelt sich jeweils um eine Übersicht der aktuellen Fragen und Antworten zum wichtigsten Thema der Zeit.
Auch die Autoren haben eines gemeinsam, denn sie können beide seit Jahren zu den engagierten Vertretern eines konsequenten Klimaschutzes gezählt werden.
Claudia Kemfert ist „die bekannteste deutsche Wissenschaftlerin für Energie- und Klimaökonomie. Sie leitet die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin und ist Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit. In Politik und Medien ist sie eine gefragte Expertin und überzeugte Kämpferin für eine zukunftsfähige Energiewende.“ (Klappentext). Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Claudia Kemfert seit 2016 Mitglied – und z. Zt.stellv. Vorsitzende – des von der Bundesregierung jeweils für vier Jahre eingesetzten Sachverständigenrates für Umweltfragen( SRU) ist . Der SRU berät seit 1972 die Bundesregierung und ist damit eine der ältesten Institutionen wissenschaftlicher Beratung für die deutsche Umweltpolitik.
Bernhard Pötter – Jahrgang 1965 – ist Journalist und Autor. Seit 1993 arbeitet er für die taz in Berlin. Er schreibt auch für Spiegel Online. Zwischenzeitlich arbeitete er als freier Journalist in Paris. Er studierte an der Freien Universität Berlin und in Bloomington Amerikanistik, Politik und Jura. Anschließend absolvierte er eine Journalistenausbildung
Empfehlenswert ist es, die Lektüre zunächst mit Pötters „Klimawandel“ zu beginnen. Hier gibt es auf 126 Seiten 33 Fragen mit kurzen Antworten zu lesen – alles im Stil eines erfahrenen Journalisten. Schwer zu sagen, welche der Fragen und Antworten besonders wichtig sind; das sollte jeder selbst für sich entscheiden. Dementsprechend kann auch die Reihenfolge nach persönlichen Interessen gewählt werden. Auf die Fragen z.B. wie der Klimawandel Deutschland verändert, was der Kohlausstieg bringt oder ob wir eine Rückkehr zur Atomkraft brauchen, gibt es spannende, verständliche Antworten, die einleuchten, die allerdings nicht den Anspruch, es seien die einzig richtigen.
Wer nach den kurzen Analysen von B. Pötter mehr wissen möchte, könnte jetzt zu Claudia Kemfert wechseln. Ihre 123 Fragen hat sie in 10 Kapitel aufgeteilt, beginnend mit Kap. 1: KLIMA – KONFERENZEN – KOMPROMISSE und endend mit Kap. 10: WIDERSPRÜCHE – KONFLIKTE – TEUFLISCHE DETAILS.
Ihr kommt zugute, dass sie in wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhängen denkt. Sie verlässt bei ihren Überlegungen wohltuend die üblicherweise an den WISO-Fakultäen vermittelten Weisheiten vom Wettbewerb und vom Markt, die nach der „reinen Lehre“ alle einschlägigen Probleme lösen. Vor allem sind die Antworten praxisbezogen – was an dieser Stelle nicht als Vorwurf verstanden werden sollte. Ein willkürlich gewähltes Beispiel gefällig? Ihr Fazit auf die Frage 40: Kann individueller Konsumverzicht den Klimawandel stoppen? (im Kap. 4: MARKT – KONSUM – DEAL): Wir müssen den Menschen einen machbaren Weg zeigen und dafür auch politisch die Weichen stellen. Statt Askese zu predigen und zu üben sollten wir uns freuen: Mit Klimaschutz bleibt die Welt lebenswert. Das bedeutet vor allem, jegliches Wirtschaften auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz auszurichten. Dafür braucht es einen bunten Strauß an Instrumenten aus Ordnungsrecht und ökonomischen Rahmenbedingungen. Die Politik muss diese Instrumente schaffen und zur Verfügung stellen, die Menschen müssen sie verantwortungsbewusst, kreativ und harmonisch einsetzen.
Zum Schluss gibt es eine Vielzahl von Aufgaben für die LeserInnen – konkret: eine To-do-Liste von 50 Handlungsempfehlungen. „Es ist nur der Anfang einer viel größeren Liste“, schreibt die Autorin dazu.
Claudia Kemfert ist zudem davon überzeugt, dass Klimaschutz, Frieden, Demokratie und eine solidarische Gesellschaft zusammen gehören. Hierbei dürfte sie sich nicht wesentlich von Bernhard Pötter unterscheiden. Insoweit befinden beide sich auch in Übereinstimmung mit einer deutlichen Mehrheit in unserer Republik, die verbindliche, konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz nicht nur befürwortet, sondern sie geradezu fordert.
Claudia Kemfert sagte kürzlich, sie verstehe sich als Brückenbauerin zwischen den Generationen. Das ist leichter gesagt, als getan, denn Menschen wie sie und wie B. Pötter, die nicht nur schwarz und weiß oder richtig und falsch sehen, sind einem konzertierten Klimaschutz- und Energiewende-Mobbing ausgesetzt, was ausschließlich dem Zweck dient, das für einzelne Industriezweige gewinnbringende fossile Zeitalter zu verlängern.
Schon allein deswegen sind beide Bücher wichtig. Sowohl in Berhard Pötters Fragen und Antworten zum Klimawandel, wie auch in Claudia Kemferts erfreulich praktischem politischen Buch wird weniger über sterbende Branchen geschrieben, sondern mehr über die Zukunft, um die es jetzt geht.