Frauenpower im Stadtbezirk

 Heute: Die KostümabteilungIMG_0622

des Theaters Dortmund

Für viele Mengeder und Mengederinnen sind Kunst und Kultur auch außerhalb ihres Stadtbezirks von großem Interesse. Besonders aber dann, wenn noch eine Mengederin daran beteiligt ist. Deshalb führt das aktuelle Interview in der Reihe „Frauenpower im Stadtbezirk“ heute aus dem Einzugsbereich des Vorortes hinaus in die Innenstadt, und zwar zum Theater Dortmund.

Bei dem Stichwort „städtische Bühnen“ denkt man spontan an große Gesangsrollen in Oper und Operette, an Solistinnen im Orchester, Solotänzerinnen beim Ballett oder große Frauenrollen beim Schauspiel. Dort hat Mengede: InTakt! sich allerdings nicht umgesehen, sondern in den Werkstätten des Dortmunder Theaters. Genauer: In der Kostümabteilung. Hier trafen wir die Leiterin der Abteilung – Kostümdirektorin Ute Werner und eine der vier Gewandmeisterinnen des Theaters, die aus Mengede stammt und dort lebt. Beide haben uns vielfältige Einblicke in die Arbeit ihrer Abteilung gegeben: Das war ein ganz spannender und informativer Nachmittag!

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Wer über das Theater in Dortmund spricht, hat in der Regel die Qualität der Aufführungen im Blick. Man denkt weniger an den Servicebetrieb eines solchen Hauses; allenfalls wird Service bei den Programmankündigungen, beim Kauf der Eintrittskarten oder beim Abo-Service sichtbar. Aber zum Servicebereich eines Theaters gehört auch die Kostümabteilung, was nur wenige wissen. Diese Abteilung ist für das Anfertigen sämtlicher Kostüme zuständig, die in allen fünf Sparten des Theaters benötigt werden. Die durchgehend meiste Arbeit fällt für die Sparten Oper und Ballett an, denn für manche dieser Aufführungen werden bis zu 200 Kostüme benötigt. Große Ausstattungen wie z. B. „La Traviata“, „Die rote Kammer“ oder „Schwanensee“ gehören zu den besonderen Herausforderungen für die Kostümabteilung.

Insgesamt 45 Mitarbeiterinnen sind in der Kostümabteilung tätig. Neben der Leitung – Ute Werner – die wiederum durch eine Mitarbeiterin unterstützt wird, gibt es
vier Gewandmeisterinnen, je zwei für den Damen- und Herrenbereich
20 Schneiderinnen, zu gleichen Teilen für die Damen- und Herrenschneiderei
zwei Modistinnen/Hutmacherinnen
eine Mitarbeiterin in der Fundusverwaltung
eine Mitarbeiterin in der Wäscherei
ein Mitarbeiter für das Bestell-/Rechnungswesen
elf Garderobieren fürs Ankleiden bei Proben und Vorstellungen.
Nach Aussagen der beiden Gesprächspartnerinnen sind alle MitarbeiterInnen gleich wichtige Rädchen im Gesamtbetrieb. Niemand ist hier verzichtbar, jeder wird deshalb gleich geschätzt, m.a.W. hier ist Teamarbeit unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg der Kostümabteilung.

Diese personelle Besetzung der Kostümabteilung erscheint auf den ersten Blick eher üppig. Hält man jedoch die Zahl von 45 Neuaufnahmen – ohne Philharmonie – pro Jahr dagegen, sieht das schon ganz anders aus.

Für eine neue Aufführung sind etwa zwei Jahre Vorlaufzeit vor der Premiere erforderlich. Dann spätestens liegt der Spielplan vor, und damit sind die Stücke bekannt, die zur Aufführung gelangen. Gleichzeitig stehen damit auch die Teams für die jeweiligen Stücke fest. Für die Kostümabteilung ist in diesem Zusammenhang der jeweilige Regisseur der Stücke wichtig, denn jeder Regisseur bringt zunächst sein eigenes Team mit, zu dem dann auch Bühnenbildner/in sowie Kostümbildner/in gehören.

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Ein Entwurf von Pia Maria Mackert, Kostümbildnerin  des Stückes „Komm in meinen Wigwam“…

Die konkreten Produktionsarbeiten der Kostümabteilung beginnen frühestens sechs Monate vor der jeweiligen Premiere und müssen zur ersten Hauptprobe abgeschlossen sein. Das gilt in der Regel für Oper, Operette und Tanz. Beim Schauspiel sind die Termine erheblich kürzer: Sechs Wochen vor der Premiere beginnen die Produktionszeiten, häufig stellt sich der genaue Bedarf erst während der Proben heraus. Das bedeutet für die Schneiderwerkstätten dann meist Stress; bisher wurden jedoch derartige Situationen immer noch durch interne Verschiebungen gemeistert.

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… und dies ist das fertige Kostüm

Mit dem Kostümbildner haben vorher diverse Abstimmungsgespräche stattgefunden, hier insbesondere mit der Leiterin der Abteilung und mit den vier Gewandmeisterinnen. Ziel dieser Gespräche ist es herauszufinden, welche Vorstellungen und Ideen der jeweilige Kostümbildner hat. Aufgabe der Gewandmeisterinnen ist es, vorhandene Skizzen umzusetzen und sie dabei stilgerecht und fachmännisch auszuarbeiten. Neben künstlerischen und handwerklichen Aspekten müssen sie sich dabei auch um zeitliche Vorgaben kümmern. Bis auf die Hüte sind die Gewandmeisterinnen für die gesamte Kostümausstattung eines Stückes zuständig: Für Hemden und Hosen genauso wie für Abendkleider, Kostüme und Umhänge.IMG_0621

Und dass sie sich dabei auch in den verschiedenen Stil- und Modeepochen in der Kunstgeschichte auskennen, ist selbstverständlich. Schnitte für eine französische Ballrobe aus dem 16. Jahrhundert sollten sie ebenso gut herstellen können wie für mittelalterliche Gewänder, Hosenanzüge aus den zwanziger Jahren, extravagante Spezialanfertigungen oder Fantasiekostüme für das Kinder- und Jugendtheater.IMG_0623

Da bei der Kostümanfertigung stets ein Zeit- und Finanzplan einzuhalten ist, sind neben der kreativen und handwerklichen Arbeit für die Mitarbeiterinnen der Abteilung auch organisatorisches und wirtschaftliches Verständnis unerläßlich. Der „Abgabetermin“ ist allgegenwärtig. Spätestens mit dem Beginn der Proben müssen die Kostüme fertig sein. Danach steht nur noch eine begleitende Kontrolle an, d. h. Mitarbeiterinnen der Kostümabteilung – hier das Garderobenteam – sorgen während der gesamten Spielzeit dafür, dass die Kostüme im tadellosen Zustand und einsatzbereit sind.IMG_0620

Mit ihrer Arbeit müssen die Gewandmeisterinnen den Ansprüchen und Wünschen mehrerer Personen gerecht werden. Das ist bestimmt nicht immer einfach, denn sowohl Kostümbildner als auch Regisseur und Künstler selbst müssen mit dem Kostüm zufrieden sein. Deswegen müssen die Gewänder nicht nur optisch ansprechend sein und vom Schnitt und Stoff betrachtet ins Gesamtkonzept der Inszenierung passen, sondern auch der Statur der Künstler entsprechen und vor allem ihnen die notwendige Bewegungsfreiheit geben. Zusammengefasst kann die Kostümabteilung als ein unerlässliches Bindeglied bezeichnet werden, welches für einen reibungslosen Ablauf unterschiedlicher handwerklicher und künstlerischer Vorstellungen und Interessen sorgt.IMG_1223

Die Mengederin Bettina Ingenpass ist eine der vier Gewandmeisterinnen am Theater Dortmund. Sie arbeitet dort bereits seit 34 Jahren in der Kostümabteilung und hat hier
ihre Ausbildung begonnen. Anschließend absolvierte sie die Modeschule in Düsseldorf und arbeitet danach ununterbrochen am Dortmunder Theater. Die abwechselungsreichen und teamorientierten Tätigkeiten als Gewandmeisterin machen ihr nach wie vor Riesenspaß. Sie ist mit Ihrer Arbeitsgruppe verantwortlich für die Kostüme der Oper, der Operette und des Balletts.

Das besonders reizvolle an ihrem Job ist, sich immer auf unterschiedliche Personen einstellen zu müssen. Der Kostümbildner legt zunächst die Kostüme fest, beziehungsweise legt Skizzen vor, wie er sich die Kostüme vorstellt. Die Gewandmeisterin fertigt daraufhin die Schnitte an, schneidet die Stoffe zu und gibt sie in die Schneiderwerkstatt. Dort werden die Kostüme nach ihren Vorgaben genäht, bei den Anproben erfolgt dann später der Feinschliff. Die SchauspielerInnen müssen sich in den Kostümen wohlfühlen, der Kostümbildner muss sagen, inwieweit seine Vorstellungen umgesetzt wurden. Deswegen finden durchgehend Gespräche statt um herauszufinden, an welchen Stellen Verbesserungen bzw. Änderungen vorgenommen werden müssen. Das setzt viel Erfahrung und Sensibilität der Gewandmeisterinnen voraus und natürlich ein großes Einfühlungsvermögen. Nur dann, wenn in diesem Abstimmungsprozess ein Rädchen ins andere greift, kann das Gesamtkunstwerk gelingen.

Bettina Ingenpass kann sich nicht vorstellen, in Ihrem Leben beruflich irgendwann noch mal etwas anderes zu arbeiten.

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Ein Teil des Teams „Damenschneiderinnen“ mit Gewandmeisterin

Bei der Beantwortung der Frage, ob es nicht frustrierend sei immer im Hintergrund zu arbeiten, während die Künstler den Beifall und die Zustimmung – manchmal auch die Ablehnung – erfahren, aber in jedem Fall im Mittelpunkt stehen, sind sich Ute Werner und B. Ingenpass einig: „In einem Theater gibt es immer Personen, die auf die Bühne wollen und sich dort wohl fühlen und es gibt Personen, die sich wohl fühlen, wenn sie hinter den Kulissen arbeiten können.“ Sie beide fühlen sich in der Kostümabteilung pudelwohl und kämen gar nicht auf den Gedanken, vielleicht mal stärker ins Rampenlicht zu treten.

Der Besuch in der Kostümabteilung hat beeindruckend vielfältige und ganz neue Eindrücke über das Dortmunder Theater vermittelt, die wir hoffentlich an die Leser von MENGEDE.InTakt! weiter vermitteln können. Gewiss werden diese dazu beitragen, dass beim nächsten Besuch einer Aufführung am Dortmunder Theater die Stücke in ihrer Komplexität neu wahrgenommen, bewertet und gewürdigt werden. Egal, ob es sich um eine Oper oder Operette, um einen Tanz, ein Schauspiel oder ein Konzert handelt.

Allgemeine Informationen zum Theater Dortmund.

Das Theater Dortmund ist ein städtischer Eigenbetrieb. Eigenbetriebe sind kommunalrechtlich wirtschaftliche Unternehmen einer Gemeinde, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, d. h. Eigenbetriebe besitzen organisatorische, aber keine rechtliche Selbständigkeit. Die fehlende eigene Rechtspersönlichkeit kommt darin zum Ausdruck, dass der Rat der Stadt Dortmund beim Eigenbetrieb „Theater“ sowohl über dessen Errichtung und Auflösung, als auch über bedeutende Angelegenheiten der strategischen und personellen Führung Eigenbetriebes entscheidet.
Das Theater Dortmund vereint fünf künstlerische Sparten: Oper/Operette, Ballett, Philharmonie, Schauspiel sowie Kinder und Jugendtheater. Dahinter verbirgt sich eine „faszinierende Vielfalt, Lebendigkeit und Leistungskraft“ des Theaters Dortmund. (B. Pesch – Geschäftsführende Direktorin das Theaters). Es versteht sich als „ein modernes, innovatives Theater, das dennnoch seine Bodenhaftung nicht verloren und einen Sinn für Tradition hat.“